Schwabmünchner Allgemeine

Bahn frei für die Jubiläumss­chau

Die Ausstellun­g der Meringer Modellbahn­freunde zur Geschichte der Ammerseeba­hn im Heimatmuse­um macht deutlich, wie wichtig diese Strecke auch heute noch ist.

- Von Heike John

Mering Viel haben Wolfgang Wrba und seine Mitstreite­r von den Modellbahn­freunden recherchie­rt und zusammenge­tragen, um die Geschichte der Ammerseeba­hn für die Jubiläumss­chau präsentier­en zu können. Neben Fachlitera­tur aus Archiven war vor allen Dingen der Meringer Anzeiger eine gute Informatio­nsquelle. Es gab Glanzzeite­n der Strecke, die die Wirtschaft im Großraum ankurbelte­n. Doch bereits in den 1970er-Jahren wurden einige Zwischenst­ationen der 55 Kilometer langen Strecke geschlosse­n. Ältere Mitbürgeri­nnen und Mitbürger erinnern sich vielleicht noch an das einst mondäne Theresienb­ad, wo 1810 eine Quelle entdeckt wurde. Zur damaligen Zeit war es eines der bedeutends­ten Heilbäder in der Region. Heute ist das ehemalige Kurhaus ein Kreissenio­renheim, der Haltepunkt wurde 1964 geschlosse­n.

Mit der Eröffnung der Strecke am 23. Dezember 1898 als Lokalbahn gehörte die Ammerseeba­hn zu den späten Ergänzunge­n im Eisenbahnn­etz. Durch die neue Bahnstreck­e konnten landwirtsc­haftliche Produkte nun über weitere Entfernung­en einfacher und günstiger zu ihren Absatzmärk­ten transporti­ert werden als wie bisher mit Fuhrwerken. Der Gütertrans­port mit der Bahn war vergleichs­weise günstig. Milch wurde in Kühlwaggon­s in die Großstädte München oder Augsburg gebracht und Vieh zu den Schlachthö­fen. Mit fortschrei­tender Industrial­isierung gab es Massentran­sporte von bayerische­r Kohle als Energieträ­ger, beispielsw­eise aus Peissenber­g oder Penzberg für die wachsende Industrie in Augsburg mit seinen großen Fabriken im Bereich Textil und Metall. Aus der Ammersee-Gegend wurde auch Holz transporti­ert. Durch die neue Transportm­öglichkeit waren Baustoffe wie Zement, Kalk oder Gips aus entfernten Gegenden erschwingl­ich.

Umgekehrt belebte die Ammerseeba­hn den Tourismus und viele Tagesausfl­ügler kamen von Augsburg an den Ammersee. In den 1950er-Jahren zeichnete sich ein beginnende­r Massentour­ismus ab. So fuhren beispielsw­eise Touristen aus dem Ruhrgebiet oder dem Frankfurte­r Raum mit dem Zug zu einwöchige­n Aufenthalt­en an den Ammersee. Denn längst hatte nicht jede Familie ein Auto. Fernreisez­üge fuhren über die Ammerseeba­hn auf schnellere­m

Weg, ohne Umweg über München, von Norden kommend Richtung Süden mit den damaligen Traumziele­n Innsbruck, Meran, Tirol, Südtirol oder weiter bis ans Meer. Auch der Meringer Handel profitiert­e von Kunden der Bahnanrain­er-Gemeinden Schmiechen, Egling, Walleshaus­en, Kaltenberg und Umgebung bis Geltendorf. Beim Einkauf wurden den Kunden teilweise sogar die Fahrtkoste­n rückerstat­tet. Die Fahrt mit dem Zug nutzten auch Arbeitspla­tz-Pendler, vor allem nach Augsburg. Die Bahn war damals ein kostengüns­tiges und absolut zuverlässi­ges Transportm­ittel. „Zu einer Zeit, in der es kaum jemand ein eigenes Auto besaß, war der Zug auch für Reisen alternativ­los die Nummer eins“, erklärt Wolfgang Wrba. Und dies galt ebenso für das Transporti­eren von Gütern, auch Stückgutve­rkehr wie Pakete.

In den späteren Jahren war der Transport von Pendlern und Schülern sowie landwirtsc­haftlichen Gütern zur Routine geworden. Kohle- und Schotterzü­ge transporti­erten ihre Ware aus dem bayerische­n Alpenvorla­nd in die Ballungsrä­ume. Im Meringer Raum war der Zuckerrübe­n- und Krauttrans­port sehr rege und es fuhren bis zu 1500 Waggons pro Saison in die verarbeite­nden Fabriken. Ab den 70er-Jahren wurde die Ammerseeba­hn als Ausweichst­recke über Geltendorf für die ausgelaste­te Strecke München-Augsburg genutzt.

Heutzutage ist schon lange kein Güterverke­hr auf der Ammerseest­recke mehr unterwegs. Bereits ab den 1960er-Jahren wurden schrittwei­se kleine Haltestell­en an der Strecke geschlosse­n und man zog sich aus dem Güterverke­hr zurück. Der Taktfahrpl­an wurde eingeführt, es gab eine gute Zugdichte, der Schienenve­rkehr erfolgte aber nun mit Privatanbi­etern. Für Schüler ist die Ammerseest­recke nach wie vor unverzicht­bar. Aus Merching und Schmiechen fahren sie zu Gymnasien und Realschule­n nach Mering oder Augsburg und aus allen Orten nach St. Ottilien, in die Realschule Schondorf, zu Gymnasium und Realschule in Dießen oder bis an den nördlichen Ammersee in Weilheimer Schulen.

Die Ausstellun­g im Ludwig-Park ist bis Ende März jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Für Schulklass­en und andere Gruppen sind Besichtigu­ngstermine mit Führungen nach Vereinbaru­ng möglich über Wolfgang Wrba, Telefon 0151/12 24 68 28.

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Zusammen mit eingefleis­chten Eisenbahne­rn in historisch­en Uniformen eröffnete Wolfgang Wrba (Zweiter von rechts) und Joachim Pagel (rechts) die Jubiläumsa­usstellung.
 ?? ?? Für das lodernde Feuer der Dampflok interessie­rt sich die knapp dreijährig­e Leonie und lässt es mit einer Drehung am Rad auch zischen.
Für das lodernde Feuer der Dampflok interessie­rt sich die knapp dreijährig­e Leonie und lässt es mit einer Drehung am Rad auch zischen.
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Auch diese Signallate­rnen stammen aus dem Fundus der Meringer Modelleise­nbahner und sind ebenfalls in der Jubiläumss­chau zu sehen.
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Auf viel Interesse stieß die Eröffnung der Jubiläumss­chau im Ludwig-Park, die noch bis Ende März jeweils Sonntagnac­hmittag geöffnet ist.
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Fotos: Heike John Mit Interesse vertieften sich auch Jutta und Rolf Mühler, der Vorsitzend­e der Hochzoller Eisenbahnf­reunde, in die detailreic­hen Informatio­nen.
 ?? ?? Selber die Weichen stellen, das ist in der Ausstellun­g möglich und begeistert nicht nur leidenscha­ftliche Eisenbahne­r.
Selber die Weichen stellen, das ist in der Ausstellun­g möglich und begeistert nicht nur leidenscha­ftliche Eisenbahne­r.
 ?? ?? Unter den Augen von Ausstellun­gsorganisa­tor Wolfgang Wrba (links) legt dieser Besucher an der Wagenkuppl­ung Hand an.
Unter den Augen von Ausstellun­gsorganisa­tor Wolfgang Wrba (links) legt dieser Besucher an der Wagenkuppl­ung Hand an.
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Klingeling­eling, wo kommt es her? Schon der kleine Markus lässt sich vom interaktiv­en Konzept der Schau begeistern.
 ?? ?? Eisenbahne­r Helmut Klauser vor dem historisch­en Fahrkarten­schrank, den er zur Verfügung stellte.
Eisenbahne­r Helmut Klauser vor dem historisch­en Fahrkarten­schrank, den er zur Verfügung stellte.
 ?? ?? Die Schau berichtet auch Wissenswer­tes über Eisenbahnt­hemen hinaus, wie hier die Bedeutung des Ammersees für Augsburg.
Die Schau berichtet auch Wissenswer­tes über Eisenbahnt­hemen hinaus, wie hier die Bedeutung des Ammersees für Augsburg.

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