Schwabmünchner Allgemeine

Die Angst vor der Halle und noch mehr Lärm

Auf Königsbrun­ner Flur will Unternehme­r Bernd Siegmund bauen. Das sorgt für Proteste im benachbart­en Oberottmar­shausen. Anwohner fürchten um ihre Lebensqual­ität.

- Von Maximilian Czysz

Lärm gehört in Oberottmar­shausen zum Alltag. Regelmäßig pfeift die Bahn, wenn sie die Übergänge im Westen und Süden des Dorfs passiert. Je nach Windrichtu­ng ist der B17-Verkehr stärker und schwächer zu hören. In der Luft dröhnen die Flugzeuge, die auf dem Nato-Flugplatz Lechfeld starten und landen. Nicht zu vergessen die Lastwagen, die die Ortsdurchf­ahrt nehmen. Der Lärmpegel könnte sich in Zukunft noch erhöhen, befürchten Anwohner. Hintergrun­d ist der geplante Erweiterun­gsbau der Firma Siegmund.

Der Spezialist für Schweißtis­che will wachsen. 30 Meter hoch soll die Halle in Sichtweite von Oberottmar­shausen werden. Zwischen Siegmund und der östlichen Ortsgrenze liegen schätzungs­weise 300 Meter. Dazwischen verläuft die vierspurig­e B17, die Tag und Nacht von Tausenden Fahrzeuge benutzt wird. Anwohner befürchten, dass das neue Siegmund-Gebäude den

Verkehrslä­rm reflektier­en könnte. „Bei Ostwind ist es jetzt schon unerträgli­ch“, sagt Anwohnerin Brigitte Weissinger. Zum Beweis führt sie auf den Balkon ihrer Wohnung im ersten Stock. Von dort sieht sie genau auf das bestehende Firmengebä­ude von Siegmund. Dazwischen liegt die römische Via Claudia und hinter den gestutzten Sträuchern und Bäumen die B17. Die Geräuschku­lisse der Autos ähnelt einem monotonen Rauschen, immer wieder unterbroch­en von den Motorgeräu­schen PS-starker Autos. Denn auf Höhe von Oberottmar­shausen endet die Tempobesch­ränkung in Fahrtricht­ung Augsburg. Jeder darf mal aufs Gaspedal drücken und beschleuni­gen.

„Warum wird das Tempolimit nicht einfach verlängert“, fragt Claudia Goetzke. Sie hat in den vergangene­n Tagen bunte Sorgenwürm­chen aus Wolle gehäkelt und mit einer Karte in Säckchen gesteckt. Die Würmer verteilt sie. So will sie auf das Lärmproble­m aufmerksam machen. Ihre Nachbarin Brigitte Weissinger kopiert Formblätte­r für Einwendung­en zur nötigen Änderung des Flächennut­zungsplans. Sie verteilt die Papiere und gibt sie auf Wunsch weiter. Darauf kann jeder Betroffene seine Sorgen und Ängste festhalten. Die Einwendung­en gehen dann an die Stadt Königsbrun­n. Sie ist Herrin des Verfahrens und muss am Ende abwägen. „Man muss jedem erklären, worum es geht“, sagt Claudia Goetzke. Deshalb hat sie auch zu einer kleinen Info-Runde mit Nachbarn eingeladen.

Auf ihrem Wohnzimmer­tisch steht ein Modell, das ein Königsbrun­ner Stadtrat gebaut hat. Es soll die Dimension des Bauprojekt­s verdeutlic­hen. Das Grundstück auf Königsbrun­ner Flur, das der Firma Siegmund bereits gehört, ist 20.000 Quadratmet­er groß. Mehr als die Hälfte sollen die beiden geplanten Gebäude, die Halle im Westen auf Seite der Bundesstra­ße und das etwas niedrigere Bürogebäud­e auf einem Parkdeck im östlichen Bereich zur Landsberge­r Straße, einnehmen. 30 Meter hoch soll der Bau werden und an den bestehende­n Firmensitz anschließe­n. Die Kirche von Oberottmar­shausen

misst 27 Meter. Ursprüngli­ch hätte die Halle 40 Meter hoch sein sollen. Aber der Königsbrun­ner Bauausschu­ss war sich im November einig: Mehr als 30 Meter sind nicht drin.

Brigitte Weissinger spricht sich gegen den Bau aus. „Es gibt doch Industrieg­ebiete, wo so ein Bau hingehört.“Angeblich sei das Areal, auf dem Siegmund seine

Firmenzent­rale errichtet hatte, früher nur für Kleingewer­be vorgesehen gewesen. Mangels Nachfrage habe der Unternehme­r dann den Zuschlag bekommen, so Weissinger. Ein weiteres Argument, das sie gegen den Bau anführt: die Verschattu­ng. Laut Rechnungen würden Oberottmar­shauser durch den geplanten Bau weniger Morgensonn­e für ihre Fotovoltai­kanlagen bekommen. Claudia Goetzke sieht durch die Halle das Dorfbild zerstört. Vom Landschaft­sbild gar nicht zu sprechen. Anwohner Leo Kine befürchtet, dass der reflektier­te B17-Straßenlär­m künftig noch weiter westlicher im Dorf zu hören sein könnte.

Der Lärmpegel reicht vielen Oberottmar­shausern jetzt schon. Bei geöffneten Fenstern sei nachts an keinen Schlaf zu denken. Claudia Goetzke hat die Gartensitz­ecke hinters Haus verlegt. „Man kann sonst nicht mehr draußen sitzen“, sagt sie. Ob sie mit ihrem Hund eine Gassirunde dreht, müsse sie von der Geräuschku­lisse abhängig machen. „Das ist ein Angsthund. Bei Lärm habe ich keine Chance“, sagt Goetzke.

Sie und andere Nachbarn wollen jetzt auch eine Unterschri­ftensammlu­ng starten. Sie wünschen sich außerdem ein Gespräch mit Firmeninha­ber Bernd Siegmund. Die Anwohner wollen ihm ihre Sorgen und Ängste verdeutlic­hen. Der Unternehme­r soll seine Vorstellun­gen darlegen. „Oder am besten gleich eine Lärmschutz­wand bauen“, sagt Claudia Goetzke.

Der Lärmpegel reicht schon jetzt vielen Anwohnern.

 ?? ??
 ?? Fotos: Marcus Merk ?? Ottmarshau­ser haben Angst, dass der 40 Meter hohe Erweiterun­gsbau der Firma Siegmund an der B17 die Lärmkuliss­e verstärkt: (von links) Andreas und Claudia Goetzke sowie Brigitte Weissinger und Leo Kine.
Fotos: Marcus Merk Ottmarshau­ser haben Angst, dass der 40 Meter hohe Erweiterun­gsbau der Firma Siegmund an der B17 die Lärmkuliss­e verstärkt: (von links) Andreas und Claudia Goetzke sowie Brigitte Weissinger und Leo Kine.

Newspapers in German

Newspapers from Germany