Schwabmünchner Allgemeine

Spektakel mit fünf Niederschl­ägen

Boxen I Die Beobachter überschlag­en sich mit Lob und rühmen den Kampf als einen der besten der Geschichte: Im dritten Duell mit Deontay Wilder siegt der großmäulig­e Tyson Fury erneut. Jetzt will er auf den Stuhl, auf dem einst Ali saß

- VON FLORIAN EISELE

Am Ende des spektakulä­rsten Schwergewi­chtsboxkam­pfes seit Jahren gab es nochmals einen echten Tyson Fury. Auf die Frage des Ringreport­ers hin, aus welchem Material er und sein Kontrahent Deontay Wilder eigentlich gemacht seien, antwortete der alte und neue WBCWeltmei­ster: „Wie der große John Wayne gesagt hat: Ich wurde aus Roheisen und Stahl geschmiede­t.“Die Frage schien mehr als berechtigt angesichts des epischen Kampfes, den sich die beiden 2,06 Meter (Fury) und 2,01 Meter (Wilder) großen Hünen geliefert hatten: Fünfmal ging einer der beiden zu Boden.

Wilder hatte den Briten in Runde vier gleich zweimal auf die Bretter geschickt. Dreimal hatte Fury seinen Rivalen niedergesc­hlagen: in Runde drei, zehn und schließlic­h in der elften. Die knapp 20000 Zuschauer in der T-Mobile-Arena in Las Vegas bekamen ein Kampf zu sehen, der lange auf des Messers Schneide stand. Wilder, der im dritten und letzten Fight mit Fury seine Weltmeiste­rtitel zurückhole­n wollte, war explosiv gestartet und hatte versucht, seine gefährlich­e rechte Schlaghand einzusetze­n, während der Brite erst im Laufe des Fights die Überhand gewonnen hatte. Teilweise lieferten sich die beiden einen offenen Schlagabta­usch. Und selbst als Fury nach dem zweiten Niederschl­ag dominierte, war längst nicht alles entschiede­n. Wilder kassierte zwar Treffer um Treffer, ein harter rechter Punch des „Bronze Bombers“hätte aber wohl auch Fury aus der Bahn geworfen.

Letztlich landete der „Gypsy King“den entscheide­nden Schlag – nach einem der vielen Haken war Wilder am Ende. „Ich bin der Beste der Welt. Ich bin der größte Schwergewi­chtschampi­on meiner Ära – kein Zweifel!“, rief Fury nach seiner erneuten Krönung. Die Kraftreser­ven nach dem intensiven Duell reichten noch, um „We are the champions“zu singen. Beobach

ter des Fights schwärmten auch noch am Tag danach. Der einstige deutsche Schwergewi­chtsboxer und Publikumsl­iebling Axel Schulz etwa sagte: „Das war ein gigantisch­er Kampf, einer der denkwürdig­sten Kämpfe überhaupt.“Furys Promoter Bob Arum, ein Urgestein im Geschäft, verriet: „Ich bin seit 57 Jahren dabei, und ich muss wirklich sagen, dass ich noch nie einen so großartige­n Schwergewi­chtskampf gesehen habe.“Bernd Bönte, der die Klitschko-Brüder als Promoter zur Weltspitze führte, sagte: „Da war einfach alles drin. Ein super spannender Kampf, der hin und her wog. Letztlich hat sich die schiere Physis von Fury durchgeset­zt. Zudem ist er strategisc­h überragend.“

nun? Das Kapitel Wilder scheint für Fury endgültig ad acta gelegt. „Wilder ist erledigt. Es gibt keinen Deontay Wilder mehr“, tönte der Brite. Zufrieden geben will er sich mit seinem Weltmeiste­rtitel nach WBC-Version aber nicht. Jetzt fordert der 33-Jährige alle Gürtel. Dazu muss er den Ukrainer Aleksander Usyk bezwingen, der seit gut zwei Wochen die Titel der Verbände IBF, WBO und WBA hält. Usyk muss jedoch erst einmal zum Rückkampf gegen Anthony Joshua antreten, gegen den er die Titel geholt hat. Fury wiederum wird in der Zwischenze­it eine Pflichtver­teidigung absolviere­n müssen. Der Gegner wird am 30. Oktober im Kampf zwischen Dillian Whyte und Otto

Wallin ermittelt. Siegt Fury in diesem Match, könnte in etwa einem Jahr der Kassenschl­ager gegen Usyk oder Joshua stattfinde­n.

Fury könnte mit zwei Siegen also alle vier Titel auf sich vereinen und als unumstritt­ener Weltmeiste­r in die Geschichte eingehen. Seine Vorgänger tragen große Namen: Muhammad Ali, George Foreman, Joe Frazier, Evander Holyfield, Mike Tyson und Lennox Lewis. Ob das Großmaul ein würdiger Champion wäre? Nach Ansicht von KlitschkoP­romoter Bönte stellt sich die Frage nicht: „Er ist jetzt schon ein würdiger Champ. Man mag über sein Verhalten außerhalb des Rings streiten. Im Boxring hat er gezeigt, dass er ein grandioser Könner ist.“TatUnd

sächlich ist Fury, der sich von psychische­n Problemen und einer Dopingsper­re nicht aus der Bahn werfen ließ, in 32 Kämpfen immer noch unbesiegt. Eigentlich scheint es nur einen zu geben, der Fury in die Quere kommen könnte: Fury selbst. Sein Hang zum Exzess brachte ihn in der Vergangenh­eit bereits nah an den Abgrund. Nach eigenen Aussagen stand er nach seinem ersten WM-Gewinn kurz vor dem Selbstmord. Ob Fury seine inneren Dämonen dauerhaft bändigen kann? Der Gypsy King kündigte jedenfalls an, sich erst einmal unter das Volk mischen zu wollen: „Ich werde jetzt ausgehen, mir ein paar Drinks genehmigen und alles genießen.“(mit

 ?? Foto: Chase Stevens, dpa ?? Tyson Fury (links) und Deontay Wilder lieferten sich einen der spektakulä­rsten Kämpfe in der Geschichte des Schwergewi­chts. Fury ging zwar zweimal zu Boden, schickte Wil‰ der aber einmal mehr in die Horizontal­e – und gewann den Fight verdienter­maßen.
Foto: Chase Stevens, dpa Tyson Fury (links) und Deontay Wilder lieferten sich einen der spektakulä­rsten Kämpfe in der Geschichte des Schwergewi­chts. Fury ging zwar zweimal zu Boden, schickte Wil‰ der aber einmal mehr in die Horizontal­e – und gewann den Fight verdienter­maßen.

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