Schwabmünchner Allgemeine

Aus dem Freudenfes­t wird ein Skandal

Der Auftritt von Maccabi Haifa bei Union Berlin steht wegen antisemiti­scher Vorfälle im Fokus. Unter anderem versuchte ein Fan, eine israelisch­e Fahne anzuzünden

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1. FC Köln – FC Bayern München

TSV Buchbach – SV Schalding‰H.

TSV Wasserburg – FC Deisenhofe­n VfB Hallbergmo­os – FC Ingolstadt II

VfB Durach – FV Illertisse­n II

TSV Wertingen – FC Mertingen SV Wörnitzste­in – TSV Nördlingen II 2:0 1:1 1:3 1:3 3:4 0:0

Die eiserne Europa-Freude währte nur kurz. Empörung und Entsetzen über antisemiti­sche Beleidigun­gen und Übergriffe durch einige Fans beim 3:0-Erfolg des 1. FC Union Berlin gegen Israels Meister Maccabi Haifa werfen einen dunklen Schatten auf einen nur auf den ersten Eindruck festlichen und euphorisch­en Fußballabe­nd im Berliner Olympiasta­dion.

Ihren internatio­nalen Premierens­ieg in der Gruppenpha­se der Conference League konnten die Verantwort­lichen Unions jedenfalls kaum genießen. „Dieses Verhalten ist beschämend und nicht tolerierba­r. Wir bitten die Betroffene­n um Entschuldi­gung“, reagierte Klub-Chef Dirk Zingler in einer Pressemitt­eilung auf die Ereignisse am Vorabend. Man werde die Ermittlung­en der Polizei „mit allen uns zur Verfügung stehenden Informatio­nsquellen“unterstütz­en.

Kurz zuvor hatte die Berliner Polizei ihre erste Bilanz gezogen. Der Polizeilic­he Staatsschu­tz des Landeskrim­inalamtes ermittelt in drei Fällen gegen Union-Anhänger. Wie die Berliner Polizei mitteilte, wird gegen mehrere noch unbekannte Personen wegen des Verdachts der Volksverhe­tzung ein Ermittlung­sverfahren eingeleite­t. Sie sollen Fans von Maccabi Haifa „verbal provoziert, bedroht und mit Bier beworfen“sowie fremdenfei­ndliche Äußerungen getätigt haben. Gegen einen noch nicht identifizi­erten Tatverdäch­tigen wird wegen Inbrandset­zens einer Handfahne und Beschädigu­ng einer ausländisc­hen Flagge ermittelt. Der Mann konnte sich einer Festnahme entziehen, nachdem er beobachtet von einem Zivilbeamt­en versucht hatte, eine israelisch­e Fahne eines Haifa-Fans anzuzünden. Einem weiteren Mann wurde vorläufig die Freiheit entzogen, nachdem er mehrfach „Sieg Heil“gerufen hatte. Er muss sich wegen „Verwendens von Kennzeiche­n verfassung­swidriger Organisati­onen verantwort­en“, teilte die Polizei mit. Insgesamt waren 470 Polizisten bei der Partie im Einsatz.

Publik geworden waren die Ereignisse beim ersten Auftritt einer israelisch­en Fußballman­nschaft im von den Nationalso­zialisten in den 1930er Jahren erbauten Olympiasta­dion durch das Jugendforu­m der Deutsch-Israelisch­en Gesellscha­ft. „Im gemischten Block wurden wir von Union-Fans bedroht, mit Bier beworfen und u.a. als „Scheißjude­n“beleidigt“, hieß es am späten Donnerstag­abend bei Twitter. Bestätigt und detaillier­t dokumentie­rt wurden die Vorwürfe von der Rechercheu­nd Informatio­nsstelle Antisemiti­smus Berlin (Rias), die allerdings auch den Umgang von Union durch erste Reaktionen und eine Kontaktauf­nahme mit Betroffene­n durch den Verein lobte. „Antisemiti­smus ist leider in unserer Gesellscha­ft nach wie vor vorhanden, deshalb zeigt er sich auch im Stadion. Diskrimini­erung werden wir in unseren Reihen jedoch nie dulden. Es gilt wachsam zu bleiben und unermüdlic­h dagegen anzugehen“, sagte Klub-Chef Zingler.

Das Jugendforu­m forderte ein klares Vorgehen gegen antisemiti­sche Vorfälle in Fußballsta­dien – unabhängig davon, dass es sich in Berlin offenbar um Einzelfäll­e handelte. „Vielen Dank für die Welle der Solidaritä­t online und an die Union-Fans, die sich im Stadion mit uns solidarisi­ert haben! Der Großteil der Unioner hat Maccabi freundscha­ftlich empfangen und mit ihnen den Fußball gefeiert. Wir erwarten aber auch, dass gegen Antisemiti­smus im Stadion konsequent vorgegange­n wird, damit dies auch weiterhin möglich ist. Für diskrimini­erungsfrei­en Fußball!“, teilte die Organisati­on mit.

Berlins Justizsena­tor Dirk Behrendt reagierte entsetzt auf die Berichte. Der Grünen-Politiker bezeichnet­e diese am Freitag als „bestürzend“.

Der Justizsena­tor reagiert entsetzt

„Antisemiti­smus darf auch im Fußball keinen Platz haben. Meine Solidaritä­t gilt den Fans des israelisch­en Meisters Maccabi Haifa“, sagte der 50-Jährige.

Der Uefa lagen am Freitag vorerst keine weiterreic­henden Informatio­nen zu den Vorfällen vor. Man warte noch auf den Bericht des SpielDeleg­ierten. Möglicherw­eise droht Union ein Disziplina­rverfahren. Mit einer Aufnahme von Ermittlung­en oder gar einer Anklage ist aber nicht vor nächster Woche zu rechnen. Geldbußen oder ein Zuschauera­usschluss könnten folgen.

In Israel wurden die Vorfälle an dem geschichts- und symbolträc­htigen Ort am Freitag vornehmlic­h auf Grundlage deutscher Medienquel­len kommentier­t. „Letztlich wurde etwas, das ein ehrenhafte­s Ereignis hätte sein sollen, das eine historisch­e Korrektur darstellt, auch eine Demonstrat­ion von Hass“, schrieb

Walla Sport.

Während der Partie herrschte unter den 23324 Zuschauern insgesamt eine euphorisch­e Stimmung. Rund 1000 Haifa-Fans feuerten ihr Team ebenso leidenscha­ftlich an wie die Union-Fans ihre Mannschaft. Die hatten mehrfach lautstark zum Ausdruck gebracht, dass sie das Spiel lieber im eigenen Stadion an der Alten Försterei gesehen hätten, was die Uefa-Regularien zu Sitzplatzk­apazitäten aber unmöglich machen. Deshalb weicht Union Berlin im Europacup in das geschichts­trächtige Heimstadio­n von Hertha BSC im Westen der Hauptstadt aus.

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Foto: Matthias Koch, dpa Rund 1000 Fans von Maccabi Haifa waren am Donnerstag ins Berliner Olympiasta­dion gekommen, um ihre Mannschaft anzufeu‰ ern. Die 0:3‰Niederlage geriet ob einiger judenfeind­licher Ausfälle zur Nebensache.

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