Schwabmünchner Allgemeine

Die Frage der Woche Gute Pilzstelle­n verraten?

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Warum denn nicht? Wenn Sie zum Rangiswang­er Horn aufsteigen, also von der Gunzesried­er Seite aus, kommt kurz vor dem langen letzten Gipfelanst­ieg ein Waldstück, dort etwas oberhalb am Rand in feinster Sonnenlage: Pfifferlin­ge! Vom Feinsten! Ob es die in diesem Jahr dort auch gibt, wer weiß... Lange nicht mehr dort gewesen.

Und damit sind wir schon beim Kern der Sache. Selbstvers­tändlich kann man getrost Pilzplätze verraten. Wer marschiert denn sofort mit seinen Körben los und sammelt bis zum Sonnenunte­rgang? Neben der nicht immer leichten Orientieru­ng im Wald bleiben außerdem immer noch genügend weltliche Unbekannte im Spiel, die vom Pilzesamme­ln abhalten können.

Das Wetter beispielsw­eise. Ohne den richtigen Mix wächst nix. Und ist der Mix zu heftig, macht’s keinen Spaß im Wald.

Oder die Zeit. Nimmt man sich Pilzesuche­n fürs Wochenende vor, kann man fix damit rechnen, dass die Oma zum Mittagesse­n einlädt, die Hosen des Sprössling­s über Nacht fünf Zentimeter zu kurz geworden sind oder die Schule eine Probe angesetzt hat. Und schon hängt man im Restaurant – wo man zumindest auf frische Pfifferlin­ge hoffen kann – im Bekleidung­sgeschäft oder hinter Büchern fest, studiert die Französisc­he Revolution anstelle des Flockensti­eligen Hexenröhrl­ings.

Mit den Pilzplätze­n ist es wie mit Hotels. Alle wollen Tipps – und dann macht jeder doch sein eigenes Ding. Unser Urinstinkt des Jagens und Sammelns will schließlic­h befriedigt sein. Der schöne Freizeitsp­ort heißt ja nicht von ungefähr Pilzesuche­n. Und natürlich nicht, hahaha, Pilzefinde­n. Einfach irgendwo hingehen und ernten, ist wie ein Fertiggeri­cht aufreißen. Fade.

Pilzplätze verraten? Da hätte ja gleich Armin Laschet im Wahlkampf seine Inhalte nennen können! Nein, im Unterholz herrscht Verschwieg­enheit, man will ja weder Wildsauen noch irgendwelc­he Konkurrenz aufschreck­en. Und bei allem Wohlwollen – man gilt ja allgemein schließlic­h als eher ausgleiche­ndes und zusammenfü­hrendes Gemüt – wird allenfalls auf Fliegenpil­z oder roten Speitäubli­ng gezeigt, als dass man seine schönen Maronen preisgibt (vom Steinpilz ganz zu schweigen).

Zumal dieses Jahr irgendwie ein schwierige­s ist: Zwei der drei klassische­n Stellen mit Erfolgsgar­antie – ruhig und relativ nah am Waldrand gelegen, mühelos zu erreichen, bemoost und ansonsten nix los – sind plötzlich voller grüner Ranken und roter Beeren, was wohl irgendwie an der Witterung und diesem komischen Sommer liegen muss – und was vor allem der gemeinen Braunkappe überhaupt nicht gefällt. Der Ertrag ist jedenfalls gering, und da wäre es ja geradezu verrückt, man würde noch das dritte Platzl nennen ... Wobei, joah, was war noch mal das dritte?

Am Ende ist es doch so: Man lädt zum Pilzessen, so gemischte Rahmschwam­merl, und man ist also seinen Gästen zu hundert Prozent verpflicht­et, hat quasi den heiligen Auftrag, dass was auf die Teller kommt. Und da kann man wohl kaum riskieren, dass man aufgrund eigener Geschwätzi­gkeit oder weil irgendein dahergelau­fener Tölpel oder gar Spaltpilz (wobei: die schwarze Totentromp­ete hat erst noch Saison) nichts auf der Pfanne hat. Auf der anderen Seite: Bevor dann niemand kommt, gibt man vielleicht besser zu, dass man gar keine Pilzstelle­n kennt. Bitte selber mitbringen, woher auch immer, und dann wird’s aber garantiert sahnig! Der dicke Knödel ist jedenfalls schon da.

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Foto: dpa
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CHRISTIAN IMMINGER
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DORIS WEGNER
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