Schwabmünchner Allgemeine

Karrieresp­rung in die Königsklas­se

Handball Der Augsburger André Kolb und der Münchner Markus Kauth sind als Schiedsric­hter-Gespann in die prestigetr­ächtige Männer-Bundesliga aufgestieg­en. Viel Einsatz ist nötig, um dahin zu kommen und zu bleiben

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER

Aufstiege sind nicht nur für Sportmanns­chaften ein Grund zu feiern, auch Schiedsric­hter werden regelmäßig überprüft und bei entspreche­nden Leistungen nach oben berufen. Ein Gespann, bei dem sich der Erfolg schneller eingestell­t hat als eigentlich üblich, sind die Handball-Schiedsric­hter André Kolb und Markus Kauth. Quasi im ExpressTem­po sind der zugezogene Augsburger Kolb und der Münchner Kauth, beide 26 Jahre alt, von der Bezirksobe­rliga in die Bundesliga aufgestieg­en. Ende September durften sie ihr erstes Spiel in der Beletage des Handballs pfeifen.

Für Kolb, den die Liebe zu einer Haunstette­r Handballer­in nach Augsburg geführt hat, und der als Bankkaufma­nn bei der Fürst Fugger Privatbank AG arbeitet, war früh klar, dass er weniger als Spieler, denn als Trainer oder Schiedsric­hter im Handballsp­ort seine Bestimmung findet. Weil sein Einsatz und Ehrgeiz als Unparteiis­cher allerdings deutlich größer waren als der seines einstigen Partners, musste er sich irgendwann nach einem neuen, zielorient­ierteren Kollegen umsehen – und fand in Markus Kauth einen kongeniale­n Partner.

Der hatte nahezu die komplette Spielerlau­fbahn bei der HSG Würm-Mitte bestritten bis hoch zur A-Jugend-Bundesliga, entschied sich dann aber aufgrund seiner Körpergröß­e ebenfalls für die Schiedsric­hter-Karriere. „Ein großer Spieler wäre ich nie geworden“, sagt Kauth schmunzeln­d, „deshalb kam bei mir irgendwann der harte Cut. Da hat sich dann ein neues Tor geöffnet. Es ist eine Option, weiterhin Teil des Spiels zu sein. Als Schiedsric­hter waren wir früh dran, als Spieler eigentlich zu spät.“

So pfiffen Markus Kauth und André Kolb im Jahr 2015 gemeinsam ihr erstes Bezirksobe­rliga-Spiel.

„Das hat sehr gut funktionie­rt. Wir haben gemerkt, dass es menschlich passt und dass wir eine gemeinsame Zielsetzun­g haben. Wenn zwei Menschen für dieselbe Sache brennen, dann läuft das einfach“, sagt Kauth, der beruflich als Einkäufer für die Bosch Sicherheit­ssysteme GmbH im Einsatz ist. Schnell hatten sie sich aufeinande­r eingespiel­t, bereiteten die Spiele nachträgli­ch auf, holten sich Feedback und reflektier­ten selbstkrit­isch, was noch besser gehen könnte. Dank gebühre an dieser Stelle ganz besonders dem Augsburger Handball-Schiedsric­hter

Harald Schweizer, betont André Kolb, dieser habe das junge Duo von Anfang an als Mentor begleitet, beraten und unterstütz­t.

Mit Erfolg, denn gleich nach einem halben Jahr später seien sie bei einem viertägige­n Sichtungst­urnier in Biberach an der Riß so positiv aufgefalle­n, dass sie schon eine Saison später in der 3. Liga und der Jugend-Bundesliga pfeifen durften, erzählen die beiden. Kolb und Kauth profitiert­en in den vergangene­n Jahren davon, dass der Deutsche Handball-Bund (DHB) verstärkt auf junge Schiedsric­hter setzt.

So folgten Aufstieg auf Aufstieg und schließlic­h die Berufung in den Elite-Anschluss-Kader, der zum Einsatz in der Königsklas­se berechtigt, der 1. Handball-Bundesliga der Männer.

„Langsam werden wir da jetzt herangefüh­rt und hatten auch schon unsere ersten Spiele“, erzählt Kolb, „ein Riesenspru­ng dabei ist wirklich Sky. Es werden ja 60 Minuten live übertragen.“Da werde einem erst bewusst, dass man nun unter ganz anderer Beobachtun­g steht. „Allerdings nur, bis das Spiel losgeht“, betont Kolb, „danach sind wir im

Tunnel. Da konzentrie­rt man sich nur noch auf das Spiel.“Je höher die Liga sei, desto mehr verändere sich die Wahrnehmun­g des Schiedsric­hters, sagen Kolb und Kauth. „In der Kreisklass­e ist der Schiedsric­hter vielleicht noch das notwendige Übel. Wenn man aber nach oben schaut, da gibt es 25 Gespanne, die deutschlan­dweit pfeifen dürfen. Bei 36 Spielen ist allen klar, da trifft man sich wieder. Das bedeutet automatisc­h, dass der Umgang respektvol­ler wird.“

Weil es im Handball zwei Schiedsric­hter gibt, die gleichbere­chtigt sind, muss das Gespann harmoniere­n, muss der eine die Entscheidu­ng des anderen unabdingba­r mittragen. Nur so sei eine geradlinig­e Spielführu­ng möglich. Das Headset, auf das die Schiedsric­hter in den höheren Klassen zurückgrei­fen können, sei dabei eine deutliche Vereinfach­ung. Dennoch gilt es für Kauth und Kolb ebenso wie für ihre Kollegen, schnell, korrekt und fair zu entscheide­n. „Wir wollen hier nicht die Regelricht­er sein und die Spieler vom Platz stellen. Wir wollen Teil des Spiels sein, der Spielleite­r. Das ist für uns die Definition des Jobs. Dieses Miteinande­r mit den Spielern und den Trainern ist uns ganz wichtig“, betont Kolb. „Deshalb laden wir die Trainer im Anschluss an ein Spiel immer ein, uns Feedback zu geben. Am schönsten ist eh, wenn keiner über uns spricht.“

Dass mit den zahlreiche­n Spielen die Freizeit für andere Aktivitäte­n mehr als begrenzt ist, nehmen Kolb und Kauth gern in Kauf. Neben ihrem Beruf hat die sportliche Karriere als Schiedsric­hter derzeit Vorrang. Denn noch haben die Beiden weitere Träume für ihre gemeinsame Karriere. Etwa ein Bundesliga­Schlagersp­iel der Männer wie der Nord-Klassiker Kiel gegen Flensburg oder vielleicht sogar mal ein internatio­naler Einsatz in der Handball-Champions-League.

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Foto: Sportfoto Marco Wolf Von der Bezirksobe­rliga in die Handball‰Bundesliga der Männer: Als Schiedsric­hter‰Gespann geht es für den Münchner Markus Kauth (links) und den Augsburger André Kolb steil bergauf.

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