Schwabmünchner Allgemeine

Fachleute für Sound und Groove

Pee Wee Ellis und Liston Smith sind tot

- VON REINHARD KÖCHL

Doch, der Mann hatte was: extravagan­te Erscheinun­g, weißer gepflegter Vollbart, eleganter Gehstock, langes wallendes Gewand, und vor allem – immer und überall dieser Turban, ganz im Stil der Sikhs. Und dann stand vor seinem Namen auch noch ein ehrfurchtg­ebietendes „Dr.“. Während hierzuland­e das unberechti­gte Führen eines akademisch­en Titels unter Strafe gestellt ist, ließ man Dr. Lonnie Smith, diesen begnadet skurrilen HammondOrg­anisten, in den USA zeitlebens gewähren. Für das Tragen des Namenszusa­tzes und des Turbans habe es „no particular reason“gegeben, wie der Musiker einst erklärte.

Dabei musste sich der „Doktor“nie hinter seinem Hammond-Gebirge verstecken. Als Mitglied der Bands von Lou Donaldson und von George Benson erwarb er sich einen legendären Ruf, den im Laufe der Jahre auch Pop-Größen wie Dionne Warwick, Gladys Knight, Etta James und Esther Phillips vernahmen. Smiths Stil unterschie­d sich markant vom Dauer-Groove eines Jimmy Smith (nicht verwandt!) oder der sahnigen Mixtur eines Jack McDuff. Natürlich groovte auch er, aber nie ohne impression­istische Facetten und langsame Tempi.

„Die Orgel ist ein Orchester. Sie hat einen Bass, die Harmonien und dazu die Melodie – alles ist da! Und sie hat einen mächtigen Sound!“, beschrieb er die Vorzüge seines Instrument­s. 30 Alben erschienen unter seinem Namen, das letzte in diesem Jahr mit Punk-Urvater Iggy Pop. Dr. Lonnie Smith, der Magier an der Hammond-Orgel, ist am 28. September im Alter von 79 Jahren in Florida an einer Lungenkran­kheit gestorben.

Zaubern konnte auch Pee Wee Ellis. Der Tenorsaxof­onist, der in den Bands von James Brown (JB Horns) und Maceo Parker regelmäßig das i-Tüpfelchen setzte, galt aber vor allem als harter, akribische­r Arbeiter, der nicht eher ruhte, bis er sein Ideal verwirklic­hen konnte. Als Saxofon-Kollege Parker den legendären Satz „We’d like to do two percent Jazz, 98 percent funky stuff“aussprach, wusste jeder, dass mit „two percent Jazz“vor allem Pee Wee Ellis gemeint war. Jetzt hat sich der Saxofonist, zu hören auch auf einer ganzen Reihe von Alben des Sängers Van Morrison, mit 80 Jahren von der irdischen Bühne verabschie­det.

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