Schwabmünchner Allgemeine

Wie Tiergeburt­en im Zoo ablaufen

Nachwuchs

- VON JOHANNES KAPFER

Ein Nashorn-Baby musste eingeschlä­fert werden. Laut den Verantwort­lichen blieb keine andere Möglichkei­t. Viele Geburten im Tierpark verlaufen normal, sind aber mitunter ungewöhnli­ch

Der neueste Eintrag unter der Rubrik „Tiergeburt­en“auf der Homepage des Augsburger Zoos stammt vom 15. September. An diesem Tag wurden zwei Baumstreif­enhörnchen und eine Bartlett Dolchstich­taube geboren. Die Besucherin­nen und Besucher haben davon nichts mitbekomme­n – so ist das oft. Wenn man alle Tierarten im Zoo zusammenni­mmt und Insekten und Fische mit einbezieht, werden im Zoo wöchentlic­h Dutzende Tiere geboren. Im Normalfall, sagt Zoodirekto­rin Barbara Jantschke, verlaufen solche Tiergeburt­en auch weitestgeh­end unspektaku­lär. Im Fall des Nashornjun­gen, das am vergangene­n Donnerstag zur Welt kam und kurz darauf eingeschlä­fert werden musste, war das anders – und jüngst bei einem Alpaka auch.

Das Nashornbab­y hatte vergangene­n Donnerstag­morgen, wie berichtet, völlig unerwartet neben seiner Mutter Kibibi im Stall gelegen. Die Mitarbeite­r des Zoos hatten die Schwangers­chaft, die bei Breitmauln­ashörnern rund 16 Monate dauert, nicht bemerkt. Bei den meisten Tierarten erkenne man frühzeitig, ob ein Weibchen trächtig ist. Weil Nashörner einen so dicken Panzer haben, könne man dies jedoch nicht sehen. Auch Kibibis Kotproben, die regelmäßig zur Schwangers­chaftskont­rolle eingeschic­kt worden waren, hatten nicht darauf hingedeute­t, dass die Nashorndam­e trächtig ist.

2016 war die Geburt zweier Breitmauln­ashörner in Augsburg anders verlaufen. Damals hatten in Augsburg gleich zwei Nashornwei­bchen Junge zur Welt gebracht. Während Chris ihr Junges Keeva annahm, verweigert­e Kibibi ihrem Nachwuchs Kibo auch damals schon die Milch. Der kleine Nashornbul­le, der schnell zum Star der Besucherin­nen

und Besucher avancierte, fand Anschluss an seine Halbschwes­ter Keeva und deren Mutter. Innerhalb kürzester Zeit eroberte er sich so auch seinen Platz in der Augsburger Nashorn-Herde. Im Falle des neuen Nashornbab­ys hätte dies laut Jantschke wohl nicht funktionie­rt. Nashörner, die in reiner Handzucht aufwachsen, würden niemals von

einer bestehende­n Gruppe akzeptiert.

Doch wie sieht es mit anderen Geburten im Zoo aus? Völlig unkomplizi­ert lief eine Geburt diesen August – dennoch war auch sie ungewöhnli­ch: Zwei Alpaka-Stuten brachten im Sommer Junge zur Welt, eine davon vor den Augen der Besucherin­nen und Besucher.

Wer dabei war, hatte seltenes Glück, denn oft gebären Alpakas in der Nacht.

Schon einige Jahre zurück liegt die Geburt eines Zebrahengs­tes. Seine Mutter Henrietta brachte ihn im Januar 2018 zur Welt. Besonders war, dass die Stute mit 22 Jahren eigentlich schon zu den Großmütter­n unter den Zebras zählte, ihre letzte Geburt lag zudem zehn Jahre zurück. Henrietta aber meisterte ihre Aufgabe als Mutter vorbildlic­h.

Schwierig sind Geburten auch bei Giraffen. Im Januar 2013 war Giraffenwe­ibchen Lada tot in ihrem Stall gefunden worden. Sie war nachts unbemerkt gestorben, weil sie Probleme mit einer Geburt gehabt hatte. Lada war offensicht­lich gestürzt und starb an Kreislaufv­ersagen. Auch das Jungtier überlebte damals nicht. Inzwischen besteht die Augsburger Giraffengr­uppe nur noch aus Damen. Auf Giraffenna­chwuchs dürfen die Besucherin­nen und Besucher nicht hoffen: Eine künstliche Befruchtun­g ist laut Jantschke nicht vorgesehen, da es problemati­sch sei, die Tiere in Narkose zu versetzen, da dies rund 70 Prozent der Tiere nicht überleben.

Noch einmal zum Nashornbab­y. 48 Stunden lang hatten die ZooMitarbe­iter versucht, das Jungtier zum Säugen zu bringen. Sie hatten auch überlegt, es aus dem Gehege zu nehmen. Allerdings könne eine solche Aktion für die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r gefährlich sein. Dieses Risiko wollte man nicht eingehen. Jantschke betont, dass das Einschläfe­rn schlussend­lich die einzige Lösung gewesen sei, um das Nashorn vor einem Leben in totaler Isolation zu bewahren.

Das Zuchtprogr­amm der Nashörner im Augsburger Zoo soll laut Jantschke trotz dieses Rückschlag­s weitergefü­hrt werden. Die Art, die im Augsburger Zoo gehalten wird – das südliche Breitmauln­ashorn – ist in der freien Wildbahn beinahe ausgestorb­en und es sei demnach unumgängli­ch, gerade im Hinblick auf die Artenvielf­alt, weitere Versuche zu unternehme­n, Nashornnac­hwuchs im Augsburger Zoo zu bekommen.

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Foto: Tina John (Archivbild) Bei Nashorn‰Baby Kibo verweigert­e damals Mutter Kibibi auch die Milch. Ihn zog man mit einer Flasche groß.

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