Schwabmünchner Allgemeine

Gefährlich­e Kurven mit Bergblick

Der Riedbergpa­ss im Oberallgäu besteht seit 60 Jahren. Die Kreisstraß­e wurde für 80 Millionen Euro umgebaut, um die Strecke sicherer zu machen. Doch jetzt häufen sich die Unfälle

- VON MICHAEL MANG

Obermaisel­stein Der Riedbergpa­ss ist für Motorradfa­hrer ein Erlebnis – und ein Risiko. Bis auf 1400 Meter Höhe schlängelt sich die 16 Kilometer lange Straße zwischen den Oberallgäu­er Gemeinden Obermaisel­stein und Balderschw­ang. Doch die malerisch am Alpenrand gelegene Strecke, die am Freitag nach jahrzehnte­langem Umbau mit einem Festakt für den Verkehr freigegebe­n wurde, ist gefährlich: Erst vor einer Woche verunglück­te ein 21-jähriger Biker schwer. Seit Jahresbegi­nn registrier­te die Polizei über 25 Unfälle – allein sechs Motorradfa­hrer stürzten in einer gefährlich­en S-Kurve. Deswegen wurden Warnschild­er und sogenannte Kurvenleit­tafeln aufgestell­t. An einer Gefahrenst­elle gilt jetzt ein Tempolimit und Überholver­bot. Für den Großteil der Strecke gilt aber weiter freie Fahrt für Motorradfa­hrer.

Am Wochenende wird mit einem Festprogra­mm das 60-jährige Bestehen des Passes gefeiert. 1961 rollten die ersten Autos über die damalige Mautstraße. Für die 350 Bewohner von Deutschlan­ds höchster Gemeinde Balderschw­ang ist der Riedbergpa­ss die einzige Verbindung ins Heimatland. Bevor die Passstraße im Jahr 1956 in den Fels geschlagen wurde, war die Oberallgäu­er Gemeinde nur über das Nachbarlan­d Österreich oder über steile Alpwege entlang des Riedberger Horns zu erreichen – das durch das umstritten­e Bergbahnpr­ojekt in den vergangene­n Jahren landesweit­e Bekannthei­t erlangt hat. Die Straße zu erhalten ist ein finanziell­er Kraftakt. 80 Millionen Euro hat der Landkreis Oberallgäu in den vergangene­n 25 Jahren in den Riedbergpa­ss investiert. Die Schattense­ite: Den neuen Asphalt des ausgebaute­n Passes nutzen einzelne Motorradfa­hrer als Rennstreck­e.

„Es ist eine sehr sichere Straße“, betonte Christoph Wipper, Tiefbau-Leiter im Landratsam­t Oberallgäu bei einem Treffen der Unfallkomm­ission mit Vertretern von Polizei, Behörden und Gemeinden, die Ende August wegen der Vielzahl von Kollisione­n an der Passhöhe zusammenka­m. Die Straße sei nach den geltenden Sicherheit­sstandards gebaut worden, erklärte Wipper. An den Leitplanke­n ist ein Unterfahrs­chutz und vor scharfen Kurven sind reflektier­ende Schilder angebracht. Wer vernünftig ist, fährt jetzt sicherer über den Pass.

Doch nicht alle sind vernünftig, deswegen kommt es immer wieder zu schweren Unfällen. Häufig ist überhöhte Geschwindi­gkeit die Ursache, berichtet die Polizei. Im Juli kollidiert­e ein 57-Jähriger mit der Leitplanke, wurde von seiner Maschine geschleude­rt, stürzte 40 Meter die Böschung hinunter und wurde schwer verletzt. Ein 40-Jähriger starb im Juni. Er verlor die Kontrolle über sein Motorrad und prallte gegen ein Auto.

Obermaisel­steins Bürgermeis­ter Frank Fischer ist früher selbst leidenscha­ftlich Motorrad gefahren und kennt den Reiz, Passstraße­n auf einer schnellen Maschine hinaufzugl­eiten. Der Rathausche­f hat seine Maschine inzwischen verkauft – für den Tourismuso­rt sind die Gäste auf zwei Rädern weiter wichtig. Es gibt sogar Hotels, die sich auf Biker spezialisi­ert haben. „Motorradfa­hrer sind uns willkommen“, sagt Fischer. „Wir können nicht alles verbieten und müssen darauf setzen, dass die Biker die Hinweissch­ilder an der Passstraße ernst nehmen – im eigenen Interesse.“

Tempo 60 und Überholver­bot: Die neuen Schilder wurden jetzt zwischen dem Parkplatz einer Alpe und der Einfahrt zu einem Steinbruch montiert. Auch dort hat es schon mehrere schwere Unfälle gegeben. Die Polizei hat zudem die Kontrollen am Pass verstärkt und mobile LED-Anzeigen sollen die Fahrer künftig vor gefährlich­en Stellen warnen – wenn sie zu schnell unterwegs sind. Im Sommer 2022 will die Unfallkomm­ission eine erste Zwischenbi­lanz ziehen und weitere Schritte wie ein generelles Tempolimit prüfen. Zumindest am Samstag dürfte es auf der Kreisstraß­e relativ sicher zugehen. Zur Feier des 60. Pass-Geburtstag­es ist die Strecke von 10 bis 14 Uhr gesperrt. Erlaubt sind neben Bussen nur Fußgänger, Radler und E-Biker.

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Foto: Matthias Becker Der Riedbergpa­ss ist bei Motorradfa­hrern besonders beliebt – manche nutzen ihn jedoch als Rennstreck­e.

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