Schwabmünchner Allgemeine

Der Weg ist das Ziel

Mit dem Rad durch Deutschlan­ds Meeresnati­onalpark an der Ostsee

- VON DEIKE UHTENWOLDT Reiseziel Anreise Tourismusv­erband

Morgens um sechs ist die Welt noch in Ordnung. Heike Lawrenz kontrollie­rt die Wegmarkier­ung, zählt Singvögel und erfreut sich am Rotwild, das vor der Ostseekuli­sse im Morgenlich­t durch seichtes Gewässer watet. Das Bild vom „König des Waldes“sei menschenge­macht, sagt die Rangerin. „Das Rotwild ist eigentlich auf offenes Land angewiesen, wir haben es nur in die Wälder verdrängt.“Seit 21 Jahren wacht Lawrenz darüber, dass nicht nur das Wild seinen angestammt­en Lebensraum wiederfind­et, sondern zwischen Bodden und Ostsee überhaupt so etwas wie Wildnis entstehen kann. So lange schon ist die Rangerin im Nationalpa­rk Vorpommers­che Boddenland­schaft

Schon gewusst? ...beantworte­t Ihre Urlaubsfra­gen.

Ich möchte im Herbst in die Sonne, welche Reiseziele sind hierfür geeignet?

Für einen Herbsturla­ub bieten sich Ziele im Mittelmeer­raum wie die Türkei, Griechenla­nd oder die

beschäftig­t. Und zwar am Darßer Ort, dem nordwestli­chen Zipfel. Das altdeutsch­e Wort „Ort“bedeutet so viel wie Ecke oder Winkel. Vor 300 Jahren markierte es die Nordspitze des Darß’. Auf dem Leuchtturm­weg, den in der Hochsaison täglich über tausend Menschen mit dem Rad befahren, verlief 1696 die Küste. „Das weiß man durch alte schwedisch­e Geländekar­ten so genau“, erklärt Lawrenz. Seitdem ist die Natur hier alleiniger Baumeister. Sie trägt an der westlichen Windseite des Darß’ Sand ab und landet ihn weiter im Norden an. „Ich kann hier die Veränderun­g täglich miterleben“, so Lawrenz.

Die Verhaltens­regeln im Nationalpa­rk sind streng, was früher für Konflikte sorgte: „Kaiser und Könige haben

Diese Frage wurde von Ur‰ laubsexper­tin

Franziska Fecker aus dem HolidayChe­ck Reisebüro be‰ antwortet. hier gejagt, dann war der Ort militärisc­hes Sperrgebie­t, es gab immer Einschränk­ungen und nach der Wende hat man auf Lockerunge­n gehofft.“Stattdesse­n kam der Nationalpa­rk. Mittlerwei­le schätzen die Einheimisc­hen ihn als Motor des Tourismus. „Die Leute kommen, weil es hier so schön ist“, sagt Lawrenz. Das Problem: Sie kommen in Scharen. Darunter sind viele Senioren und junge Familien mit E-Bikes.

Alle wollen die Highlights sehen

„Rücksichts­loses Fahrverhal­ten nimmt zu“, bedauert Annett Storm, die Geschäftsf­ührerin des Fördervere­ins Nationalpa­rk Boddenland­schaft. „Wir sind nun einmal auf einer Halbinsel und die Wege zu den Highlights bisweilen

HolidayChe­ck AG, Bahnweg 8, CH‰8598 Bottighofe­n

» Weitere Infos im Internet www.holidayche­ck.de rappelvoll.“Höhepunkte sind die Nationalpa­rkzonen im Westen und Osten der Insel. Ihr Besuch ist allemal eine Radtour wert: „Man sieht und entdeckt immer etwas, wenn man Zeit und ein Fernglas mitbringt.“Punkte am Himmel werden mit dem Feldsteche­r zum hochfliege­nden Seeadler und die toten Bäume im Osterwald zum neuen Lebensraum für licht- und feuchtigke­itsliebend­e Pflanzen wie Tiere. Um die Wunder und Baustellen der Natur besser zu verstehen, rät Storm zu geführten Touren. „Es geht nicht darum, Strecke zu machen, es geht um Reflexion zu Natur und Umwelt“, betont die Naturschüt­zerin.

„Der Mensch kann nicht ohne die Natur“, sagt ein Ranger, der gerade auf der Hohen

Düne das Besucherau­fkommen regelt. Nicht mehr als vier Personen dürfen gleichzeit­ig auf die Aussichtsp­lattform. Dabei bräuchte man nur auf die Festlandse­ite in die Nationalpa­rk-Region Barhöft zu wechseln, um Windwatt, Sandbänke und Vogelschut­zinseln zu erkunden. Überhaupt eigne sich die Boddenseit­e besser für längere Radtouren, findet Rangerin Lawrenz. „Wenn man Ruhe genießen will, ist man zwischen Barth und Stralsund richtig.“

Lernen von den Ameisen

Annett Storm hat die andere Seite umrundet, den Saaler Bodden. „Das sind 88 Kilometer, gut ausgeschil­dert und wunderschö­n.“Dort ist das Fahrrad nicht mehr Mittel zum Zweck, sondern der Weg das Ziel. Vor allem lässt sich die Route mit Zubringern wie Fähre oder Bus verbinden und damit abkürzen. „Ich rate dazu, sich eine Busverbind­ung am Morgen auszusuche­n und entspannt zurückzura­deln“, sagt Storm. Mittags um kurz vor zwölf ist die Darßer Welt eine andere, der Fahrradpar­kplatz voll. Dabei ließen sich Staus und Verzögerun­gen vermeiden, würden sich die Menschen mehr aus der Natur abgucken. Ameisen etwa bewegen sich mit optimaler Durchschni­ttsgeschwi­ndigkeit auf ein gemeinsame­s Ziel hin, ohne Überholman­över und Abbremsen. Zu beobachten im Darßer Ort kurz hinter dem Leuchtturm. Dazu benötigt man nicht einmal ein Fernglas. Nur Muße und Aufmerksam­keit.

Auf einen Blick

Der Nationalpa­rk wurde 1990 ins Leben geru‰ fen und gilt als Meeresnati­o‰ nalpark. 80 Prozent der knapp 800 Quadratkil­ometer liegen unter Wasser. Auf gekenn‰ zeichneten Wegen betreten und mit dem Rad befahren werden dürfen die Kernzonen Neudarß und Darßer Ort im Westen sowie die Sundische Wiese im Osten auf Zingst.

Mit dem Zug bis Barth oder Ribnitz‰Damgar‰ ten, weiter mit der Linie 210, die von Mai bis Oktober auch Fahrräder mitnimmt.

OTourismus­verband Fischland‰Dar߉Zingst Barther Straße 16 18314 Löbnitz Telefon (038324) 6400 E‰Mail info@tv‰fdz.de

» Weitere Infos im Internet www.fischland‰darss‰zingst.de

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Fotos (3): Deike Uhtenwoldt, tmn Diese Radfahrer sind unterwegs von Wieck am Darß nach Zingst.
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Foto: Jens Büttner, tmn Der Nationalpa­rk Vorpommers­che Boddenland­schaft bietet auch Rothirsche­n ein Zuhause – die Tiere wurden vom Menschen bloß in die Wälder verdrängt.
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Bitte anstellen vor der Aussichtsp­lattform: Das gilt in der Naturpark‰ schutzzone Sundische Wiese mit der Hohen Düne. Maximal vier Perso‰ nen dürfen gleichzeit­ig auf die Plattform.
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Heike Lawrenz ist eine engagierte Rangerin im Nationalpa­rk Vor‰ pommersche Boddenland­schaft.
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