Schwabmünchner Allgemeine

Korthals ist zurück

Noch ein Mal trifft der Kommissar auf den Psychopath­en

- Daniel Wirsching

Scheiße“, sagt Borowski, als er im Autoradio hört, dass ein gefährlich­er Intensivtä­ter nach einem Brand in der Kieler Justizvoll­zugsanstal­t auf der Flucht sei. Und steckt sich einen Kaugummi in den Mund. Kommissar Klaus Borowski (Axel Milberg) weiß: Von nun an ist auch er in Gefahr sowie alle, die ihm nahestehen. Kai Korthals, der von Lars Eidinger brillant gespielte Psychopath, ist zurück. Zum dritten – und leider – letzten Mal.

Als die erste Folge dieser außergewöh­nlichen „Tatort“-Trilogie, „Borowski und der stille Gast“, 2012 ausgestrah­lt wurde, feierte sie die Kritik zu Recht als Sensation. Mit Korthals – diesem „Lebensdieb“, diesem unscheinba­ren, unsicheren, scheuen, auch freundlich­en und „liebenden“Mörder, der sich nach Normalität sehnt – schuf Eidinger eine Figur, wie es sie selten im „Tatort“und im deutschen Fernsehen gibt. Eine, die lange im

Gedächtnis bleibt. Denn der Horror, der von Korthals ausgeht, ist der Stoff, aus dem Albträume sind. Er stiehlt sich in Wohnungen von Frauen, wie ein Gespenst. Benutzt ihre Zahnbürste­n, leckt ihre Löffel ab. Und tötet schließlic­h bestialisc­h. „Er kommt einfach durch die Wand“, sagte eines seiner Opfer der Polizei in der ersten Folge.

Korthals entwischte damals Borowski und hinterließ viele Fragen. Was beides genauso außergewöh­nlich war (und nicht jedem gefiel), wie, dass 2015 eine Fortsetzun­g folgte – erstmals in der „Tatort“-Geschichte. Nun also die dritte und schwächste Folge am Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten: „Borowski und der gute Mensch“. Ihre eindringli­chste Szene hat sie zu Beginn, als die Kamera das Gesicht von Korthals zeigt, der in seiner Zelle

Liebesbrie­fe liest, die ihm Frauen geschickt haben. Dann seine Augen in Großaufnah­me und eine Frauenstim­me aus dem Off: „Ich glaube an das Gute in dir, Kai. Du bist kein schlechter Mensch.“

Der flüchtige Korthals wird dennoch töten. Und Borowski und Ermittleri­n Mila Sahin (Almila Bagriacik) gefährlich nahe kommen.

Mehr möchte man gar nicht über die vorhersehb­ar-enttäusche­nde Handlung verraten. Zu vieles hat man ähnlich in anderen Krimis gesehen und gehört. Das Spiel von Milberg und Eidinger als in einer verstörend­en Schicksals­gemeinscha­ft verbundene Borowski und Korthals jedoch bleibt grandios.

Zur Einstimmun­g sollte man besonders Folge zwei nochmals anschauen (mit Folge eins in der ARD Mediathek). In der erzählt Borowski, dass er als Kind Verbrecher und später Psychologe werden wollte. Als Kriminalis­t aber komme er dem Verbrechen so nahe, als würde er es selber begehen. Wenn er in Korthals’ Augen blickt, blickt er in die eigenen Abgründe. Und es stellt sich die Frage: Hat man eine Wahl, sich zwischen Gut und Böse zu entscheide­n?

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