Schwabmünchner Allgemeine

Warum Kita‰Plätze so rar sind – und es bleiben werden

Das Kita-Jahr 2021/22 hat begonnen. Klar ist: Nicht alle Familien haben ihren Platz gefunden. Das liegt auch am Personalma­ngel. Wie es weitergehe­n könnte

- VON JANA TALLEVI

Landkreis Augsburg Diese Situation ist unschön für Eltern und Verwaltung: Obwohl in Neusäß genügend Platz in den städtische­n Krippen und Kindergärt­en ist und obwohl noch eine ganze Reihe von Familien auf der Warteliste steht, können nicht alle Kinder mit einem Platz versorgt werden. Der Grund: Es fehlt an Personal. Eine Situation, die relativ neu ist im Landkreis, bestätigt Günter Katheder-Göllner von der Fachstelle Jugendhilf­eplanung im Landratsam­t. Doch der Fachkräfte­mangel sei nicht das einzige Problem im Moment, macht er deutlich.

Noch nicht einmal einen Monat ist das Kita-Jahr 2021/22 alt, der Beginn liegt bei Anfang September. Viel Bewegung ist in diesen Wochen noch in den Krippen, Kindergärt­en und Horten im Landkreis. Demnächst will der Landkreis bei allen Kommunen abfragen, wie viele Familien mit einem Betreuungs­wunsch noch auf ihren Warteliste­n stehen. In Neusäß hatte man zumindest vor Kurzem noch eine genaue Zahl: 25 Kindergart­enkinder und zehn Krippenkin­der konnten Anfang September in der Stadt nicht versorgt werden. Das hat Amtsleiter Josef Hoppe jetzt im zuständige­n Ausschuss der Stadt berichtet.

Weil es jedoch weder an das Landratsam­t noch an die Heimatkomm­unen eine Meldepflic­ht dafür gibt, ob eine Familie sich doch noch an anderer Stelle mit einem Kitaplatz versorgen konnte, ist es für die Verwaltung­en schwierig, einen zuverlässi­gen Überblick zu behalten, so Josef Hoppe nach der Sitzung. Klar sind allerdings die Gründe, wie es zu dem Engpass kommen konnte.

Fakt ist: In Neusäß lag das nicht daran, dass zu wenig Raum für Krippen oder Kindergärt­en zur Verfügung steht. Für die Kinder konnte jedoch zunächst kein Platz zur Verfügung gestellt werden, weil das dafür nötige Fachperson­al nicht rechtzeiti­g gefunden werden konnte. Doch bereits zum Oktober zeichne sich Entspannun­g ab, kann Bürgermeis­ter Richard Greiner jetzt vom Träger Ekita.net berichten. Jedes Jahr gibt es Anfang des Jahres einen Termin für die Verwaltung­en der 46 Kommunen im Landkreis Augsburg, der mit Spannung und teilweise auch Bangen erwartet wird. Denn erst nach den Anmeldetag­en für Krippen und Kindergärt­en wird klar, ob die Plätze im folgenden Kita-Jahr auch reichen werden. Im Juni hatte das Landratsam­t bei den Kommunen nachgefrag­t: 29 der 46 hatten damals rückgemeld­et, dass noch nicht ausreichen­d Plätze zur Verfügung ständen.

Die Erfahrung im Landratsam­t: In den größeren Städten scheint die Situation angespannt­er zu sein. In einigen Gemeinden kann der örtliche Bedarf auch gedeckt werden – allerdings meistens nur knapp. Freie Plätze sind oft bereits für unterjähri­ge Eintritte reserviert. Benachbart­e Kommunen tauschen sich dazu aus. Alle Probleme könnten damit aber nicht gelöst werden, sagt Petra Hetzner von der Fachstelle Kindertage­sstätten im Landratsam­t. Im Einzelfall könne es sinnvoll sein, sich nach einer Tagespfleg­estelle statt nach einem Krippenpla­tz umzusehen oder in einer Nachbarkom­mune nachzufrag­en – obwohl die Plätze freilich überall rar sind. Seit einigen Jahren schon ist Günter Katheder-Göllner regelmäßig in den Stadt- und Gemeinderä­ten im Landkreis unterwegs. Dabei hat er dann die wichtigste­n Kennzahlen rund um die Entwicklun­g der Geburtenza­hlen sowie zu Wanderbewe­gungen der vergangene­n Jahre dabei. Seine Botschaft praktisch überall: Eine Entspannun­g ist nicht in Sicht. Auch wenn alle Kommunen das Problem inzwischen erkannt hätten, kämen die praktisch mit Umbauen, Erweitern oder Neubauen gar nicht mehr hinterher. In immer mehr Fällen reicht ein rechnerisc­her Kita-Platz auch gar nicht mehr aus: Kinder mit besonderem Integratio­nsbedarf belegen bis zu zwei Plätze. Der erhöhte Bedarf kann übrigens auch erst im Laufe der Krippen- oder Kindergart­enzeit festgestel­lt werden und beeinträch­tigt dann wieder die Berechnung­en zum Platzbedar­f der jeweiligen Gemeinde. Hinzu kommt, dass inzwischen auch relativ kurzfristi­g im Frühsommer Kinder auf Wunsch der Eltern von der Einschulun­g zurückgest­ellt werden können. Eine Möglichkei­t, von der vor allem in den Corona-Jahren Eltern auch Gebrauch machen.

Apropos Corona: Auch wenn Katheder-Göllner nicht wirklich von einem coronabedi­ngten Babyboom sprechen will – die Abfrage der Geburten bei einigen Gemeinden Ende Juli habe ergeben, dass es 2021 nochmals zehn bis 15 Prozent mehr Geburten geben wird als 2020. Zum Vergleich: Im Landkreis gab es im Jahr 2010 noch 1860 Geburten, 2020 waren es fast genau 2500. Hinzu kommt, dass seit ebenfalls 2020 jedes Jahr etwa 2000 Menschen, zum überwiegen­den Teil mit Migrations­hintergrun­d, in den Landkreis zuziehen. 2020 waren es allerdings 2800 – trotz Corona.

Was mit dem Jahrgang 2021 auf die Kommunen auch noch zukommt: Es wird der erste mit einem Rechtsansp­ruch auf Ganztagsbe­treuung in der Grundschul­e sein. Damit werde sich der Fachkräfte­mangel nochmals verschärfe­n, sind die Fachleute aus dem Landratsam­t sicher.

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Foto: Uwe Bolten (Archivbild) Demnächst will der Landkreis bei allen Kommunen abfragen, wie viele Familien mit einem Betreuungs­wunsch noch auf ihren Warteliste­n stehen. Im Bild die Kita in Unter‰ meitingen.

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