Volker Ullrich verteidigt sein Direktmandat
Die CSU und ihr Abgeordneter haben auch in Augsburg stark verloren. Dennoch gelingt es der Partei, die Konkurrenten auf Abstand zu halten. Künftig sitzen vier Augsburger im Parlament – einer mehr als bisher
Der Stress der vergangenen Wochen ist Volker Ullrich anzumerken. Seine Stimme ist heiser, er wirkt etwas abgekämpft, als er am Sonntagabend um kurz vor 20 Uhr ins Rathaus kommt. Ullrich, der seit 2013 für die Augsburger CSU im Bundestag sitzt, hat einen Marathon-Wahlkampf hinter sich. Er sagt: „Es war der härteste und intensivste Wahlkampf, den ich bisher erlebt habe.“
Ullrich hatte in den Tagen und Wochen vor der Wahl von frühmorgens bis abends Termine. Er stand um fünf Uhr morgens vor Werkstoren und Bahnhöfen - und zuletzt in der Nacht zum Wahlsonntag in der Innenstadt. Die Prognosen hatten für den Augsburger Wahlkreis ein sehr enges Rennen vorausgesagt und teils auch seine Konkurrentinnen von SPD und Grünen vorne gesehen. Ganz so knapp wie prognostiziert ist es nicht geworden. Ullrich hat das Direktmandat klar verteidigt. Allerdings mit deutlichen Verlusten. Für die CSU in Augsburg zeigt der langjährige Trend bei Wahlen damit weiter nach unten.
Volker Ullrich kam im Wahlkreis Augsburg-Stadt, zu dem auch Königsbrunn gehört, auf rund 28 Prozent der Stimmen. Es ist sein bisher schlechtestes Ergebnis - vor vier Jahren kam der CSU-Politiker noch auf 34,8 Prozent, bei seinem ersten Einzug in das Parlament hatte er noch 44,4 Prozent geholt. Dennoch kann er die anderen Kandidaten auf Abstand halten. Claudia Roth von den Grünen kam auf etwa 20,5 Prozent, Ulrike Bahr von der SPD auf 18 Prozent. Ullrich sieht das als Bestätigung. Er sagt: „Ich habe intensiv für Augsburg und Königsbrunn gearbeitet und viele Erfolge errungen.“Die Verluste für seine Partei müssten nun „aufgearbeitet“werden. Die Union habe eine offene Flanke in einigen Politikbereichen er nennt die Themen Arbeit, Rente, Pflege, soziale Sicherung. Themen, bei denen die SPD punkten konnte.
Dass die CSU auch in Augsburg deutlich verloren hat, lastet man Ullrich in der Augsburger CSU nicht an. Als er im Rathaus eintrifft, brandet Applaus auf. Die Vertreter der CSU scharen sich um den Abgeordneten, um mit auf den Fotos zu sein. Die CSU habe es in einer Großstadt wie Augsburg generell um einiges schwerer als in ländlichen Regionen, sagt Leo Dietz, Fraktionschef im Stadtrat. Deshalb sei es ein Erfolg, in einer Großstadt vorne zu liegen. Gedanken, wie man den Abwärtstrend stoppen könne, müsse man sich aber dennoch machen.
Neben Ullrich werden auch Ulrike
Bahr und Claudia Roth weiter im Bundestag vertreten sein. Sie schafften den Einzug über die Landesliste ihrer Parteien. Auch Maximilian Funke-Kaiser von der FDP bekommt über die Landesliste neu einen Sitz. Zwar war er nicht in Augsburg als Direktkandidat angetreten, wo seine Partei Alexander Meyer nominiert hatte. Funke-Kaiser lebt aber in Augsburg und sieht sich deshalb als Abgeordneter für diese Stadt. Damit sitzen künftig vier Augsburger im Parlament in Berlin - einer mehr als bisher. „Die politische Mitte wurde gestärkt, die Ränder geschwächt“, kommentierte FunkeKaiser das Bundesergebnis. Nach 16 Jahren unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) seien die Wähler nicht mehr zufrieden.
Ulrike Bahr (SPD) freute sich über das SPD-Ergebnis und ihren Wiedereinzug ins Parlament: „Noch vor einigen Monaten hätte man so ein Ergebnis nicht erwartet.“Es sei gelungen, in Augsburg ein SPD-Mandat zu erhalten und bundespolitisch stärkste Kraft zu werden. Bahrs Wiedereinzug in den Bundestag stand im Frühjahr, als die Umfragewerte deutlich schlechter waren und sie von der Partei mit einem wenig aussichtsreichen Listenplatz bedacht wurde, auf der Kippe. Dass das Augsburger Wahlergebnis für die SPD weit vom Bundesergebnis entfernt ist, hänge mit dem Abschneiden der SPD in Bayern insgesamt zusammen, so
Bahr. Bahr selbst fiel noch hinter das SPD-Zweistimmenergebnis in Augsburg zurück.
Mit Blick auf die Zweitstimmen für die einzelnen Parteien führte gegen 23.30 Uhr in Augsburg die CSU mit 25,4 Prozent vor SPD (19,2) und Grünen (18,9); es waren 316 der 318 Wahlbezirke ausgezählt. Claudia Roth bezeichnete angesichts des deutlichen Zuwachses die Grünen als die Wahlsieger in Augsburg. Die CSU habe erhebliche Einbußen hinnehmen müssen, die SPD etwas dazugewonnen. „Wir haben in Augsburg das bisher beste Ergebnis bei einer Bundestagswahl erzielt“, so Roth gut gelaunt. Gleichwohl habe man sich bundesweit mehr erhofft und erwartet. Ein Erklärungsansatz sei, dass Wechselwähler aus dem rot-grünen Lager angesichts des Kopf-an-Kopf-Rennens zwischen Union und SPD die Sozialdemokraten wählten. Roth sagte, das Ergebnis sei für die Grünen ein klarer Auftrag, in der nächsten Bundesregierung Verantwortung zu übernehmen. Die Klimathematik dränge wie nie. Die Union solle „Demut vor dem Wahlergebnis zeigen. Sie hat krachend verloren“. Roth sagte, sie hoffe auf eine schnellere Regierungsbildung als vor vier Jahren.
Für die gewählten Parlamentarier geht es in den nächsten Tagen, teils schon am Montag, nach Berlin, wo es erste Treffen der Fraktionen gibt.