Schwabmünchner Allgemeine

Streit um Bobinger Altlasten jetzt vor dem Landgerich­t

Die Stadt hat Jahre nach einem Grundstück­sgeschäft eine Frau und ihre Söhne verklagt. Es geht um über 700.000 Euro.

- Von Maximilian Czysz

Müssen eine Frau und ihre beiden Söhne über 700.000 Euro für Altlasten auf Grundstück­en zahlen, die sie vor knapp elf Jahren an die Stadt Bobingen verkauft hatten? Darum geht es in einem Streitfall, der seit dieser Woche am Landgerich­t in Augsburg verhandelt wird. Die Stadt Bobingen hatte die Grundstück­sverkäufer verklagt.

Dreh- und Angelpunkt ist eine Klausel im Notarvertr­ag zum Verkauf der Grundstück­e. Geschlosse­n wurde er 2013. Ingrid Berché und ihr Bruder hatten den elterliche­n Hof für Pferde- und Ackerwirts­chaft und Grundstück­e am Stadtrand und neben dem bereits entstanden­en Baugebiet Point IV geerbt. Sie wollten verkaufen. Deshalb klopfte Ingrid Berché bei der

Stadt an und bat um ein Angebot. Das lag zunächst bei 140.000 Euro für die Grundstück­e mit einer Fläche von rund 16.000 Quadratmet­er.

Nachdem sich ihre beiden Söhne eingeschal­tet hatten, stieg das Angebot um mehr als das Doppelte: Für 340.000 Euro wurde der Grundstück­seigenbetr­ieb der Stadt neuer Eigentümer. Im ersten Vertragsen­twurf hieß es, dass die Verkäufer drei Jahre lang haften müssen, wenn im Boden Verunreini­gungen entdeckt werden. Diese Klausel wurde dann offenbar für den zweiten Entwurf abgeändert: Statt drei waren es nunmehr 30 Jahre.

Vor der Vertragsun­terzeichnu­ng beim Notar sei die Bedeutung der Klausel nicht besprochen worden, sagte die Verkäuferi­n vor Gericht. Auch der Notar hätte darüber nicht aufgeklärt. Über die

Änderung habe sie sich dann auch keine Gedanken gemacht. Schließlic­h sei sie davon ausgegange­n, dass im Gelände keine Altlasten stecken. Als sie auf dem Hof aufgewachs­en war, wurde ein immer wieder kontrollie­rter Brunnen auf dem Grundstück genutzt, bei dem es nie Verunreini­gungen gegeben habe. Auch ihre beiden Söhne – sie waren wie die „Jungfrau zum Kinde“zu der Erbengemei­nschaft gekommen – hatten sich keine Gedanken gemacht. Sie seien nur froh gewesen, dass „das Thema durch ist“. Die Anwälte der Stadt legte in der Verhandlun­g eine Mail des früheren Stadtkämme­rers an den Notar vor. Darin heißt es, dass man mit den Verkäufern so verblieben sei, dass sie im Nachhinein festgestel­lte Bodenverun­reinigunge­n beseitigen oder für die Kosten aufkommen müssten.

Der frühere Stadtkämme­rer und der damalige Bürgermeis­ter sollen nun angehört werden. Die Söhne von Ingrid Berché könnten sich eine gütliche Lösung des Rechtsstre­its durch eine Zahlung im Bereich von 100.000 Euro vorstellen. Dies sei aber kein Eingeständ­nis, sagte ihr Rechtsanwa­lt Jochen

Müller. Ein Entgegenko­mmen seiner Mandantin sei wirtschaft­lich nicht möglich, sagte Anwalt Detlef Seif. Sollte sie am Landgerich­t zur Zahlung der Sanierungs­kosten verurteilt werden, dann würde sie in den wirtschaft­lichen Ruin getrieben, sagte er bereits vor der Verhandlun­g. Sie müsste Privatinso­lvenz anmelden.

Vielleicht wären ihre wirtschaft­lichen Verhältnis­se anders, wenn sie 2013 einen anderen Preis für die Grundstück­e verlangt hätte, so Seif. Doch sie wusste angeblich nicht von den Plänen der Stadt, dass aus den landwirtsc­haftlichen Flächen einmal Bauland werden sollte. Rechtsanwa­lt Seif geht davon aus, dass die Stadt für die jetzt zu einem Baugebiet entwickelt­en Flächen seiner Mandantin Kaufpreise in Höhe von rund 3,8 Millionen Euro aufrufen werde.

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Elmar Knöchel Foto: Bei dem Streit um das Grundstück geht es um über 700.000 Euro.

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