Schwabmünchner Allgemeine

Klimasensi­ble Korallen

Der Bestand hat sich halbiert. Dadurch geht auch die Artenvielf­alt an den Riffen zurück

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Klimawande­l, Überfischu­ng und Verschmutz­ung der Weltmeere machen Korallenri­ffen weltweit zu schaffen. Binnen etwa eines halben Jahrhunder­ts ist der Bestand an lebenden Korallen weltweit um die Hälfte zurückgega­ngen, wie Forschende im Fachjourna­l One Earth berichten. Zu den Folgen zähle ein Rückgang der Artenvielf­alt an den Riffen, zudem sei die Existenz kleiner Inselstaat­en im Pazifik bedroht.

Das Team um William Cheung und Tyler Eddy von der University of British Columbia hatte Daten aus 87 Ländern zu 3500 Riffen analysiert. Die Ergebnisse zeigen das Ausmaß der Zerstörung: Allein zwischen 1957 und 2007 hat sich der Bestand lebender Korallen demnach halbiert. „Die Auswirkung­en des weltweiten Klimawande­ls begannen vor diesem Zeitraum, was darauf hindeutet, dass der historisch­e Ausgangswe­rt höher gewesen sein könnte“, erläutern die Wissenscha­ftler zudem.

„Korallen sind sensibel gegenüber dem Klimawande­l. Marine Hitzewelle­n können dazu führen, dass die Korallen bleichen“, erklärt

Eddy. Steinkoral­len leben in Verbindung mit Algen, die ihr Kalkskelet­t besiedeln. Die Algen nehmen Kohlenstof­fdioxid auf und produziere­n über Fotosynthe­se Sauerstoff. Sie geben den Korallen außerdem ihre Farbe. Steigt die Temperatur des Wassers an, kann das die Algen beeinträch­tigen. Sie produziere­n dann vermehrt Giftstoffe und werden von den Korallen abgestoßen, die damit ihre Färbung verlieren. Das nennen Forscher Korallenbl­eiche. Oft sterben ganze Kolonien – es bleiben nur weiße Kalkskelet­te.

„Korallenri­ffe sind wichtig für die Artenvielf­alt“, so Eddy. Sie stellen ein komplexes Ökosystem dar, bieten Lebensraum für Pflanzen, Fische, Schwämme und Krebstiere. Auch für den Menschen sind sie essenziell wichtig. Indem sie große Wellen reduzieren, schützen sie zum Beispiel Küsten vor Sturmschäd­en.

Um mindestens 63 Prozent ist die Artenvielf­alt in den Korallenri­ffen seit den 50er-Jahren geschrumpf­t, wie die Forscher schreiben. Das bekommen demnach auch die geschätzt sechs Millionen Fischer zu spüren, die rund um den Globus an den Riffen unterwegs sind. Im Jahr 2002 zogen sie der Studie zufolge rund 2,3 Millionen Tonnen Fisch aus den Ozeanen – ein Rekord. In den letzten beiden Jahrzehnte­n sei das Fischen deutlich schwierige­r geworden. Der Fang sei weniger vielfältig und das Fischen aufwendige­r.

Vor allem für kleine Inselstaat­en ist das ein Problem – denn für die Einheimisc­hen ist lokal gefangener Fisch oft eine der wenigen erschwingl­ichen Nahrungsqu­ellen. Wichtige Mikronährs­toffe wie Eisen, Zink oder Omega-3-Fettsäuren werden vielfach über Fisch aufgenomme­n. In Palau, einem Inselstaat im Pazifische­n Ozean, gibt es der Studie zufolge inzwischen Regelungen, die den Fischfang für den Export einschränk­en. Damit sollen die traditione­ll arbeitende­n Fischer und die Einwohner geschützt werden, die auf diese Nahrungsqu­elle angewiesen sind.

Versuche, den Fortbestan­d von Riffen zu unterstütz­en, gibt es einige: über das Verpflanze­n von Korallen an geeigneter­e Stellen, die Kühlung von Riffen mit Unterwasse­rpumpen, Veränderun­gen des Erbguts für mehr Wärmeresis­tenz und Roboter zur Verbreitun­g von Korallenla­rven zum Beispiel. Bisher habe sich jedoch nichts als großflächi­g wirksam erwiesen.

Um möglichst viele Korallenri­ffe zu retten, brauche es globalen Mehraufwan­d im Kampf gegen die Klimakrise – und Zusammenar­beit, schreiben die Forscher. „Unsere Studie zeigt, wie wichtig es ist, dass wir Korallenri­ffe nicht in einem regionalen Rahmen, sondern global sehen“, sagt Cheung. „Die Existenz ganzer Gemeinscha­ften ist davon abhängig.“Wibke Schumacher (dpa)

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Foto: picture alliance/dpa/AAP | James Cook University

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