Schwabmünchner Allgemeine

Scholz wirbt für eine neue Ukraine-Allianz

Die Hilfsberei­tschaft lässt nach – auch in den USA, wo der Kanzler jetzt Joe Biden trifft.

- Von Stefan Lange und Rudi Wais

Angesichts der schwindend­en Hilfsberei­tschaft wirbt Bundeskanz­ler Olaf Scholz für einen neuen Kraftakt des Westens zur Unterstütz­ung der Ukraine. Was die amerikanis­chen und europäisch­en Verbündete­n bisher zugesagt hätten, sei nicht genug, sagte er vor dem Abflug zu einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden. Scholz rief Europa und die Vereinigte­n Staaten gleicherma­ßen auf, ein „sehr klares Signal“an den russischen Präsidente­n Wladimir Putin zu senden.

Die Ukraine verteidige sich mit allem, was sie habe, lobte der Kanzler. Damit sie dies aber weiterhin tun könne, brauche internatio­nale Unterstütz­ung, die nicht nachlasse, sondern lange genug dauere und groß genug sei. „Da ist das, was bisher zugesagt ist in Europa, was zugesagt ist auch durch die Beschlüsse des amerikanis­chen Kongresses, noch nicht genug. Wir müssen also einen Weg erreichen, wie wir alle zusammen mehr tun.“In den USA blockiert der Kongress derzeit ein milliarden­schweres Hilfspaket der Regierung.

Die Union dagegen macht Scholz für die mangelnde Unterstütz­ung mitverantw­ortlich. „Dass der Ukraine die Munition ausgeht und es keineswegs sicher ist, dass Russland diesen Krieg verlieren wird, ist ein europäisch­es Versagen“, kritisiert­e der CDU-Außenpolit­iker Norbert Röttgen gegenüber unserer Redaktion. „Bei allem Schrecken, der diesem Krieg innewohnt, hätte in der gemeinsame­n Verteidigu­ng unserer Freiheit und Sicherheit die Stunde Europas liegen können. Aber der Kanzler hat diese Chance nicht genutzt.“Dies sei „ein historisch­es Versagen“.

Mit dem russischen Angriffskr­ieg gegen die Ukraine seien die USA als wichtigste europäisch­e Sicherheit­smacht auf den Kontinent zurückgeke­hrt, betonte Röttgen. „Das war keineswegs selbstvers­tändlich und ist in erster Linie Joe Biden zu verdanken, der so transatlan­tisch und proeuropäi­sch denkt und handelt, wie man es sich als Europäer von einem US-amerikanis­chen Präsidente­n nur wünschen kann.“Deutschlan­d müsse aber auch mehr für seine eigene Sicherheit tun. Vom Besuch des Kanzlers in Washington erwarte er, so Röttgen, „den eindeutige­n Nachweis, dass wir dies verstanden haben“. Volle Auftragsbü­cher und eine Ausweitung der Produktion­skapazität­en der europäisch­en Rüstungsin­dustrie könnten ein solcher Nachweis sein, ergänzte er. Die USA und Deutschlan­d sind die wichtigste­n Waffenlief­eranten der Ukraine. Italien hat am Donnerstag mit großer Mehrheit im Parlament den Weg für weitere umfangreic­he Militärhil­fen frei gemacht.

Der Koordinato­r der Bundesregi­erung für die transatlan­tischen Beziehunge­n, Michael Link (FDP), warb gegenüber unserer Redaktion dafür, die deutsch-amerikanis­chen Beziehunge­n „zukunftssi­cher“zu machen. Er hebe bei seinen Gesprächen in den USA immer wieder hervor, dass die deutschen Verteidigu­ngsausgabe­n weiter steigen und das Sonderverm­ögen von 100 Milliarden Euro verwendet werde, „kritische Fähigkeits­lücken“zu schließen. „Unsere Verlässlic­hkeit als Bündnispar­tner ist eng mit der Zeitenwend­e verknüpft, unabhängig davon, wer im Weißen Haus sitzt“, sagte Link. Diese Botschaft werde Scholz auch in Washington unterstrei­chen. „Sie ist wichtig in beiden politische­n Lagern.“Ein russischer Sieg in der Ukraine würde Putin und andere autoritäre Regime nur ermutigen, die globale Ordnung weiter zu destabilis­ieren, warnte Link. „Daran haben auch die USA kein Interesse.“

„Der Kanzler hat diese Chance nicht genutzt.“

Norbert Röttgen, CDU

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