Geschichten aus sechs Jahrzehnten FußballOberhaus
Dorfkicker
Eine beliebte Fußball-Quiz-Frage: Wie ist der Name der größten Stadt, die noch nie in der Bundesliga gespielt hat? Die Antwort: Bonn. Kein Verein aus der ehemaligen Bundeshauptstadt mit aktuell gut 330.000 Einwohnern hat je im Oberhaus gespielt. Für den Bonner SC hat es in den 1970er Jahren lediglich zu einem kurzen Aufenthalt in der Nordstaffel der 2. Bundesliga gereicht.
Und auf der anderen Seite? Was war wohl der kleinste Standort der Bundesligageschichte? Nun, es war ein Münchener Vorort, der sich nicht „Stadt“nennen, nicht einmal die Bezeichnung „Markt“führen darf. In der von 25.000 Menschen bewohnten Gemeinde Unterhaching, genauer gesagt im Sportpark, wurde von 1999 an zwei Spielzeiten lang erstklassig gekickt. Vor allem in der Premierensaison machte die SpVgg von sich reden, als sie am letzten Spieltag mit 2:0 gegen Leverkusen gewann und Bayer so die Meisterschaft vermieste. Übersichtlich geht es auch bei der TSG Hoffenheim zu. Das namensgebende Dorf kommt zwar lediglich auf 3300 Einwohner, gehört aber zur rund 36.000 Menschen zählenden Stadt Sinsheim. Der dritte Platz auf dem Podest gehört übrigens dem saarländischen Homburg mit rund 42.000 Einwohnern. Der dort ansässige FC 08 war in den 1980er Jahren insgesamt drei Jahre erstklassig.
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Baden ist ja ein recht eigenartiges Gebilde. Vom Bodensee zieht es sich im Südwesten der Republik als schmaler Streifen an der Schweiz entlang bis Lörrach, folgt dann Richtung Norden dem Rhein und der deutsch-französischen Grenze, vorbei an Freiburg, Baden-Baden und Karlsruhe und macht dann bei Heidelberg und Mannheim noch einen kleinen Schwung Richtung Nordosten – dort passiert man auch das Städtchen Sinsheim. Im dortigen Ortsteil Hoffenheim hat sich vor etlichen Jahren dank der finanzkräftigen Unterstützung von SAP-Gründer Dietmar Hopp ein veritables Fußballmärchen ereignet. Die heimische TSG kletterte aus den Tiefen des Amateurfußballs erst bis in die Regionalliga und machte sich nach einigen Jahren der Etablierung an den Durchmarsch in die Bundesliga, wo sie 2008 ankam und seitdem auch nicht mehr gehen will. Das führt unter anderem dazu, dass das aktuelle Baden-Derby im Oberhaus zwischen dem SC Freiburg und der Hoffenheimer TSG ausgetragen wird. Der Abstand zwischen den beiden Sportstätten ist allerdings kein geringer: Die Hoffenheimer Profis müssen fast 200 Kilometer zurücklegen, um am Samstag ins Freiburger Europa-Park-Stadion zu gelangen.
Näher befinden sich die beiden ungleichen Vereine da momentan schon in der Tabelle: Auf Rang 7 liegt mit 25 erspielten Punkten die Mannschaft aus Deutschlands südlichster Großstadt, einen Platz dahinter folgen die TSGler, die einen Zähler weniger auf dem Konto haben. Das sah in der Endabrechnung der vergangenen Saison noch deutlich anders aus: Die Freiburger qualifizierten sich mit einer starken Runde und Platz 5 in der Bundesliga für einen Startplatz in der Europa League, wo sie auch überwintern. Mitte Februar stehen die Play-offs gegen den RC Lens mit dem ehemaligen FCA-Innenverteidiger Kevin Danso an. Für Hoffenheim reichte es in der abgelaufenen Spielzeit nur zum 12. Platz – viel zu wenig für die Ambitionen, die im Kraichgau gehegt werden.
Am vergangenen Wochenende lief der finale Spieltag der Hinrunde für beide Mannschaften nur so halb zufriedenstellend: Die Freiburger hätten sich im Heimspiel gegen die abstiegsbedrohten Unioner aus Berlin sicherlich mehr vorgestellt als nur ein torloses Unentschieden. Nach 90 gespielten Minuten musste man zusammenfassen: Die deutlich besseren Chancen hatten die Gastgeber, Union fand offensiv fast gar nicht statt und konnte mit dem erkämpften Punkt hoch zufrieden in die Hauptstadt zurückfahren.
In München mussten dagegen die Hoffenheimer ran, zeigten gegen den Rekordmeister zwar eine couragierte Leistung, unterlagen am Ende aber dann doch recht deutlich mit 0:3. Die Elf von TSG-Trainer Pellegrino Matarazzo, der übrigens aus seinen bisher sieben Duellen gegen den SC noch keinen einzigen Punkt holen konnte, hätte guten Grund, sich auch in Südbaden als guter Gast zu zeigen, schließlich begeht der Verein aus Freiburg ein Jubiläum: Am Samstag findet die 800. Bundesligapartie und das 400. Heimspiel seit dem erstmaligen Aufstieg ins Oberhaus 1993 statt.