Wie Tiergeburten im Zoo ablaufen
Nachwuchs
Ein Nashorn-Baby musste eingeschläfert werden. Laut den Verantwortlichen blieb keine andere Möglichkeit. Viele Geburten im Tierpark verlaufen normal, sind aber mitunter ungewöhnlich
Der neueste Eintrag unter der Rubrik „Tiergeburten“auf der Homepage des Augsburger Zoos stammt vom 15. September. An diesem Tag wurden zwei Baumstreifenhörnchen und eine Bartlett Dolchstichtaube geboren. Die Besucherinnen und Besucher haben davon nichts mitbekommen – so ist das oft. Wenn man alle Tierarten im Zoo zusammennimmt und Insekten und Fische mit einbezieht, werden im Zoo wöchentlich Dutzende Tiere geboren. Im Normalfall, sagt Zoodirektorin Barbara Jantschke, verlaufen solche Tiergeburten auch weitestgehend unspektakulär. Im Fall des Nashornjungen, das am vergangenen Donnerstag zur Welt kam und kurz darauf eingeschläfert werden musste, war das anders – und jüngst bei einem Alpaka auch.
Das Nashornbaby hatte vergangenen Donnerstagmorgen, wie berichtet, völlig unerwartet neben seiner Mutter Kibibi im Stall gelegen. Die Mitarbeiter des Zoos hatten die Schwangerschaft, die bei Breitmaulnashörnern rund 16 Monate dauert, nicht bemerkt. Bei den meisten Tierarten erkenne man frühzeitig, ob ein Weibchen trächtig ist. Weil Nashörner einen so dicken Panzer haben, könne man dies jedoch nicht sehen. Auch Kibibis Kotproben, die regelmäßig zur Schwangerschaftskontrolle eingeschickt worden waren, hatten nicht darauf hingedeutet, dass die Nashorndame trächtig ist.
2016 war die Geburt zweier Breitmaulnashörner in Augsburg anders verlaufen. Damals hatten in Augsburg gleich zwei Nashornweibchen Junge zur Welt gebracht. Während Chris ihr Junges Keeva annahm, verweigerte Kibibi ihrem Nachwuchs Kibo auch damals schon die Milch. Der kleine Nashornbulle, der schnell zum Star der Besucherinnen
und Besucher avancierte, fand Anschluss an seine Halbschwester Keeva und deren Mutter. Innerhalb kürzester Zeit eroberte er sich so auch seinen Platz in der Augsburger Nashorn-Herde. Im Falle des neuen Nashornbabys hätte dies laut Jantschke wohl nicht funktioniert. Nashörner, die in reiner Handzucht aufwachsen, würden niemals von
einer bestehenden Gruppe akzeptiert.
Doch wie sieht es mit anderen Geburten im Zoo aus? Völlig unkompliziert lief eine Geburt diesen August – dennoch war auch sie ungewöhnlich: Zwei Alpaka-Stuten brachten im Sommer Junge zur Welt, eine davon vor den Augen der Besucherinnen und Besucher.
Wer dabei war, hatte seltenes Glück, denn oft gebären Alpakas in der Nacht.
Schon einige Jahre zurück liegt die Geburt eines Zebrahengstes. Seine Mutter Henrietta brachte ihn im Januar 2018 zur Welt. Besonders war, dass die Stute mit 22 Jahren eigentlich schon zu den Großmüttern unter den Zebras zählte, ihre letzte Geburt lag zudem zehn Jahre zurück. Henrietta aber meisterte ihre Aufgabe als Mutter vorbildlich.
Schwierig sind Geburten auch bei Giraffen. Im Januar 2013 war Giraffenweibchen Lada tot in ihrem Stall gefunden worden. Sie war nachts unbemerkt gestorben, weil sie Probleme mit einer Geburt gehabt hatte. Lada war offensichtlich gestürzt und starb an Kreislaufversagen. Auch das Jungtier überlebte damals nicht. Inzwischen besteht die Augsburger Giraffengruppe nur noch aus Damen. Auf Giraffennachwuchs dürfen die Besucherinnen und Besucher nicht hoffen: Eine künstliche Befruchtung ist laut Jantschke nicht vorgesehen, da es problematisch sei, die Tiere in Narkose zu versetzen, da dies rund 70 Prozent der Tiere nicht überleben.
Noch einmal zum Nashornbaby. 48 Stunden lang hatten die ZooMitarbeiter versucht, das Jungtier zum Säugen zu bringen. Sie hatten auch überlegt, es aus dem Gehege zu nehmen. Allerdings könne eine solche Aktion für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefährlich sein. Dieses Risiko wollte man nicht eingehen. Jantschke betont, dass das Einschläfern schlussendlich die einzige Lösung gewesen sei, um das Nashorn vor einem Leben in totaler Isolation zu bewahren.
Das Zuchtprogramm der Nashörner im Augsburger Zoo soll laut Jantschke trotz dieses Rückschlags weitergeführt werden. Die Art, die im Augsburger Zoo gehalten wird – das südliche Breitmaulnashorn – ist in der freien Wildbahn beinahe ausgestorben und es sei demnach unumgänglich, gerade im Hinblick auf die Artenvielfalt, weitere Versuche zu unternehmen, Nashornnachwuchs im Augsburger Zoo zu bekommen.