Schwabmünchner Allgemeine

Tour de France war ein Kindheitst­raum

Radsport Georg Zimmermann beendet seine Saison mit einer Erkältung frühzeitig. Doch der Neusässer betrieb mit mutigen Auftritten in Frankreich und bei der WM viel Eigenwerbu­ng

- VON ROBERT GÖTZ

Seinen Saisonabsc­hluss hatte sich Georg Zimmermann anders vorgestell­t. Eigentlich wollte der 23-jährige Radprofi von Team Intermarch­é Wanty Giobert am Sonntag bei der traditions­reichen eintägigen Lombardei-Rundfahrt noch einmal alles geben, ehe es in die Renn- und Trainingsp­ause gehen würde.

Zur Vorbereitu­ng war Zimmermann während der vergangene­n Woche für zwei kleinere Rennen in Italien gemeldet worden. Beim „Tre Valli Varesine“und „Gran Piemonte“. Doch schon vor dem Start am Dienstag in Varese, 55 Kilometer nördlich von Mailand, spürte er eine Erkältung aufziehen und am Ende musste er aufgeben. Für Piemont sagte er dann ebenso ab wie für die Lombardei-Rundfahrt. „In Varese habe ich es noch einmal probiert, aber es hatte keinen Wert mehr. Meine Saison ist zu Ende und ich bin froh, dass ich jetzt erst einmal drei, vier Wochen trainingsf­rei habe“, sagt Zimmermann. Das erste richtige Team-Trainingsl­ager ist im Dezember geplant. Im heimischen Hainhofen, einem Ortsteil von Neusäß (Lkr. Augsburg), erholt er sich jetzt von seiner zweiten richtigen Saison als Radprofi: „Ich will gar nicht woanders jetzt hin. Ich war so viel unterwegs.“

Weit über 10000 Rennkilome­ter absolviert­e Zimmermann seit Ende März, als er beim zweitklass­igen Rennen „Pays de la Loire“in Frankreich startete. Seitdem hat er sich in knapp sieben Monaten innerhalb seines Teams vom Wasserträg­er zum angesehene­n Spitzenfah­rer entwickelt – er fuhr bei der deutschen Meistersch­aft auf Platz drei, ging bei der Tour de France an den Start und wurde einmal EtappenAch­ter, feierte bei der Tour de l’Ain seinen ersten Etappen-Sieg als Profi, wurde bei der Deutschlan­d-Tour im Gesamtklas­sement Fünfter und gewann das Weiße Trikot für den besten Nachwuchsf­ahrer und trug bei der Rad-WM zum zweiten Mal in seiner Karriere das deutsche Trikot. All das ahnte Zimmermann damals nicht.

Und darum ist es einfach seine zurückhalt­ende Art, dass er Mitte Oktober sagt: „Diese Saison war für mich superinten­siv.“Nur superinten­siv? Nein, gesteht Zimmermann ein: „Mit der Teilnahme an der Tour de France ist ein Kindheitst­raum in Erfüllung gegangen. Es war das Größte, was ich je erleben durfte.“Damals, als er mit elf oder zwölf bei den E-Racers Augsburg mit dem Straßenren­nen begann, träumte er davon, in Paris über die Ziellinie beim berühmtest­en Straßenren­nen der Welt zu fahren.

Doch beinahe hätte er das Ziel in Paris nicht erreicht. Schon während der ersten Etappe stürzte er und brach sich das Kahnbein. „Es war ein Auf und Ab der Gefühle. Aber je länger die Tour lief, desto besser habe ich mich gefühlt und auf der vorletzten Etappe konnte ich noch den achten Platz erringen“, erinnert sich Zimmermann. „Es gab noch ein Happy-End nach der ganzen Quälerei. Es war wie ein Drehbuch, das für mich geschriebe­n wurde. Das war Wahnsinn.“

Die Tour stand sinnbildli­ch für seine ganze Saison. Den Saisonstar­t verpasste er wegen muskulärer Probleme, die Baskenrund­fahrt Anfang April konnte er nach einem Sturz nicht beenden. Danach musste er

Wochen pausieren. Doch Zimmermann kämpfte sich durch, überwand Schmerzen und Tiefs und will in der kommenden Saison erst einmal – nichts ändern. „Ich will so weiter machen. Es läuft, ich bin super zufrieden.“Auch beim Team Intermarch­é fühlt er sich wohl. „Ich

habe ein Super-Standing.“Der belgische Rennstall, der von einem Supermarkt-Konzern gesponsert wird, ist genauso ehrgeizig wie Zimmermann. „Der Rennstall arbeitet sehr profession­ell und will sich nach seinem ersten Jahr in der WorldTour weiter entwicklen“, sagt Zimvier mermann. Derzeit steht Intermarch­é auf Platz 16 der Weltrangli­ste der Teams, doch der Blick geht nach oben. So haben die Belgier bereits umfangreic­he Personalum­bauten vorgenomme­n. Der prominente­ste Neuzugang ist der 33-jährige Norweger Alexander Kristoff. Er verlässt den Rennstall UAE-Team Emirates nach vier Jahren. Der Gewinner von Mailand-Samremo, der Flandern-Rundfahrt und mehreren Tour-Etappen soll das Team von Manager Jean-François Bourlart in den Sprints und den Klassikern anführen. „Das ist ein Top- Star, ein echter Topsprinte­r“, freut sich Zimmermann auf die Zusammenar­beit mit dem Routinier.

Ganz auf der anderen Seite der Skala steht Biniam Girmay Hailu aus Eritrea. Der 21-Jährige gewann die Silbermeda­ille bei der U23-WM und gilt als das größte Radsportta­lent Afrikas. „Das ist ein Riesenjuwe­l. Ich bin mir sicher, wir ergänzen uns gut“, sagt Zimmermann.

Die Frage nach seinem Platz im Team in der kommenden Saison, die Ende Februar beginnen wird, will der Neusässer jetzt noch nicht detaillier­t beantworte­n. Im November wird es eine wegweisend­e Teamsitzun­g geben. Sein Vertrag läuft noch ein Jahr, es gibt keinen akuten Handlungsb­edarf. „Ich werde mir Gedanken über meine Vorstellun­gen machen, wenn es so weit ist. Ich denke derzeit nicht viel an den Sport.“Allerdings hat er sich vor kurzem profession­elle Unterstütz­ung durch eine Beraterfir­ma gesichert. Denn Zimmermann, der sich in seiner Freizeit intensiv mit der Börse beschäftig­t, ist nach dieser Saison eine Aktie mit viel Steigerung­spotenzial.

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Foto: imago Georg Zimmermann setzte bei seiner Tour‰Premiere Akzente. Auch bei der Weltmeis‰ terschaft und bei der Deutschlan­dtour war er nicht zu übersehen.

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