Schwabmünchner Allgemeine

„Ich lache nicht aus Nettigkeit“

Klaas Heufer-Umlauf über gute Pointen, Lachen zur falschen Zeit und was man macht, wenn das Publikum nicht reagiert

- Interview: André Wesche.

Herr Heufer-Umlauf, im Gegensatz zu Ihren Mitspieler­n sind Sie kein hauptberuf­licher Comedian. War das ein Vor- oder ein Nachteil in Ihrer Comedy-Serie „LOL: Last One Laughing“?

Klaas Heufer‰Umlauf: Das habe ich mich auch gefragt. Wenn man selbst ein klassische­r Comedian ist, ahnt man vielleicht schon die eine oder andere Pointe. Oder man ist ein bisschen mehr auf der Hut, was jetzt gleich kommen könnte. Wenn man von einer Pointe nicht überrascht wird, dann ist es auch leicht, nicht zu lachen. Das Problem ist, wenn einen ein Gag kalt erwischt, man ihn wirklich nicht kommen sieht. Dann ist die Gefahr groß, dass man loslacht, weil das irgendwie im Affekt passiert. Ich habe mich wie so ein Wildcard-Gewinner gefühlt, der da mitmachen darf. Wie ein Zuschauer, der die anderen bei der Arbeit beobachtet.

Sind Sie leicht zu erheitern?

Heufer‰Umlauf: Ich bin mir nicht sicher. Ich habe eine Zeit lang in Köln gewohnt und da fand ich es anstrengen­d, dass dort oft Leute gelacht haben, weil sie so lebensfroh waren. Aus so einer Glücklichk­eit heraus. Das war nicht so mein Ding. Ich finde schon, dass man warten muss, bis etwas witzig ist oder sich jemand verletzt. Also bis man wirklich einen Grund hat, zu lachen. Und nicht einfach nur, weil man so wahnsinnig gut drauf ist. Diese soziale Komponente des Lachens fehlt mir. Insofern besteht bei mir nicht die Gefahr, dass ich zwischendu­rch einfach so aus Nettigkeit lache.

Armin Laschet hat ein Lachen zur falschen Zeit womöglich die Kanzlersch­aft gekostet. Wenig später wurde moniert, dass die Kanzlerin im Kino gelacht hat, während die Taliban in Kabul einmarschi­ert sind. Müssen wir aufpassen, dass wir uns nicht beim Lachen Beschränku­ngen auferlegen? Heufer‰Umlauf: Ich finde es nicht richtig, jemandem wie Armin Laschet zu unterstell­en, dass er das alles da brüllend komisch gefunden hat. Dass er sich darüber totlacht: „Guck mal, da schwimmt ein Kühlschran­k!“Das wird nicht der Auslöser für den Lacher gewesen sein. Dennoch erwarte ich von einem Staatsmann, dass er sich des Parketts bewusst ist, auf dem er sich gerade bewegt. Es gibt ja noch andere Situatione­n, in denen ich das Gefühl habe, man sollte seine Außenwirku­ng im Griff haben. Diplomatis­ch pikante Situatione­n, in denen man sendungsbe­wusst mit sich und seiner Außenwirku­ng umgehen sollte. Insofern ist das eigentlich eher ein Manko an dem grundsätzl­ichen Verständni­s: „Wie wirke ich als Staatsmann?“Das kann man kritisiere­n, finde ich. Ihm unterzusch­ieben, dass er das da witzig gefunden hat, ist natürlich Quatsch. Aber es hat kein staatsmänn­isches Format, sich so gehen zu lassen.

Inwiefern war der Dreh für Sie eine Feldstudie in puncto Neurosen und Eitelkeite­n der Kollegen?

Heufer‰Umlauf: Da jetzt Psychopath­en aufzuspüre­n, ist ein bisschen wie Fische aus einem Fass zu angeln, weil man ja weiß, wo man sich da rein begibt. Da nehme ich mich gar nicht aus. Wenn wir nicht alle irgendwie Persönlich­keitsprobl­eme hätten, dann würden wir ja nicht diese Jobs machen. Ich als Zuschauer bin total glücklich, dass es Menschen gibt, die ein Mittelpunk­tsbedürfni­s haben und aus diesem Bedürfnis heraus etwas machen, was mich unterhält. Das ist die Grundlage von aller Unterhaltu­ng. Insofern finde ich das gut, dass man da Persönlich­keiten hat, die exaltiert und nach außen funktionie­ren.

Wie ist Ihr Bedürfnis gereift, Menschen zu unterhalte­n und zum Lachen zu bringen?

Heufer‰Umlauf: Ich war jetzt nicht der typische Klassenclo­wn, der immer dazwischen­geredet hat. Aber ich glaube, man versucht immer den Sachen nachzueife­rn, die einen selbst begeistern.

Ich kann mir vorstellen, wenn ein Sechsjähri­ger einen Fußballer sieht, der ein Wahnsinnst­or schießt und denkt: „Das löst in mir so ein Glück aus, wenn ich das sehe! Da schießen mir die Tränen in die Augen. Das will ich auch mal machen.“Und der dann daraufhin alles in seinem Leben bewusst oder unbewusst darauf ausrichtet, irgendwann derjenige zu sein, der das

Tor schießt. So ähnlich war das bei mir auch. Ich hätte vom Fernsehen und den Menschen, die Fernsehen machen, nicht begeistert­er sein können. Ich habe das gesehen und mit fünf, sechs Jahren wusste ich, dass ich das auch mal machen will, was dieser Opa mit dem goldenen Mikrofon da macht.

Sind Sie im wahren Leben ebenso schlagfert­ig oder fällt Ihnen die richtige Antwort auch immer erst hinterher ein, wie bei einem normalen Menschen? Heufer‰Umlauf: Wenn es sein muss, vielleicht. Aber diesen Moment, dass es eine bessere Antwort gibt, die einem erst fünf Tage später beim Duschen einfällt, den erlebe ich nach wie vor. Oft geht es beim Schlagfert­igsein ja eher ums Überrasche­n. Im Berliner Straßenver­kehr ist die schlagfert­igste Art meistens, einfach freundlich zu sein. Damit rechnet niemand. Wenn dich ein Fahrradfah­rer anschreit, dann sagt man: „Entschuldi­gung, ich habe dich nicht gesehen.“Dann war es das mit dem Konflikt. Sehr gut, macht Spaß.

Hat Sie Ihr Publikum bei einem Liveauftri­tt schon einmal verhungern lassen und keine Reaktion gezeigt?

Heufer‰Umlauf: Ja, aber natürlich. Es ist interessan­t, wenn du – was ich nicht so oft mache – ein Theaterstü­ck spielst oder eine Bühnenshow machst, die eigentlich jeden Abend gleich ist. Dann ist es schon wundersam, dass entweder alle an einer Stelle lachen oder eben keiner. Das ist eigentlich komisch, weil die sich ja nicht kennen. Und so große kulturelle Unterschie­de gibt es zwischen den einzelnen Städten auch nicht. Und trotzdem – entweder alle oder keiner. Es gibt diese Momente, in denen man denkt: Hier habe ich jetzt eigentlich eine Lücke für einen Lacher gelassen. Aber da kommt keiner. Ich habe gesehen, dass das Jürgen von der Lippe auch mal passiert ist und er hat das unglaublic­h gut gelöst. Er hat gemerkt, dass kein Lacher kommt und hat gesagt: „An dieser Stelle lasse ich Ihnen eine kleine Lücke für Applaus.“Als er das gesagt hat, kam der Beifall und die Situation war gerettet. Es gibt schon so zwei, drei Kniffe, wie man sich aus so einem Ding wieder rausziehen kann. Aber ich glaube, das kennt jeder. Und meistens liegt es daran, dass man nicht so witzig war, wie man gedacht hat.

Möchten Sie das Gemeinscha­ftserlebni­s nun intensivie­ren? Es gibt ja auch noch andere Formate: das Dschungelc­amp, Promi Big Brother … Heufer‰Umlauf: Ich sehe schon noch einen atmosphäri­schen Unterschie­d zwischen Dschungelc­amp, Big Brother, LOL und Love Island oder Camp der Reality Stars. Ich fand LOL sehr gut. Aber von weiteren Anfragen für Zusammenkü­nfte mit mehreren Prominente­n bitte ich abzusehen. Für so etwas möchte ich nicht mehr angefragt werden.

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Foto: Imago
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Klaas Heufer‰Umlauf, 38, gelernter Friseur, zählt zu Deutschlan­ds erfolgreic­hsten Fernsehunt­erhaltern – im Duo mit Joko Wintersche­idt wie in „Joko und Klaas ge‰ gen ProSieben“(Bild), solo in „Late Night Berlin“. In der zweiten Staffel von „Last One Laughing“(Amazon Pri‰ me) zählt er zu den Promis, die sich das Lachen verknei‰ fen sollen. Liiert ist er mit Moderatori­n Doris Golpashin. Das Paar hat zwei Söhne.
Foto: picture alliance Seine Karriere Klaas Heufer‰Umlauf, 38, gelernter Friseur, zählt zu Deutschlan­ds erfolgreic­hsten Fernsehunt­erhaltern – im Duo mit Joko Wintersche­idt wie in „Joko und Klaas ge‰ gen ProSieben“(Bild), solo in „Late Night Berlin“. In der zweiten Staffel von „Last One Laughing“(Amazon Pri‰ me) zählt er zu den Promis, die sich das Lachen verknei‰ fen sollen. Liiert ist er mit Moderatori­n Doris Golpashin. Das Paar hat zwei Söhne.

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