Sieben teure Fehler bei der Steuer
In diesem Jahr ist die Abrechnung mit dem Finanzamt für Millionen Steuerbürger noch vertrackter als sonst. Welche Schnitzer auf den letzten Metern bis zur Abgabe vermeidbar sind
Am 1. November muss die Steuererklärung für das Corona-Jahr 2020 beim Finanzamt sein. Wer pflichtveranlagt ist und die Sache selbst in die Hand nimmt, für den pressiert es also allmählich. Denn die Frist wurde zwar verlängert, aber nicht auf unbestimmte Zeit. In Bundesländern mit Feiertag ist der 2. November letzter Abgabetermin. Wer die Abrechnung jetzt noch vor sich hat, sollte nicht bis zum allerletzten Moment warten, rät Christina Georgiadis, Sprecherin der Vereinigten Lohnsteuerhilfe. Schleicht sich der Fehlerteufel ein, kann viel Geld durch die Lappen gehen. Sieben Fehler, die es in sich haben können:
1. Die Steuer ignorieren
Der teuerste Fehler ist, gleich ganz die Segel zu streichen und gar keine Erklärung abzugeben. Schätzungen zufolge ducken sich bis zu 25 Prozent der etwa 40 Millionen Arbeitnehmer regelmäßig weg. Doch in diesem Jahr ist Vorsicht geboten. Wer 2020 Arbeitslosen- oder Insolvenzgeld bekam, Kurzarbeitergeld, Kranken- oder Erziehungsgeld, muss auf jeden Fall mit dem Finanzamt abrechnen – und zwar immer dann, wenn die Leistungen über 410 Euro hinausgingen, so Sigurd Warschkow, Leiter der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer in Gladbeck. Damit werden sehr viel mehr Bürger als sonst ranmüssen. Keine Wahl haben auch Eheleute und Lebenspartner, wenn sie zusammen veranlagt sind und einer die Steuerklasse V oder VI hat. Auch immer mehr Rentner und Pensionäre müssen abrechnen. Abtauchen geht nicht. Das Finanzamt wird sich garantiert melden, notfalls auch Zwangsgelder verhängen.
2. Ausgaben vergessen
Auch Vergesslichkeit kommt teuer zu stehen. So versäumen es unzählige Mieter und Eigentümer regelmäßig, ihre Kosten für Handwerker im Haus sowie für haushaltsnahe Dienstleistungen aus der Jahresverbrauchsabrechnung anzugeben. Den Fiskus freut’s. Ähnliches passiert bei den Ausgaben für die Altersversorgung. Arbeitnehmer dürfen ihre Beiträge für die Riester- oder Rürup-Rente von der Steuer absetzen. „Doch Steuerzahler vergessen sehr oft, sie dann auch tatsächlich in der Steuererklärung aufzulisten“, sagt Georgiadis. Damit fallen Zahlungen von meist vielen hundert Euro unter den Tisch. Auch der Dauerantrag für die staatlichen Zulagen geht häufig verschütt. Ebenso Rechnungen für den Handwerker, der Nachweis über die Zahn-OP, die Quittungen zu den Fachbüchern, das Fahrtenbuch für den Dienstwagen: All das könnte beim Steuern sparen helfen – wären die Belege nur auffindbar. Tipp für nächstes Jahr: Quittungen und Rechnungen regelmäßig in einem Schuhkarton sammeln. Dann geht nichts mehr verloren.
3. Kniffe nicht nutzen
Für Kurzarbeiter kann es diesmal um viel Geld gehen. Folgender Trick kann sich für sie auszahlen: Verheiratete Kurzarbeiter wählen bei der Steuererklärung die Einzelstatt der gewohnten steuerlichen Zusammenveranlagung. Geben beide getrennt ab, geht zwar der Splittingvorteil verloren. Der Kniff zahlt sich in der Regel trotzdem aus. Betroffene Ehepaare und eingetragene Lebenspartner sollten genau prüfen oder sich von Beratern vorrechnen lassen, ob sich diese Variante für sie rechnet, empfiehlt Georgiadis.
4. Krankheitskosten verschweigen
Behandlungen bei Ärzten, Heilpraktikern, Physiotherapeuten und Logopäden sind absetzbar. Gleiches gilt für Medikamente, Pflegeheim, Operationen, Kuren, Brillen, Hörgerät oder Rollstuhl. Aber: Erst wenn ein zumutbarer Eigenanteil überschritten wird, hilft der Fiskus mit. Wie hoch die Grenze für jeden Einzelnen ausfällt, hängt von Einkommen, Familienstand und Kinderzahl ab. Weil viele Bürger glauben, dass die Hürde sowieso unerreichbar hoch ist, machen sie oft erst gar keine Ausgaben geltend. „Ein Fehler“, betont Georgiadis. Momentan gehöre jeder Cent an außergewöhnlichen Belastungen eingetragen. Denn: Das Bundesverfassungsgericht prüft aktuell, ob die zumutbare Eigenbelastung nicht gegen das Grundgesetz verstößt (Az: 2 BvR 1936/17). Wird die Belastungsgrenze tatsächlich gekippt, ist die nachträgliche Anerkennung der vollen Gesundheitskosten sehr wahrscheinlich – und bringt viel Geld.
5. In der Zeile verrutschen
Teuer zu stehen kommt vor allem dieser Klassiker: Wer in Eile seine Steuer macht, verrutscht gern in der Zeile. So landen die selbst finanzierten Fortbildungskosten zum Beispiel nicht in der Spalte „Weiterbildung“, sondern bei den „allgemeinen Werbungskosten“. Der Finanzbeamte streicht dann die angesetzten Ausgaben zwar aus den falschen Zeilen raus. Aber er trägt sie nicht in die richtigen Zeilen ein, wie Georgiadis berichtet. Die Kosten gehen also verloren.
6. Bankverbindung nicht prüfen
Sie haben die Bank gewechselt, ohne auf Ihrer Steuererklärung die neuen Daten anzugeben? Sie haben sich scheiden lassen, doch beim Finanzamt ist noch die Konto-Nummer Ihres Ex hinterlegt? Oder es hat sich ein Zahlendreher in die ellenlange IBAN eingeschlichen? Solche Schnitzer passieren tausendfach, gibt Georgiadis zu bedenken. Die Steuerrückerstattung wird dann verspätet oder gar nicht kommen.
7. Einspruchsfrist verpassen
Schnitzer bei der Steuererklärung können häufig noch geradegerückt werden. Denn: Sobald der Steuerbescheid im Briefkasten des Finanzamts ist, bleibt dem Bürger ein Monat Zeit, Einspruch einzulegen. Bis zum Ende dieser Frist darf der Bescheid noch mal auf Schieflagen abgeklopft werden. Vor allem für Kurzarbeiter kann es diesmal um viel Geld gehen. Wer sich den Check nicht zutraut, kann Lohnsteuerhilfevereine oder Steuerberater engagieren. Aber: Wird die Frist verpasst, geht auch dann nichts mehr.