Eilantrag soll Gamsabschuss stoppen
In der Kürnach im westlichen Allgäu sollen in diesem Jagdjahr 15 Tiere erlegt werden. Warum der Verein „Wildes Bayern“die Ausrottung des Bestandes befürchtet und klagt
Kempten/Augsburg Der Streit schwelt schon lange. Er dreht sich um die Gamspopulation in der Kürnach, einem kleinen, bewaldeten Gebirgszug westlich von Kempten, der sowohl in Bayern als auch in Baden-Württemberg liegt. Und er entzündet sich am Abschuss der Gämsen. In diesem Jagdjahr sollen nach dem Plan der Unteren Jagdbehörde im Landratsamt Oberallgäu 15 Tiere erlegt werden. Dagegen hat der Verein „Wildes Bayern“nun Klage beim Verwaltungsgericht Augsburg eingereicht. Er befürchtet die Ausrottung der urigen Wildart in diesen vorgelagerten Bergen zu den Alpen.
Über viele Jahre habe eine maßvolle Bejagung den Gämsen in der Kürnach und der angrenzenden Adelegg das Überleben gesichert, sagt Christine Miller, Vorsitzende des Vereins „Wildes Bayern“, einem Aktionsbündnis zum Schutz der Wildtiere und ihrer Lebensräume. Doch dann seien die Abschusspläne
„massiv übererfüllt“worden. Statt vier Gämsen, die hätten erlegt werden dürfen, seien elf und mehr Tiere geschossen worden – ohne Konsequenzen für die beteiligten Reviere. Anstatt die Überschreitung zu ahnden, habe sich die Untere Jagdbehörde zum „Handlanger der Forstlobby“gemacht und „immer höhere Abschusspläne genehmigt“, sagt Miller.
Der Konflikt eskalierte, als im Jahr 2019 sogar 28 Gämsen getötet werden sollten (unsere Zeitung berichtete). Der öffentliche Druck gegen die Pläne war immens. Miller: „Dadurch wurde zumindest erreicht, dass sich der Forstbetrieb Sonthofen dazu entschloss, Gämsen nicht auf den großen Bewegungsjagden schießen zu lassen.“Tatsächlich seien dann nur drei Tiere erlegt worden.
Dass der Abschussplan für das neue Jagdjahr – die Schonzeit endete am 1. August – nun erneut 15 Stück vorsieht, empört die Wildbiologin. Sie spricht gar von einem „Ausrottungsplan“. Dabei sei die Gams nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie eine besonders geschützte Art, die nur bejagt werden darf, wenn die Zahl der Tiere mindestens erhalten bleibt. Dies setzte, so Miller, eine vorsichtige und selektive Bejagung voraus – und eine Überwachung, die den tatsächlichen Bestand nachweist. Ein Monitoringprojekt, das bei einem renommierten Büro in Auftrag gegeben wurde, habe in der Kürnach jedoch lediglich eine geringe Zahl an Gämsen bestätigt. Miller: „Man geht von 16 bis 17 Tieren aus, die meisten davon leben im badenwürttembergischen Teil.“Der Bestand sei also wohl noch kleiner, als die ortskundigen Jäger seit Jahren vermuteten.
Der Leiter des Forstbetriebs Sonthofen, Jann Oetting, hatte indes schon zu Beginn der Auseinandersetzung um die Abschusspläne vor zwei Jahren in einem Gespräch mit unserer Redaktion betont, die Kürnach sei mit steilen Tälern, aber keinen Felsbereichen kein typisches
Gamsgebiet. Der Forstmann sagte damals: „Und in geschlossenen Waldregionen darf sie auch nicht gehegt werden, gibt uns die bayerische Schalenwildrichtlinie vor.“Dem Vernehmen nach haben auch jetzt vier der sechs Grundstückseigentümer und Revierinhaber den Abschusszahlen zugestimmt.
Christine Miller bleibt dennoch dabei: Der jetzige Plan, 15 Gämsen zu töten, sei rechtswidrig, fachlich nicht begründet und unanständig. Die Untere Jagdbehörde im Landratsamt Oberallgäu habe jedoch alle Gesprächsangebote abgelehnt. Das Verwaltungsgericht Augsburg müsse nun prüfen, ob die Vorgehensweise der Behörde mit geltendem Recht vereinbar ist. Der Verein „Wildes Bayern“hat zudem einen Eilantrag mit dem Ziel eingereicht, den Abschussplan sofort auszusetzen. Ansonsten, befürchtet Miller, „ist das das Ende der Kürnacher Gams“.