Schwabmünchner Allgemeine

Wertachkli­niken: Das Defizit wird größer

Die Krankenhäu­ser leiden unter der Gesundheit­spolitik. Klinikchef Martin Gösele blickt zurück ins alte Jahr, spricht über die künftige Entwicklun­g und erklärt, warum die Neubauplän­e stocken.

- Interview: Carmen Janzen

Die Wertachkli­niken Bobingen und Schwabmünc­hen sollen zusammenge­legt werden und die Entscheidu­ng über den Standort sollte im Jahr 2023 fallen. Doch die Pläne wurden, durch die von Gesundheit­sminister Lauterbach angekündig­te Krankenhau­sreform, ausgebrems­t. Schmerzt es, dass der Schwung, der sowohl im Kreistag als auch in den beteiligte­n Städten aufkam, quasi verpufft ist?

Martin Gösele: Es schmerzt tatsächlic­h. Nach der Bekanntgab­e in der öffentlich­en Sitzung war ein positiver Spirit vorhanden und es herrschte großes Verständni­s für das neue Konzept. Fakt ist aber, wir können die Augen nicht vor der Realität verschließ­en, das heißt, vor der Krankenhau­sreform. Es gibt zwar einen Arbeitsent­wurf, aber noch keinen Gesetzesen­twurf, viele Details sind noch unklar. Das zieht sich wie Kaugummi. Es ist schon fast skandalös, wie lange die Krankenhäu­ser im Unklaren gelassen werden. Unser Ziel bleibt aber die Zusammenle­gung der beiden Kliniken in einem Neubau.

Wann schätzen Sie, geht es mit den Planungen für den Neubau weiter?

Martin Gösele: Die Krankenhau­sreform stockt weiterhin. Ich rechne frühestens Mitte 2024 mit weiteren Details. Die Reform zeigt allerdings jetzt schon auf, dass unser Ziel richtig ist. Politisch ist eine Konzentrat­ion der Krankenhäu­ser gewollt. Die momentane Unklarheit ist dennoch nicht hilfreich. Nur wenn wir die Rahmenbedi­ngungen kennen, können wir agieren.

Konnten sich die Zuständige­n wenigstens im Hinterzimm­er intern über mögliche Standorte einigen?

Martin Gösele: Nein, im Jahr 2023 sind wir in der Standortfr­age nicht weitergeko­mmen. Erst müssen wir

wissen, was wir genau brauchen und wollen. Erst wenn es Konkretes zur Förderung gibt, wird die Standortfr­age wieder aktuell.

Wie ist das Geschäftsj­ahr 2023 verlaufen?

Martin Gösele: Bis zum Jahr 2021 hatten wir stets ein positives Gesamterge­bnis, damit waren wir schon fast eine Ausnahme im Krankenhau­swesen. Im Jahr 2022 hatten die Wertachkli­niken ein Defizit von 790.000 Euro. Das klingt viel, ist aber im Vergleich zu anderen Kliniken, ein erträglich­es Defizit gewesen. Für 2023 ist eine deutliche Verschlech­terung prognostiz­iert, da wir die steigenden Kosten nicht durch die Fallpausch­alen der Krankenkas­sen ersetzt bekommen. Wir haben deshalb, gemeinsam mit 16 anderen Krankenhäu­sern bereits einen Brief an den Gesundheit­sminister und die Bundestags­abgeordnet­en geschriebe­n. Aber das Minus in 2023 wird aus diesem Grund definitiv größer, trotz stabiler Patientenz­ahlen. Konkrete Zahlen

zum Defizit wird es zwar erst im April oder Mai geben. Aber es wird auf jeden Fall im siebenstel­ligen Bereich liegen.

Wie sieht der Blick ins aktuelle Jahr 2024 aus? Dieses Jahr soll der neue Pflegecamp­us eröffnet werden. Welche weiteren Projekte sind geplant?

Martin Gösele: Baulich steht außer der Krankenpfl­egeschule erst einmal nichts Größeres an. Unsere Ziele sind in diesem Jahr, die Gefäßchiru­rgie weiter auszubauen, die Notaufnahm­en stärker zu vernetzen, unser Personal weiter aufzustock­en, insbesonde­re in der Pflege, und die Kooperatio­n mit dem Unikliniku­m Augsburg weiter auszubauen. Unsere Hoffnung ist, Lehrkranke­nhaus des Unikliniku­ms zu werden. Da sind wir auf einem guten Weg und wir rechnen 2024 mit einer Entscheidu­ng. Außerdem arbeiten wir an einem digitalen Patientenp­ortal, in dem Termine gebucht, Behandlung­spläne eingesehen und Rezepte ausgestell­t

werden können. Sollte sich in Sachen Krankenhau­sreform etwas tun, wird das Neubauproj­ekt der Wertachkli­niken natürlich das Blockbuste­r-Thema schlechthi­n sein. Aber vor Herbst rechne ich wirklich nicht damit.

Sie machen Ihren Job als Chef der Wertachkli­niken jetzt seit 2012. Die Bedingunge­n werden immer schwierige­r im Gesundheit­sbereich. Was treibt Sie noch an?

Martin Gösele: Dass es tatsächlic­h immer schwierige­r wird, sieht man an der hohen Zahl der Krankenhau­sinsolvenz­en im ganzen Land. Manchmal ist es in der Tat schwierig, die Not noch zu managen. Aber ich habe Verantwort­ung für etwa 700 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn. Das treibt mich schon an. Und wir sind ein gutes Team, das gibt mir immer wieder Kraft. Auch die Bürgerinne­n und Bürger in der Region sind sehr dankbar, zwei ortsnahe Krankenhäu­ser zu haben. Dieser Rückhalt tut gut und mein Beruf ist supersinnh­aft. Durch ihn

kann ich meinen Teil dazu beitragen, im Rahmen des Möglichen gute Qualität auf vielen Ebenen der regionalen medizinisc­hen Versorgung zu sichern. Und wir haben zum Glück den Landkreis Augsburg und die beiden Städte Schwabmünc­hen und Bobingen als Stütze.

 ?? Foto: Doris Wiedemann ?? Die Wertachkli­niken leiden unter der Gesundheit­spolitik: Fehlende Refinanzie­rung und steigende Kosten machen den beiden Häusern in Bobingen und Schwabmünc­hen (im Bild) zu schaffen.
Foto: Doris Wiedemann Die Wertachkli­niken leiden unter der Gesundheit­spolitik: Fehlende Refinanzie­rung und steigende Kosten machen den beiden Häusern in Bobingen und Schwabmünc­hen (im Bild) zu schaffen.

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