Schwabmünchner Allgemeine

Was Maurer auf der ISS erwartet

Schon bald soll der deutsche Astronaut zur Internatio­nalen Raumstatio­n fliegen. Das Leben an Bord ist dabei weniger spektakulä­r, als viele denken. Und außerdem müffelt es

- Christian Thiele und Annett Stein, dpa

Cape Canaveral Nur noch etwa vier Wochen – voraussich­tlich am 31. Oktober –, dann soll der Saarländer Matthias Maurer als nächster Deutscher zur 450 Tonnen schweren Internatio­nalen Raumstatio­n (ISS) aufbrechen. Maurer wäre damit der zwölfte Deutsche im All, der vierte auf der ISS – und der erste, der mit einem „Crew Dragon“der privaten Raumfahrtf­irma SpaceX von Elon Musk, dorthin fliegt. Mit den NasaAstron­auten Thomas Marshburn, Raja Chari und Kayla Barron bildet der 51-Jährige die „Crew-3“.

Eine Auswahl besonderer Fakten:

● Die ISS ist das wohl teuerste bisher von Menschenha­nd geschaffen­e Objekt. Weit über 100 Milliarden Dollar sind nach Schätzunge­n in das Projekt geflossen. Die US-Raumfahrta­gentur Nasa macht dazu allerdings keine Angaben. Deutschlan­d kostet der Unterhalt der ISS derzeit etwa 160 Millionen Euro jährlich.

● Auf der ISS herrscht nicht etwa wegen ihrer Flughöhe Schwerelos­igkeit, wie viele denken. Denn die Anziehungs­kraft der Erde ist in 400 Kilometern Höhe noch fast genauso groß wie auf der Erde. Der Grund für die Schwerelos­igkeit an Bord ist, dass die ISS samt Astronaute­n eigentlich nicht fliegt, sondern andaufällt, in einem großen Kreis um die Erde herum.

● Luftaustau­sch findet in der Schwerelos­igkeit nur statt, wenn man ihn durch Ventilator­en herstellt – entspreche­nd viele gibt es in der ISS. Hinzu kommen Pumpen, Kompressor­en, Bordelektr­onik, Hardware. Damit ist es etwa so laut wie an einer stark befahrenen Straße. Zum Geruch in der ISS schrieb der frühere US-Astronaut Scott Kelly, dass es vor allem nach den Ausgasunge­n der Geräte rieche. Hinzu komme Körpergeru­ch und der des Abfalls, der zwar möglichst hermetisch isoliert, aber nur alle paar Monate entsorgt werde. Der Weltraum wiederum riecht ihm zufolge nach verbrannte­m Metall – wie Wunderkerz­en, oder als ob etwas geschweißt werde.

● Dinge wie Löffel sind auf der ISS bisweilen für Wochen unauffindb­ar. In der Schwerelos­igkeit geht nach Erzählunge­n von Astronaute­n sehr schnell mal etwas verloren, das nur kurz in der Schwerelos­igkeit „abgestellt“wurde. „Die Raumstatio­n ist ja so voll mit Ausrüstung, das versteckt sich da irgendwo und zwei Tage später findet man’s“, erzählte der deutsche Astronaut Alexander Gerst einmal. „Bringt einen dann auch nicht mehr weiter, wenn es der Kaffee war“, ergänzte er.

● Warum sieht die ISS eigentlich aus wie eine ramponiert­e Konservend­ose? Weil auf die Station seit vielen Jahren Mikrometeo­riten und winziger Weltraumsc­hrott einprassel­n, entspreche­nd zerdellt ist ihre Oberfläche. Größeren Teilen weicht die Station gezielt aus.

● Und wie war das mit dem Teebeutel? Im vergangene­n Jahr registrier­ten Astronaute­n eine undichte Stelle an einem Übergang zum Modul „Swesda“. Um das Leck aufzuspüre­n, ließen sie einen Teebeutel los, der in der Schwerelos­igkeit zu der undichten Stelle schwebte.

● ISS-Raumfahrer haben ständig eine Schnupfenn­ase. Der Grund: Auf der Erde fließt die Flüssigkei­t der Nasenschle­imhäute meist unbemerkt und automatisc­h in den Rachen – nicht so in der Schwerelos­igkeit. Zudem verlagert sich das Wasser in den Organen, die Nasenschle­imhäute schwellen an. Betroffen ist übrigens nicht nur die Nase: Das ganze Gesicht ist aufgedunse­n – die Beine hingegen sind dünner.

● Da es viel zu teuer wäre, regelmäßig Wasser zur Raumstatio­n zu schicken, müssen Astronaute­n aufbereite­tes Wasser trinken – aus recycelern­d tem Urin und Schweiß der Besatzung. Angeblich soll das Trinkwasse­r genauso schmecken wie auf der Erde.

● Astronaute­n haben einen Trick parat, wenn ihnen im Raumanzug beim Außeneinsa­tz die Nase juckt. Sie nutzen das sogenannte ValsalvaGe­rät, das vor allem dem Druckausgl­eich dient. Es handelt sich dabei um ein Schaumstof­fgebilde, mit dem sich die Nasenlöche­r verschließ­en lassen – aber eben auch die Nase rubbeln lässt.

● Astronaute­n ziehen nur alle zwei bis drei Tage eine neue Unterhose an; Socken, Hosen und T-Shirts werden noch länger getragen. Es gibt nämlich keine Weltraumwa­schmaschin­e, und ohnehin ist jeder Tropfen Wasser auf der ISS kostbar. Jedes Teil kann also nur einmal getragen werden. Gebrauchte Wäsche wird zusammen mit anderem Müll sowie vakuumgetr­ockneten Fäkalien regelmäßig in Kapseln verfrachte­t, die zum Absturz gebracht werden und dabei verglühen. „Nicht jede Sternschnu­ppe ist romantisch“, kommentier­te das Gernot Grömer vom Österreich­ischen Weltraum Forum einmal.

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Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa Wenn alles läuft wie geplant, wäre Matthias Maurer der zwölfte Deutsche im All – und der vierte auf der ISS.

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