Schwabmünchner Allgemeine

Elon Musk feiert ein Verspreche­n

Autoindust­rie

- Verena Schmitt-Roschmann, dpa

Tausende Schaulusti­ge strömen zum Tag der offenen Tür in die beinahe fertige Tesla-Fabrik bei Berlin. Obwohl noch immer die endgültige Genehmigun­g fehlt, sollen im Dezember die ersten Autos vom Band rollen

Grünheide Der US-Elektroaut­obauer Tesla will spätestens im Dezember in Deutschlan­d die Produktion für Europa starten. Dies kündigte Firmengrün­der Elon Musk am Wochenende bei einem Bürgerfest in seinem ersten europäisch­en Werk bei Berlin an. Kritik von Anwohnern und Umweltschü­tzern an der in nur zwei Jahren konzipiert­en und errichtete­n Industriea­nlage widersprac­h er. Ziel sei „eine wunderschö­ne Fabrik in Harmonie mit ihrer Umgebung“. Musk hatte Pläne für die sogenannte Giga Factory in Grünheide in Brandenbur­g Ende 2019 bekannt gemacht. Das Milliarden­projekt startete wenig später mit sogenannte­n vorzeitige­n Zulassunge­n und ist nun fast fertig – obwohl die endgültige umweltrech­tliche Genehmigun­g noch fehlt.

Bis zu 9000 Besucher mit vorbestell­ten Tickets konnten am Samstag in der mehrere hundert Meter langen und breiten Fabrikhall­e bereits Roboter auf Fertigungs­straßen im Testbetrie­b sehen. Künftig sollen etwa 12 000 Mitarbeite­r in Grünheide bis zu 500000 Elektroaut­os im Jahr bauen. Dabei will Tesla möglichst viele Teile vor Ort produziere­n, um von Zulieferer­n unabhängig zu sein. Tesla betont vor allem die Bedeutung der eigenen Druckgussa­nlage und der hochmodern­en Lackierere­i. Zudem entsteht neben dem Autowerk eine Batteriefa­brik. Beides solle bis Ende 2022 Massenfert­igung erreichen, sagte Musk.

Die Produktion der ersten Fahrzeuge noch in diesem Jahr sei einfach. „Superschwi­erig“sei das Hochfahren der Produktion auf 5000 bis 10 000 Fahrzeuge pro Woche. In Grünheide soll das TeslaModel Y vom Band laufen, ein voll

Mittelklas­sewagen für einen Listenprei­s ab 59965 Euro.

Besucher beim Tag der offenen Tür – einer Art Volksfest namens „County Fair“mit Riesenrad und Imbissbude­n – konnten sich auch auf einer Teststreck­e von Fahrern im Model Y in 5 Sekunden auf mehr als 100 Kilometer pro Stunde beschleuni­gen lassen. Unter den tausenden Besuchern waren TeslaFans, aber auch viele Menschen aus der Umgebung, die sich den umstritten­en neuen Nachbarn anschauen wollten. Kritiker fürchten, dass

die in einem Wasserschu­tzgebiet entstehend­e Fabrik zu viel Wasser nutzen könnte. Bis Mitte Oktober läuft ein Erörterung­sverfahren zu Hunderten von Einwänden gegen das Projekt. Erst danach könnte die endgültige umweltrech­tliche Genehmigun­g erteilt werden.

Musk reagierte in seinem Auftritt vor etwa 1500 jubelnden Fans am Samstagabe­nd auf die Kritik. „Unsere Fabrik verbraucht sehr wenig Wasser“, sagte er. Die Firma veranschla­gt pro Fahrzeug einschließ­lich Batteriepr­oduktion 2,2 Kubikmeter – und betont, das liege unter dem Branchendu­rchschnitt von mehr als drei Kubikmeter­n. Die Batteriepr­oduktion sei ebenfalls nachhaltig und rohstoffsp­arend. Von den zwei Milliarden Autos und Lastwagen auf der Welt wolle Tesla jährlich ein Prozent mit Elektrofah­rzeugen ersetzen, also bis zu 20 Millionen, bekräftigt­e Musk. Trotz stark steigender Absatzzahl­en ist es bis dahin noch eine weite Wegstrecke: Im dritten Quartal lieferte Tesla weltweit 241 300 Fahrzeuge aus.

Musk betonte auch die Umweltelek­trischer anstrengun­gen am Ort. Die Fabrik in Grünheide bekomme Photovolta­ikanlagen aufs Dach. Ziel seien 100 Prozent erneuerbar­e Energien für die Fabrik. Als Ausgleich der 90 Hektar für den Bau gerodete Kiefernwäl­der will das Unternehme­n nach eigenen Angaben auf rund 300 Hektar neue Bäume pflanzen.

Musk warb um qualifizie­rte Mitarbeite­r aus ganz Europa. „Ich mache mir ein bisschen Sorgen, dass wir nicht in der Lage sein werden, genug Leute einzustell­en.“Eine Besucherin, die in der Nähe arbeitet und nur ihren Vornamen Mandy nannte, teilt Musks Sorge. Über die Fabrik sagte sie: „Für die Region ist

Laut Medienberi­chten floss gut eine Milliarde Hilfsgeld

das ein Riesending, aber man fragt sich, wo die Arbeitskrä­fte herkommen sollen.“

Das Autowerk vor den Toren Berlins gilt als eines der wichtigste­n Industriep­rojekte in Ostdeutsch­land. Die Errichtung­skosten veranschla­gte Musk ursprüngli­ch auf 1,1 Milliarden Euro, erklärte aber zwischenze­itlich, das Budget werde überschrit­ten. Für die Batteriefa­brik hat Tesla Aussicht auf öffentlich­e Förderung, die sich nach Medienberi­chten ebenfalls auf 1,1 Milliarden Euro summieren könnte. Insgesamt soll nach Unternehme­nsangaben in Grünheide eine „mittlere einstellig­e Milliarden­summe“investiert werden. Das für den Tag der offenen Tür befürchtet­e Verkehrsch­aos blieb aus. Der Autobauer hatte die Besucher aufgeforde­rt, mit der Bahn zu kommen.

 ?? Foto: Patrick Pleul, dpa ?? Tesla‰Chef Elon Musk hat Sorge, nicht genügend Personal in Deutschlan­d zu finden.
Foto: Patrick Pleul, dpa Tesla‰Chef Elon Musk hat Sorge, nicht genügend Personal in Deutschlan­d zu finden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany