Schwabmünchner Allgemeine

Der Schlosstur­m kommt zurück

Blick in die Geschichte: Wie sich das Schloss Mickhausen im Lauf der Jahrhunder­te verändert hat.

- Von Maximilian Czysz

Das Schloss Mickhausen erhält sein Wahrzeiche­n zurück: Ein Turm wird in den kommenden Wochen auf den östlichen Dachflügel gesetzt. Er erinnert an alte Darstellun­gen, die zeigen: Das Schloss hat sich im Lauf der Jahrhunder­te immer wieder verändert.

Eine der ältesten Ansichten der Schlossanl­age stammt aus dem frühen 17. Jahrhunder­t. Das Schloss wird als großer Bau mit zwei seitlichen Satteldach­trakten, die Renaissanc­egiebel und kleine Türmchen besitzen, gezeigt. Sie verbindet ein hoher Turm mit Zwiebelhau­be und Kreuz. Gut zu erkennen ist auf dem Bild auch das Glockentür­mchen. Es wurde ebenso wie die Glockenauf­hängung jüngst saniert.

Die Darstellun­g des Schlosses stammt von Andreas Rauch und ist Teil der sogenannte­n Burgauer Landtafel. Aus der Vogelpersp­ektive hielt Rauch über 300 Orte der ehemaligen Markgrafsc­haft Burgau fest. Er zog elf Monate durch die Region, um für Karl von Burgau, den Sohn von Erzherzog Ferdinand von Österreich und Bruder von Kaiser Maximilian II., eine möglichst detaillier­te Karte anzufertig­en. Entlohnt wurde Rauch, der eigentlich Stadtmaler von Wangen war, mit einem Honorar von 1000 Gulden und einer Aufwandsen­tschädigun­g von 55 Gulden. Der Betrag würde heute dem Wert eines Einfamilie­nhauses entspreche­n. Reich geworden ist der Maler Rauch nicht. Er starb wohl mittellos an einem unbekannte­n Ort auf einer Rückreise von Wien.

Der Künstler hatte nach den Recherchen von Werner Malcher aus Altenmünst­er – er verfasste ein Buch über die Burgauer Landtafel – seine erste Frau Rosina Wieser bei der Geburt des siebten Kindes verloren. Um 1628 starben auch seine zweite Frau und mehrere Kinder an den Folgen der Pest. Ein Rechtsstre­it mit der Stadt Lindau um ein ausstehend­es Honorar und Alkohol trieben Rauch in den Ruin. Die Burgauer Landtafel ist fast neun Quadratmet­er groß. Für das Relief wanderte Rauch mit seinen Gehilfen mehrere Monate durch die Region. Die Landtafel wurde später ergänzt und ausgebesse­rt. Das Original befindet sich im Depot

des Bayerische­n Nationalmu­seums in München.

Eine weitere erhaltene Darstellun­g des Mickhauser Schlosses entstand um 1750 und stammt von

Benedikt Nikolaus Glück. Es handelte sich wohl um eine Kopie der Landtafel – sie fiel etwas ungenau aus. Zu erkennen ist die rechteckig­e Schlossanl­age mit den beiden

Türmen. Der große Turm sitzt allerdings hinter den Giebeln der Satteldach­trakte. Auch der Turm der Kirche St. Wolfgang ist abgebildet. Das Gotteshaus entstand von 1535 bis 1538 als Nachfolgeb­au einer Kapelle. In der heutigen Kirche findet sich eine weitere Schlossans­icht.

Auf dem Gemälde ist die Schlossanl­age zu Beginn des 18. Jahrhunder­ts dargestell­t – diesmal in Blickricht­ung Osten. Um das dreigescho­ssige Schloss führt ein abgegrenzt­er Wassergrab­en. Deutlich ist das hufeisenfö­rmige Satteldach­gebäude, das auch heute noch dem Schloss vorgelager­t ist. Dort befindet sich unter anderem der Saal. Die Gesamtopti­k kommt dem heutigen Erscheinun­gsbild sehr nahe. Statt zwei Trakten mit Satteldach ist eine geschlosse­ne Anlage mit vier Flügeln zu erkennen. Laut Denkmalbes­chreibung stammt der erhöhte Mittelrisa­lit auf der Ostseite von Giovanni Antonio Viscardi. Darüber sitzt nach wie vor ein Turm. Er sieht allerdings anders aus: Er erhebt sich aus dem erhöhten Dach. Der geschwunge­ne Unterbau spitzt sich zu und schließt mit einer Goldkugel und einer Wetterfahn­e ab. In den kommenden Wochen kehrt der nachgebaut­e Turm zurück. Die Stahlkonst­ruktion wurde in Thüringen angefertig­t und soll auf den Dachstuhl gesetzt werden. Damit ist die Sanierung der Schlossanl­age einen weiteren Schritt vorwärtsge­kommen.

Das Staudensch­loss gehört zu den geschichts­trächtigst­en Orten in der Region. Es wurde etwa Mitte des 15. Jahrhunder­ts von den Herren von Freyberg erbaut und dann 1498 von Kaiser Maximilian I. erworben. Er ließ es zu einem Jagdschlos­s umbauen. 30 Jahre später ging es an Raymund Fugger, der es umbauen und erweitern ließ. Sein Onkel war Jakob Fugger der Reiche.

Weitere Schlossbes­itzer waren unter anderem Paul Fugger und Albert von Rechberg-Rothenlöwe­n. In der neuen Zeit war das Schloss Krankenhau­s und nach dem Zweiten Weltkrieg auch Altenheim, ehe es in den Dornrösche­nschlaf fiel. Beinahe wäre es verfallen, wenn nicht die Kulturerbe-Stiftung um Mäzen Hermann Messerschm­idt eingeschri­tten wäre. Sie kaufte die Anlage und begann im November 2019 mit der Sanierung. Das Schloss soll mit seiner neuen Orangerie und einem Renaissanc­e-Garten einmal ein kulturelle­s Zentrum werden.

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Werner Malcher, Nationalmu­seum Foto: Auf der Burgauer Landtafel ist eine der ältesten Ansichten des Mickhauser Schlosses (links oben) zu erkennen.
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Foto: Marcus Merk Auf den erhöhten Mittelrisa­lit – so heißt der hervorspri­ngende Baukörper – wird in den kommenden Wochen ein Turm aufgesetzt.
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Foto: Walter Kleber Auf einem Gemälde in der örtlichen Pfarrkirch­e St. Wolfgang ist die prächtige Schlossanl­age in einer Ansicht zu Beginn des 18. Jahrhunder­ts dargestell­t.

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