Demenz wird auch in Bobingen ein Problem
Die Zahl der Erkrankungen werde in Zukunft weiter steigen, fürchten Experten. In Bobingen wird eine „Lokale Allianz“gegründet. Das Projekt wird aus Bundesmitteln bezuschusst und soll erst einmal drei Jahre laufen.
„Die Zunahme von Demenzerkrankungen ist ein Thema, das in die Öffentlichkeit gehört“, sagt Jürgen Reichert, Vorsitzender des Vereins Sozialstation Bobingen. Ein Grund dafür sei die steigende Lebenserwartung der Menschen. Klar: Mit zunehmendem Alter würden auch die altersbedingten Krankheitsbilder zunehmen.
Dazu gehört auch das Krankheitsbild der Demenz. Eine Studie des Landratsamtes Augsburg von 2018 ergab eine Zahl von 256 Menschen aus Bobingen, die an Demenz leiden. Bis zum Jahr 2038, so die Prognose, werde die Zahl auf rund 400 erkrankte Bobingerinnen und Bobinger steigen. Die Sozialstation betreut im Moment rund 150 Pflegebedürftige. Darunter etwa 35 Demenzpatienten, sagt Regina Weinkamm, Leiterin der Bobinger Sozialstation.
Für Betroffene und deren Angehörige sei eine Demenzdiagnose zunächst einmal ein Schock, erklärt Weinkamm. Das sei verständlich, da sich die Lebensumstände von Erkrankten und der Familie dadurch verändern können. Allerdings sei Demenz nicht gleich Demenz. Es gebe eine Vielzahl von Symptomen und Ausprägungen. Dazu komme immer auch, dass sich die Krankheit oft schleichend entwickelt. Während in mittleren und späten Stadien der Krankheit meist Pflegebedürftigkeit entstehe, sei gerade während der Anfangsund Frühphasen für die Betroffenen noch über einen längeren Zeitraum eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben möglich. Diese Teilhabe könne den Verlauf der Erkrankung sogar hinauszögern. Daher kämen Prävention und Aufklärung große Bedeutung zu, so Weinkamm. Doch es gebe viele Vorurteile und Berührungsängste. „Daher braucht es viel Aufklärungsarbeit, um Angehörigen und auch Freunden und Bekannten die Berührungsängste zu nehmen. Gleichzeitig muss es Aufklärung
über die Auswirkungen der Krankheit und dem Umgang mit den Betroffenen geben“, sagt Regina Weinkamm.
An dieser Stelle will die Lokale Allianz für Demenz in Bobingen ansetzen. Eine Förderzusage des Bundesfamilienministeriums macht es möglich, das Projekt umzusetzen. Projektleiter ist Philipp von Mirbach. Der 62-jährige Augsburger arbeitet als Sozialbetreuer und Büroleiter in zwei Einrichtungen für betreutes Wohnen in Augsburg. Durch spezielle Weiterbildungen
hat er sich ein fundiertes Wissen rund um das Thema Demenz angeeignet. Seit zwei Jahren ist er als Schulungsleiter für die Sozialstation Bobingen tätig. Dabei stehen Schulungen für die Angehörigen von Demenzerkrankten im Vordergrund.
Ziel des Projektes ist, ein Netzwerk zu schaffen, das rund um das Thema Demenz Hilfestellungen bietet. In einem ersten Schritt sollen in Bobingen die verschiedenen Akteure zusammengebracht werden, die in einem solchen Netzwerk eine Rolle spielen. Zu einem ersten Treffen am 19. Februar in der Sozialstation sollen die Mitarbeitenden von Arztpraxen, des Seniorenbeirates, der Sportvereine und noch einige andere Vertreterinnen
und Vertreter des sozialen Lebens der Stadt eingeladen werden, um sich auszutauschen und Möglichkeiten zu finden, wie Betroffene zielgerichtet unterstützt werden können.
In einem zweiten Schritt soll es dann eine Einladung für erkrankte Menschen und deren Angehörige geben. Dabei soll eine Möglichkeit geschaffen werden, sich zu begegnen und Kontakt zu anderen Betroffenen zu finden. „Oft ist es schon ein Geschenk, wenn man untereinander ins Gespräch kommt und seine Sorgen und Nöte mit Menschen teilen kann, die ein ähnliches Schicksal haben“, verdeutlicht Philipp von Mirbach. Später seien Schulungen für pflegende Angehörige und eventuell
auch für Mitarbeitende von Arztpraxen und Apotheken geplant. Auch über Möglichkeiten zur Unterstützung von Angehörigen beim Weg durch den Dschungel der Bürokratie rund um die Pflege wird nachgedacht. Bereits jetzt, so Philipp von Mirbach, seien Angehörige von Demenzpatienten aufgerufen, sich bei ihm zu melden. „Ich will wissen, was fehlt, wo es bei der Versorgung und Unterstützung Probleme gibt, was schon gut läuft und was man besser machen könnte, so der Projektleiter.“
Ein Netzwerk soll Hilfestellung für Betroffene bieten.