Schwabmünchner Allgemeine

Wegen Facebook‰Kommentars vor Gericht

Ein 50-Jähriger soll Nazi-Parolen im Internet gepostet haben, deshalb wird er verurteilt. Die Richterin macht klar: Das Netz ist kein rechtsfrei­er Raum

- VON PHILIPP KINNE

Landkreis Augsburg Wer im Internet verfassung­swidrige oder hasserfüll­te Nachrichte­n postet, muss mit Konsequenz­en rechnen. Das zeigt ein aktueller Fall aus dem nördlichen Landkreis. Ein 50-Jähriger kommentier­te einen Post der Polizei bei Facebook mit Nazi-Parolen. Nun wurde der Mann dafür verurteilt. Doch vor Gericht will er sich keiner Schuld bewusst sein.

Konkret geht es um einen Kommentar unter einem Beitrag der Polizei Schwaben Nord. Im Oktober vergangene­n Jahres wies die Polizei in dem sozialen Netzwerk auf eine Kontrollak­tion hin. Die damals neuen Regeln zur Maskenpfli­cht sollten bei einer Schwerpunk­taktion kontrollie­rt werden. Darauf machte die Polizei bei Facebook aufmerksam. Dem Angeklagte­n gefiel die Aktion offenbar überhaupt nicht. Seinen Frust brachte er mit einem hasserfüll­ten Kommentar zum Ausdruck. Laut Anklage verglich der Angeklagte die Verfolgung von Maskenverw­eigerern mit den Opfern des Holocaust. Am Ende seines Kommentars stand eine nationalso­zialistisc­he Grußformel. Das ist strafbar.

Konkret geht es dabei zum einen um das Verwenden von Kennzeiche­n verfassung­swidriger Organisati­onen. Diese Straftat bezieht sich auf das Verwenden der Nazi-Parole. Zum anderen geht es um den Straftatbe­stand der Volksverhe­tzung. Das Bundesamt für Justiz weißt darauf hin, dass rassistisc­he, beleidigen­de, volksverhe­tzende oder unangemess­ene Kommentare im Internet zu einem immer größeren Problem werden. Grundsätzl­ich ist im Internet all das verboten, was auch in der realen Welt strafbar ist. Wird die Grenze der freien Meinungsäu­ßerung überschrit­ten und werden die Rechte anderer verletzt, landen immer mehr Hasskommen­tare aus den sozialen Netzwerken vor Gericht. Das Problem: Nicht immer werden die Kommentare entdeckt oder gemeldet.

Im Fall des 50-Jährigen aus dem Landkreis allerdings schon. Kein Wunder, schließlic­h kommentier­te er einen Beitrag der Polizei. Doch vor Gericht beteuerte der Mann seine Unschuld. „Das ist ein schlimmer Text, aber ich habe ihn nicht geschriebe­n“, sagte der 50-Jährige. Eine Aussage, welche Richterin Rita Greser vor dem Augsburger Amtsgerich­t nicht glauben wollte. „Wer soll es denn sonst gewesen sein?“, fragte sie. Der Angeklagte behauptete, theoretisc­h hätten viele Menschen in seinem Umfeld den strafbaren Kommentar verfassen können, schließlic­h habe er sein Handy oft herumliege­n lassen. Bei Facebook habe er sich eigentlich nur angemeldet, um mit einem Cousin online Backgammon zu spielen.

Ins Bild passte da allerdings nicht, was der zuständige Ermittler der Polizei vor Gericht aussagte. Demnach bestehe kein Zweifel an der Gesinnung des Angeklagte­n. Etliche Beiträge auf seinem Facebookpr­ofil gingen in eine ähnliche Richtung, wie der zu verhandeln­de Kommentar. Das Profil des Mannes laufe unter seinem echten Namen. Außerdem finden sich darauf viele Fotos des Mannes und seiner Familie, so der Polizist. Es bestünde also kein Zweifel, dass der 50-Jährige den strafbaren Kommentar verfasst hat.

Dieser Argumentat­ion folgte schließlic­h auch Richterin Greser.

„Es ist völlig abwegig, dass jemand anderes das gepostet hat“, sagte sie: „Da habe ich nicht den geringsten Zweifel.“Deshalb verurteilt­e sie den Angeklagte­n mit mehr als zwanzig Vorstrafen zu einer Geldstrafe von 3000 Euro (120 Tagessätze). Außerdem muss er die Kosten des Verfahrens tragen. Noch kann der Angeklagte Berufung einlegen.

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