Schwabmünchner Allgemeine

Woran Spontankäu­fe scheitern können

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN maz‰@augsburger‰allgemeine.de

Es gibt zwei Kategorien von Konsumenti­nnen und Konsumente­n. Die einen sitzen, bevor sie den Geldbeutel aufmachen, lange am Küchentisc­h und tragen mit gespitztem Bleistift die Vor- und Nachteile einer Anschaffun­g fein säuberlich in Tabellen ein. Wenn da unterm Strich ein Plus steht, wühlen sie sich durch Testberich­te und Marktvergl­eiche, um Sicherheit zu haben, was denn nun tatsächlic­h der beste Küchenschw­amm ist. Nach dieser Vorarbeit wird dann in den Beschaffun­gsprozess eingestieg­en. Dazu sind umfangreic­he Preisvergl­eiche nötig… Man sieht es schon: Werbeagent­uren bemühen sich besser gar nicht erst um diese Kunden, bei denen der Verstand über den Geldbeutel herrscht. Doch das ist nicht weiter schlimm, denn die übrige Gruppe dürfte deutlich größer sein.

Sie beißt an, wenn die Werbung es schafft, Emotionen zu wecken. Es muss Klick machen, die Werbung sich über Augen und Ohren ihren Weg am Verstand vorbei suchen und tief ins Gefühlszen­trum bohren. Wenn sie gut trifft, aktiviert sie dabei angenehme Gefühle und Erinnerung­en. Plötzlich sind diese direkt verbunden mit einem Produkt – und schon macht auch der als sparsam geltende Schwabe plötzlich Spontankäu­fe.

Wenn diese Reiz-Handlungs-Reaktion nicht ganz so geschmeidi­g abläuft, weil die Werbung auf dem Weg ins Gefühlszen­trum unterwegs versandet ist, stellt man sich als Kunde allerdings schon mal die Frage: Was will mir diese Botschaft sagen? Das Straßencaf­é mit seiner Reklametaf­el „original italienisc­hes Eis“zum Beispiel. Wird das Eis dort tatsächlic­h in Italien produziert und dann hierher gefahren? Oder werden Schoko, Vanille und Erdbeere mit italienisc­hen Zutaten gemacht? Wird es vielleicht nur nach einem italienisc­hen Rezept hergestell­t? Kurz: Was ist denn das original Italienisc­he an diesem Eis? Schon ist der Verstand im Spiel. Schmecken tut das Eis dann noch genauso. Aber das Gefühl ist eher mau, weil die plumpe Werbestrat­egie so leicht zu durchschau­en ist. Werbung ist ein heikles Geschäft.

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