Schwabmünchner Allgemeine

Die Gewinner haben verloren

Die Stimmen sind gezählt, die Wahlschlac­ht ist geschlagen. Fünf Lehren aus der Bundestags­wahl im Wahlkreis Augsburg Land

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg Schon am Dienstag muss der CSU-Abgeordnet­e Hansjörg Durz zur Fraktionss­itzung in Berlin antreten. Er ist nicht der einzige Abgeordnet­e aus dem Augsburger Land. Auch der AfD-Mann Rainer Kraft ist wieder mit dabei. Heike Heubach (SPD) aus Stadtberge­n hat das Mandat dagegen offenbar knapp verpasst. Allein, dass Heubach überhaupt so weit kam, ist eine faustdicke Überraschu­ng und führt uns direkt zu These eins.

● Politik ist eine Wundertüte

Die SPD im Augsburger Land hatte sich schon etliche Abgesänge anhören müssen. Nach einer Reihe von Wahlschlap­pen wurden die Genossen zuletzt auch bei den Kommunalwa­hlen schwer gebeutelt. Unter den Verlieren damals: eine junge Frau namens Heike Heubach, die es nicht in den Stadtberge­r Stadtrat schaffte.

Eineinhalb Jahre später hätte es Heubach, die schon am Wahlabend verkündete, sie habe Lust auf weitere Kandidatur­en, fast geschafft. Nun ist sie erste Nachrücker­in, was heißt: Es könnte in den kommenden Monaten durchaus was werden mit dem Traum vom Bundestag. Möglich machten es neben ihrem Mut und ihrer Beharrlich­keit der ScholzEffe­kt und die Besonderhe­iten des Wahlrechte­s, die für einen besonders großen Bundestag sorgen.

● Die Gewinner haben verloren Blickt man auf die Gewinn-undVerlust-Rechnung der Parteien im Augsburger Land, dann haben Stefan Lindauer (Grüne) und Marina Jakob (Freie Wähler) die höchsten Stimmenzuw­ächse erzielt. Lindauer bekam bei der Erststimme 4,7 Prozent mehr als vor vier Jahren Franz Bossek, Jakob legte um 2,8 Prozent zu. Bei den Zweitstimm­en glückte den Freien Wählern sogar der höchste Zuwachs aller Parteien: Mit plus 4,8 Prozent landeten sie am Ende bei 8,1 Prozent. Doch weder Lindauer noch Jakob haben etwas davon. Lindauer, weil er zu weit hinten auf der Grünen-Liste ist, Jakob, weil die Freien Wähler deutschlan­dweit an der Fünf-Prozent-Hürde gescheiter­t sind. Doch das muss ja nicht auf ewig so bleiben. Und das führt direkt zu These drei.

● Für die CSU könnte es auf Dauer noch schlimmer kommen

Nur mit Ach und Krach hat Hansjörg Durz das zweitschle­chteste Ergebnis in der Geschichte der CSU im Wahlkreis erreicht, und dazu hat sicher vieles beigetrage­n: Corona, Laschet, Maskenaffä­re und so weiter. Eine Ausnahmesi­tuation also? Möglicherw­eise aber sind die Ergebnisse vom Sonntag Vorboten neuer Kräfteverh­ältnisse in einer Republik, die keine Volksparte­ien mehr kennt.

Vergleicht man die Wahlergebn­isse von 2013, als die CSU bei Bundestags­wahlen letztmals in alter Stärke auftrumpft­e, und 2021, so fällt auf: Mit der AfD und den FW sind seitdem zwei Konkurrent­en aufgetrete­n, die es so vorher nicht gab bei Wahlen zum Bundestag. Ob die einfach so wieder weggehen? Ein Trost bleibt den Christsozi­alen, die weiter wie vor die dominieren­de Kraft im Augsburger Umland sind. Denn:

● Die AfD schwächelt

Deutliche vier Prozentpun­kte weniger bei der Zweitstimm­e, und ein zweistelli­ges Ergebnis verfehlt. Nach der CSU erlitt die AfD die höchsten Einbußen. Waren die Rechtspopu­listen im Wahlkreis vor vier Jahren noch auf Platz zwei in der Wählerguns­t (Zweitstimm­e), so sind sie jetzt auf Rang vier abgerutsch­t.

Einbußen gab es in den großen Gemeinden Königsbrun­n und Gersthofen. Hohe Stimmenant­eile verbuchte die AfD weiter in kleineren Orten im Norden und Westen des Landkreise­s Augsburg. „Unter seinen Erwartunge­n“sei er geblieben, sagt der amtierende AfD-Abgeordnet­e Rainer Kraft, richtet sich aber gleichzeit­ig auf eine längere Zukunft im Politikbet­rieb ein. „Die AfD ist gekommen, um zu bleiben.“

● Kandidaten haben kaum einen Heimvortei­l

Nehmen wir mal die Zweitstimm­e, um zu untersuche­n, ob die Partei dort heimischer Kandidaten in den jeweiligen Orten gut abgeschnit­ten hat. Bei Stefan Lindauer hat es schon mal nicht geklappt: Die Grünen kamen in Todtenweis im Landkreis Aichach-Friedberg nicht mal auf ein zweistelli­ges Ergebnis. AfDMann Kraft hatte daheim in Langweid auch eher ein Auswärtssp­iel. Seine Partei verlor dort vier Prozent. Immerhin in Stadtberge­n, wo Heike Heubach wohnt, kam die SPD auf fast 20 Prozent. Anderersei­ts sind die Genossen dort meistens besser als im Schnitt der Region. Auch die FDP von Matthias Krause hat in dessen Heimatort Klosterlec­hfeld nicht überragend gut abgeschnit­ten. Lässt sich wenigstens für CSU-Matador Durz ein Heimvortei­l nachweisen? Auch nicht so richtig: Ein Zweitstimm­enanteil von 34 Prozent ist für Neusäß registrier­t, das liegt nur geringfügi­g über dem Stimmenant­eil der CSU im ganzen Wahlkreis. Immerhin: Bei den Erststimme­n kommt der frühere Bürgermeis­ter der Stadt noch auf 48 Prozent.

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Fotos: Marcus Merk Was bleibt übrig von der Bundestags­wahl außer vielen Plakaten?
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Hansjörg Durz musste Einbußen hinnehmen, holte sich aber wieder das Direktman‰ dat.

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