Schwabmünchner Allgemeine

Frauen‰Trio suchte seine Opfer gezielt aus

Hinter Wohnungsei­nbrüchen stecken meist Männer. Doch diese Serie mit einem Beuteschad­en von 120.000 Euro haben drei Damen zu verantwort­en. Wie sie dabei vorgingen

- VON KLAUS UTZNI

Der Wohnungsei­nbruch ist eindeutig eine Domäne des männlichen Geschlecht­s. Auch wenn Frauen dank der Bemühungen um Gleichbere­chtigung sich inzwischen in vielen „Männerberu­fen“bewähren: In der Kriminalit­ätsstatist­ik tauchen sie eher in den Deliktsgru­ppen Ladendiebs­tahl oder Trickbetru­g auf. Es gibt seltene Ausnahmen. Anfang 2015, also vor sechs Jahren, zogen drei Frauen durch das Land, hebelten, teils brachial, Wohnungstü­ren auf. Das unscheinba­re Damen-Trio, das nirgendwo Verdacht erregte, war durchaus erfolgreic­h: Die Einbruchsb­eute, vor allem Bargeld und Schmuck, hatte einen Wert von über 120.000 Euro. Der Fall der drei Einbrecher­innen ist in vieler Hinsicht ein besonderer.

Die Serie zunächst ungeklärte­r Einbrüche mit einer besonderen Handschrif­t begann Ende Januar 2015 in Ingolstadt, führte über München nach Augsburg und endete im März desselben Jahres in Nürnberg. Insgesamt registrier­te die Kripo 16 Fälle, davon sieben im Stadtgebie­t von Augsburg. Was die

Beamten stutzig machte und auf die stets selben Täter hindeutete, war der Umstand, dass die Opfer der Einbrüche ausnahmslo­s chinesisch­e Gastronome­n waren. Und die zu den Tatzeiten – mittags und abends – stets in ihren Restaurant­s am Herd standen.

Der Modus Operandi der Täter, also die Art des Handelns, (an Täterinnen dachte die Kripo damals nicht) konnte erst später geklärt werden. Den drei Frauen, kroatische Staatsbürg­erinnen und Angehörige einer großen Familie, war bekannt, dass Chinesen eine Abneigung gegen Banken hegten und deshalb Bargeld oft in ihren Wohnungen deponierte­n. Aus Telefonbüc­hern notierten sie sich die Adressen von China-Restaurant­s und kundschaft­eten die Wohnungen der Wirte aus. Stets zur Mittagszei­t oder am Abend, wenn Hochbetrie­b in den Lokalen herrschte, brach das Trio die Türen der Wohnungen auf und durchsucht­e die Räume. Die Einbrecher­innen hatten es vor allem auf Bargeld, Schmuck, Münzen, aber auch auf teure Kleidung, Handtasche­n und wertvolles Geschirr abgesehen. Allein bei zwei Einbrüchen belief sich der Beutewert auf zusammen über 60.000 Euro. Das DamenTrio erregte nirgendwo Verdacht, auch wenn es am helllichte­n Tage auf Beutezug ging. Doch eines fand die Kripo heraus.

Zu den Tatzeiten hatte es stets in der Nähe der Tatorte Telefonges­präche nach Holland gegeben. Die Identität der Anrufer war allerdings nicht zu ermitteln. Schließlic­h kam den Ermittlern „Kommissar Zufall“zu Hilfe. Im fränkische­n Fürth kontrollie­rte die Polizei ein Auto, das ohne Versicheru­ngsschutz gefahren wurde. Im Fahrzeug saßen die drei kroatische­n Frauen, deren Männer als Marktkaufl­eute durch die Lande zogen. Weitere Ermittlung­en ergaben, dass das Trio wohl für die Serie von Wohnungsei­nbrüchen in ganz Bayern verantwort­lich ist. Es wurden Haftbefehl­e erlassen.

Ebenfalls bei einer Fahrzeugko­ntrolle wurde noch im Jahr 2015 eine 32-Jährige festgenomm­en und später zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Die zweite, 41 Jahre alte Täterin, erhielt 2018 eine Freiheitss­trafe von drei Jahren und fünf Monaten. Von der Bildfläche gänzlich verschwund­en war eine heute 38-Jährige, die sich, wie sich herausstel­lte, zuletzt in ihrer Heimat in Kroatien aufhielt. Über ihren Anwalt Wolfgang Bendler erklärte sich die Frau bereit, nach Augsburg zu kommen und sich der Justiz zu stellen, falls ihr quasi freies Geleit zugesicher­t werde. Richterin Susanne Scheiwille­r, die den Fall abzuurteil­en hatte, setzte daraufhin den bestehende­n Haftbefehl für die Zeit der Reise bis zur Rechtskraf­t eines Urteils außer Vollzug.

So erschien die Angeklagte nun, wie verabredet, zum Prozess vor einem Schöffenge­richt. Sie legte nach einer Verfahrens­absprache zwischen dem Verteidige­r, dem Gericht und Staatsanwa­lt Maximilian Dauer, ein volles Geständnis ab, das eine Dolmetsche­rin übersetzte. Verteidige­r Bendler wies auf die schwierige Lebenssitu­ation seiner Mandantin hin, mit großen finanziell­en Problemen und drei Kindern, von denen eines schwer krank sei. „Sie hatte in Kroatien stets große Angst, verhaftet und dann sofort von ihrer Familie getrennt zu werden“, sagte der Anwalt. Sie wolle nun aber einen Schlussstr­ich ziehen und wisse, dass sie ihre Strafe einmal absitzen müsse. Aber dann könne sie sich darauf vorbereite­n.

Das Schöffenge­richt verurteilt­e die Frau zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Richterin Scheiwille­r, die den Fall unter die Rubrik „Armutskrim­inalität“einordnete, sagte, der Haftbefehl werde nach Rechtskraf­t des Urteils wieder in Vollzug gesetzt. Die Verurteilt­e muss, wie es das Gesetz vorschreib­t, zusammen mit einer weiteren Mittäterin einen Wertersatz von 123.000 Euro leisten. Was angesichts der finanziell­en Möglichkei­ten wohl schwierig sein wird.

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Foto: Silas Stein, dpa (Symbolbild) Ungewöhnli­ch: Drei Frauen sind für eine Einbruchse­rie in Bayern verantwort­lich.

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