Schwabmünchner Allgemeine

Gesundheit­samt warnt vor vierter Welle

Vor ziemlich genau einem Jahr schoss die Corona-Inzidenz in Augsburg nach oben und erreichte Rekordwert­e. Es deutet einiges darauf hin, dass das wieder passieren könnte

- VON STEFAN KROG

Nach Einschätzu­ng des Gesundheit­samtes steht eine vierte CoronaWell­e mit hohen Inzidenzwe­rten in Augsburg unmittelba­r bevor. „Ich gehe davon aus, dass die Werte jetzt relativ schnell steigen werden“, so der stellvertr­etende Gesundheit­samtsleite­r Dr. Thomas Wibmer. Es seien zwar 71 Prozent der Augsburger Bevölkerun­g ab zwölf Jahren vollständi­g geimpft (61 Prozent über alle Altersgrup­pen hinweg), gleichzeit­ig sei die Delta-Variante deutlich ansteckend­er. Am Freitag lag die Sieben-Tage-Inzidenz in Augsburg laut Robert-Koch-Institut bei 113,2. Vergleiche man den aktuellen Verlauf mit dem vor exakt einem Jahr, sehe man große Parallelen. Zwischen der ersten und zweiten Oktoberwoc­he begann damals der ungebremst­e Anstieg auf Werte über 350, die zu den höchsten in Deutschlan­d gehörten. „Wir müssen auch in diesem Jahr wahrschein­lich mit sehr hohen Zahlen rechnen“, so Wibmer.

In Augsburg war die Corona-Lage den Sommer über relativ ruhig, Anfang September gab es dann einen kleinen Gipfel mit einem Wert von etwa 160 (wir berichtete­n), der inzwischen überschrit­ten wurde. Diesen Sondereffe­kt mit Reiserückk­ehrern, so Wibmer, habe man auch vor einem Jahr festgestel­lt, damals aber noch auf einem insgesamt geringeren Niveau. Inzwischen sei diese Vorwelle durchgelau­fen. Nach einer kleinen Delle Ende September mit Werten unter 100 gehen die Zahlen in der Tendenz jetzt wieder nach oben. Die Impfungen könnten den Anstieg womöglich etwas verlangsam­en. „Man muss aber auch zur Kenntnis nehmen, dass jetzt schon viele geimpft sind, die Inzidenzen aber dennoch hoch sind.“Auch wenn man den Inzidenzwe­rt beiseitela­sse und sich die Krankenhau­sbelegung anschaue, sei die Entwicklun­g nicht allzu positiv. Die Zahl der Corona-Patienten und -Patientinn­en in der Uniklinik ist seit Wochen höher als vor einem Jahr.

In der Uniklinik waren am Freitag 33 Patienten und Patientinn­en mit Corona in Behandlung, 14 davon auf der Intensivst­ation. Der Großteil der Betroffene­n sei ungeimpft, so die Uniklinik. Aktuell habe man noch keine weiteren Corona-Stationen öffnen müssen. Die Uniklinik hat zwei Corona-Normalund zwei -Intensivst­ationen mit je 25 Betten in Betrieb. Das entspricht der untersten Stufe eines Stufenplan­s. Allerdings verzeichne man eine „angespannt­e“Lage. Uniklinik-Vorstand Prof. Michael Beyer hatte kürzlich gesagt, dass man mit steigenden Zahlen rechne, aber hoffe, besser durch den Winter zu kommen als vor einem Jahr. Laut Wibmer gibt es an der Uniklinik schon erste Einschränk­ungen, etwa bei Krebs-Operatione­n. Rein auf Augsburg bezogen könne man sich fragen, ob das bayernweit­e Ampelsyste­m, das momentan noch auf Grün steht, nicht schon umspringen müsste. „Es wird hier langsam eng, aber letztlich zählt die bayerische Ampel. Aktuell ist bayernweit die Hälfte der Bettenkapa­zitäten ausgeschöp­ft, bevor die Schwelle zur gelben Ampel erreicht wird. In ein paar Wochen schon könnte das aber der Fall sein“, warnt Wibmer.

Inzwischen hat das Gesundheit­samt einen Erklärungs­ansatz dafür entwickelt, warum Augsburg mitunter relativ früh von Wellen getroffen wird, während andere bayerische Städte erst mit Verzögerun­g nachziehen. Der Grund, vermutet Wibmer, sei die Lage in Südbayern gepaart mit dem relativ hohen Anteil an Bürgern und Bürgerinne­n mit familiärer Bindung in süd- und südosteuro­päische Staaten. „Die Wellen, die aus dem Süden kommen, kommen hier früher an“, so Wibmer. Das liege an Urlaubsfah­rten, aber eben auch an Familienbe­suchen. In Balkanländ­ern sei zu Beginn der Ferien die Inzidenz teils extrem niedrig gewesen. „Die Leute sind sorglos hingefahre­n. Das Problem: Es waren dann nicht nur ein paar, sondern viele“, so Wibmer. Familienfe­ste, wegen der Ferien in anderen Bundesländ­ern häufig schon Anfang August, hätten dann in kurzer Zeit dort Werte von über 700 zur Folge gehabt, was zu schnellen Rückreisen führte. In der Vorwelle seien viele Bürger und Bürgerinne­n mit Migrations­hintergrun­d betroffen gewesen. „Inzwischen stellen wir das so aber nicht mehr fest“, betont Wibmer.

Gesundheit­sreferent Reiner Erben (Grüne) sagte, die Stadt könne das Gesundheit­samt mit Personal aus anderen Ämtern zügig verstärken, wenn Werte weiter steigen. Inzwischen habe der Freistaat festgelegt, dass die Gesundheit­sämter sich dann auf bestimmte Fälle konzentrie­ren sollen, etwa wenn ein Zusammenha­ng

mit einer Großverans­taltung im Raum steht. Man plane auch eine weitere Motivation­skampagne zum Thema Impfen. In der Stadtratss­itzung sagte Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) unter Bezug auf eine Befragung der Uniklinik bei Infizierte­n, dass die meisten gut informiert seien über Impfangebo­te. „In der Regel kamen dann Antworten wie ,Hatte noch keine Zeit‘ oder ,Wollte erst noch in den Urlaub fahren‘ “, so Weber. Die Uniklinik gehe davon aus, dass jeder, der nicht geimpft ist, sich infizieren werde, sei es mit einem schweren oder leichten Verlauf, so Weber.

Im Stadtrat gab es unterschie­dliche Meinungen zur Frage, ob weitere Impfkampag­nen sinnvoll sind. Frederik Hintermayr (Linke) forderte, das Impfmobil der Stadt solle nicht nur am Nachmittag in den Stadtteile­n stehen, sondern auch mal am frühen Abend, um Beschäftig­ten die Impfung am Feierabend zu ermögliche­n. Lars Vollmar (FDP) forderte von Erben deutlich mehr Kreativitä­t. Manche FußballZwe­itligisten in der Provinz böten an, dass Spieler einen Eintrag ins Impfbuch machen. In Augsburg gehe das wohl nicht. Peter Schwab (CSU) entgegnete, er frage sich, ob weitere Bemühungen in diese Richtung überhaupt noch ziehen. „Wir können beim Impfen nicht noch Purzelbäum­e machen.“Dass es ein Angebot gebe, müsse inzwischen wohl überall angekommen sein. Schwab klagte auch darüber, dass es in Augsburg nun einen Test-anbieter gibt, der eine monatliche 79-Euro-Testflatra­te anbieten will. „Das Rennen gegen solche Angebote verlieren wir“, so Schwab.

Ab 11. Oktober wird der Staat nur noch für bestimmte Personengr­uppen wie Schüler Gratis-Tests anbieten. Andere Testwillig­e müssen zahlen, wenn sie den Test etwa für einen Gaststätte­nbesuch benötigen. Das soll die Impfquote steigern. Die Kosten für einen Schnelltes­t werden in den Teststatio­nen an Plärrer, Maximilian­straße und in Haunstette­n, die bisher im Auftrag der Stadt betrieben wurden, künftig bei 15 Euro liegen. Die Kosten für PCR-Tests werden deutlich höher liegen.

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Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild) Mit Infotafeln wies die Stadt im vergangene­n Herbst und Winter in der Innenstadt auf Maskenpfli­cht und Abstandsge­bot hin. Nun könnten die Infektions­zahlen wieder dras‰ tisch steigen, warnt das Gesundheit­samt.

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