Kinderbetreuung: Kosten werden steigen
Kita-Plätze sind schon heute knapp. In zehn Jahren können sich den Beitrag wohl immer weniger Eltern selbst leisten. Gibt es das Angebot dann nur noch sechs Stunden am Tag?
„Dramatisch bis hoffnungslos“– das ist die Einschätzung der entsprechenden Fachbereiche im Landratsamt zur Situation der Kinderbetreuung in den Kommunen aktuell. Was bedeutet diese Einschätzung für die Lage in zehn Jahren? Es muss nicht unbedingt schlechter werden, das zumindest hoffen und wünschen sich die Mitarbeiterinnen der Kindertagesbetreuung im Landratsamt. Sicher werde man bis dahin erkannt haben, dass gute Kinderbetreuung eine Investition in die Zukunft des Landes und des Wohlstands ist. Kinder sollen in kleinen Gruppen mit ausreichend qualifiziertem Personal betreut werden. Sicher ist aber wohl auch: Für Eltern wird es dabei sehr viel teurer als bisher.
Und dabei steigen die Elternbeiträge schon aktuell. Erst vor wenigen Wochen hatte der größte Träger von Kinderbetreuungseinrichtungen im Landkreis, St. Simpert, eine unbedingte Erhöhung der Beiträge zum Beginn des neuen Kindergartenjahrs im September 2024 angekündigt. Das Kita-Zentrum St. Simpert betreut allein im Landkreis Augsburg 37 Einrichtungen mit 3335 Kindern und 908 Kräften. Dessen Vorsitzender, Günter Groll, weiß, dass die Erhöhung um monatlich rund zehn Euro die Eltern sehr belaste, da sie zusätzlich von vielen weiteren Kostensteigerungen betroffen seien.
Eltern müssen deshalb entlastet werden, so Günter Groll. Wie kann das klappen, wenn das System immer kostspieliger wird? Einen Weg zeige der Verband katholischer Kindertageseinrichtungen Bayern auf, erläutert er: Der Beitrag der Eltern müsse nicht nur prozentual, sondern auch tatsächlich stabil bleiben. „Erst vor Kurzem waren wir hier in einem weiteren intensiven Austausch mit der Geschäftsführerin des Verbands, wie man hier verstärkt an die Bayerische Staatsregierung herangehen muss“, so Groll. Das bedeutet: Der Staat soll in Zukunft einen größeren Teil der Kosten für eine KitaBetreuung übernehmen. Das unterstütze er, Groll, „mit voller Wucht“. Bislang erhalten Eltern für ihre Kinder ab drei Jahren einen monatlichen Zuschuss für die Betreuung in Höhe von 100 Euro.
Und auch die Fachfrauen aus dem Fachbereich Kinderbetreuung im Landratsamt denken in eine ähnliche Richtung: „Qualität hat ihren Preis. Es werden wohl zunehmend mehr Familien den Elternbeitrag aus öffentlichen Mitteln finanzieren müssen“, so die Pressesprecherin des Landratsamts, Annemarie Scirtuicchio. Wobei hier schon das Stichwort gefallen ist, welches die Expertinnen aktuell am meisten beschäftigt: Wie können die Qualitätsstandards in der Kinderbetreuung erhalten werden? So sei in den vergangenen Jahren, nicht zuletzt durch politische und gesellschaftlicher Veränderungen, für Kommunen das vorrangige Ziel gewesen, möglichst ausreichend Plätze in der Kinderbetreuung von Krippen über Kindergärten bis zur Schulkindbetreuung anbieten zu können. Gleichzeitig sollten jedoch immer höhere Standards von individueller Förderung über Inklusion bis frühkindlicher Bildung befriedigt werden.
Ganz klar: Für mehr Plätze und höhere Ansprüche benötigt man mehr Personal. Ein Spagat, der vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels nicht zu stemmen ist.
Schon 2022 arbeiteten im Bereich der Kinderbetreuung im Landkreis Augsburg doppelt so viele Fachkräfte wie noch zehn Jahre zuvor, sagt der Geschäftsführer des Instituts für Sozialplanung, Jugendund Altenhilfe, Gesundheitsforschung und Statistik, Sags, Christian Rindsfüßer. Und dennoch steht für die Fachleute im Landratsamt fest: „Trotz der dramatischen Situation gilt es, die Kindertagesbetreuung an den Bedürfnissen der Kinder auszurichten, Qualitätsstandards zu erhalten und diese vor dem Hintergrund der vielfältigen Aufgaben kontinuierlich zu verbessern“, heißt es in einem Positionspapier des Fachbereichs und der Jugendhilfeplanung.
Und so überlegen die Fachbereiche, was sie noch machen können, um das inzwischen wackelige System der Kinderbetreuung über die Gewinnung und das Halten von Fachkräften hinaus zu stärken. Ein Lösungsansatz: Das Thema müsse in den Köpfen der Entscheider und Entscheiderinnen in den Kommunen als eine ganz wesentliche Aufgabe und nicht nur als lästige Pflicht erkannt werden. Schon die Kleinkindbetreuung sei wichtig für den Erhalt des wirtschaftlichen Systems, ist sich der Fachbereich sicher. Kinderbetreuung dürfe jedoch nicht an den Kindern vorbei funktionieren. Auch Sicht der Fachleute reicht eine für kleine Kinder eine Fremdbetreuung von sechs Stunden pro Tag auf jeden Fall aus. Darüber hinaus müsse auch kein Rechtsanspruch bestehen, so ein Ansatz. Was auch klappen könnte: Das System von Tageseltern solle vehement ausgebaut und auch als gleichrangig zu einem Platz in der Kita angesehen werden.
An welcher Stelle das System in zehn Jahren steht, ist jedoch von einem weiteren Faktor abhängig. Es geht um die Bevölkerungsentwicklung. Und da gibt es viele Unbekannte. Eines ist sicher: Heute werden viel mehr Kinder geboren als noch vor zehn Jahren. Günter Katheder-Göllner, im Landratsamt für die Jugendhilfeplanung zuständig, liest aus aktuellen Entwicklungen jedoch, dass die Geburtenzahl ab Mitte der 20-er Jahre stagnieren wird. Dennoch könnte es in zehn Jahren noch mehr Kinder im Landkreis geben, die betreut werden sollen.
Die Zahl der Zuzüge, bedingt durch Migration oder schlicht auch nur durch den Bau von mehr Wohnungen, sind nicht wirklich vorherzusagen.
Doppelt so viele Fachkräfte wie noch vor zehn Jahren