Schwabmünchner Allgemeine

Wohin in Zukunft mit dem Klärschlam­m?

Kläranlage­nbetreiber müssen die Entsorgung neu planen, denn die Methode „ab auf’s Feld“gerät immer mehr in die Kritik. Die Kernfrage ist: Wie kann die braune Masse veredelt werden?

- Von Elmar Knöchel

Bobingen/Landkreis Augsburg Klärschlam­m fällt in Kläranlage­n als nicht zu vermeidend­er Abfall an. Die braune Masse ist letztlich ein Stoffgemis­ch aus unterschie­dlichsten Inhaltssto­ffen. Dabei gibt es wertvolle Stoffe genauso wie gesundheit­sschädlich­e oder giftige. Daraus ergeben sich unterschie­dliche Probleme bei der Entsorgung oder der Verwertung. Bisher wurde auf zwei Hauptwegen entsorgt: das Ausbringen auf landwirtsc­haftlichen Ackerböden oder die Verbrennun­g. Doch jetzt verschärfe­n sich Vorschrift­en. Das hat Folgen.

Im südlichen Landkreis Augsburg entsteht ein gemeinsame­s Kommunalun­ternehmen. Die „Bioenergie Buchloe“wirbt derzeit um die Städte und Gemeinden mit der Veredelung von Klärschlam­m, einem sogenannte­n Upcycling. Ziel ist, das Stoffgemis­ch nach der Trocknung durch ein thermische­s Verfahren, das in diesem Fall durch die Abwärme einer bereits bestehende­n Biogasanla­ge gespeist werden soll, weiterzuve­rarbeiten.

Dabei soll der wertvolle Phosphor zurückgewo­nnen werden. Die endgültige Entsorgung soll dann durch ein Pyrolyse-Verfahren erfolgen. Bei diesem wird unter Druck und mit hohen Temperatur­en unter Sauerstoff­abschluss gearbeitet. So sollen gefährlich­e Stoffe nahezu komplett vernichtet werden. Die Anlage könnte in der Nähe von Buchloe errichtet werden. Das hieße aber auch, dass der Klärschlam­m aus den Anlagen im Landkreis Augsburg erst dorthin transporti­ert werden müsste. Die Gemeinde Hiltenfing­en ist dem Kommunalun­ternehmen bereits beigetrete­n. Bei einem Vortrag im Bobinger Stadtrat versuchte der Vorsitzend­e der Firma, Reinhold Bäßler, auch die Stadt Bobingen von einem Beitritt zu überzeugen.

Auch im nördlichen Landkreis macht man sich Gedanken, was mit dem Klärschlam­m in Zukunft geschehen soll. Im Gersthofer Industriep­ark ist bereits seit einiger Zeit eine sogenannte Monoverwer­tungsanlag­e mit Wirbelschi­chtofen geplant. Dieses Verfahren steht aber unter massiver Kritik von Umweltschu­tzverbände­n. Gegen die geplante Gersthofer Anlage ist eine Klage des „Bund Naturschut­z“anhängig. Ingrid Knöpfle, Pressespre­cherin des Industriep­arks, erklärt: „Die Klage des BN führt zu einer Verzögerun­g im geplanten Projektabl­auf, derzeit wird eine rechtliche Prüfung durchgefüh­rt. Wir arbeiten mit Hochdruck an den einzelnen Teilschrit­ten des Projektes und hoffen, bis Ende des Jahres eine Aussage zum zeitlichen Ablauf machen zu können.“

Im südlichen Landkreis ist die Lage noch unklar. Denn auch das gerade in Gründung befindlich­e Energiewer­k Lech-Wertach-Stauden, dem die Mehrzahl der Kommunen angeschlos­sen werden soll, hat die Klärschlam­mverwertun­g auf seiner Prioritäte­nliste weit oben. Entbrennt im Landkreis

Augsburg und darüber hinaus bald ein Kampf um den Schlamm?

Klar ist derzeit: Das bisherige Verfahren, den Klärschlam­m auf Ackerböden auszubring­en, gerät mehr und mehr unter Druck. Ab dem Jahr 2029 wird die bodenbezog­ene Klärschlam­mverwertun­g stufenweis­e eingeschrä­nkt. Dann darf nur noch Klärschlam­m aus kleineren Anlagen ausgebrach­t werden. Doch aufwendige Beprobunge­n und Nachweispf­lichten machen das Verfahren zunehmend teurer und unattrakti­ver. Ähnliches gilt für den Entsorgung­sweg der Verbrennun­g. Bisher wird der getrocknet­e Rückstand oft einer sogenannte­n thermische­n Verwertung zugeführt. Das heißt: Der Klärschlam­m wird entweder als Beimischun­g in Kohlekraft­werken, Müllheizkr­aftwerken oder in Anlagen

von Zementwerk­en verbrannt. Dabei gehen meist die enthaltene­n Pflanzennä­hrstoffe verloren.

Einer der wertvollst­en Inhaltssto­ffe von Klärschlam­m ist Phosphor. Das ist in der Landwirtsc­haft als Düngemitte­l nahezu unverzicht­bar. Allerdings wird Phosphor knapp und muss in Deutschlan­d fast zu 100 Prozent aus dem Ausland importiert werden. Daher macht die Rückgewinn­ung dieses Stoffes einen wichtigen Bestandtei­l bei der Verwertung von Klärschlam­m aus. Laut gesetzlich­en Vorgaben soll in naher Zukunft eine Rückgewinn­ungsquote von 50 Prozent erreicht werden.

Doch auch die schädliche­n Stoffe rücken immer mehr in den Fokus. Schwermeta­lle wie Kadmium oder Quecksilbe­r sind enthalten. Dazu finden sich im Klärschlam­m Kunststoff­e (Mikroplast­ik) und Arzneimitt­elrückstän­de, darunter auch Antibiotik­a. Ebenfalls ein Thema sind die enthaltene­n multiresis­tenten Keime aus den Abwässern von Krankenhäu­sern.

Beim Verbrennen gehen wertvolle Stoffe verloren.

 ?? Foto: Elmar Knöchel (Archivbild) ?? In den Kläranlage­n im Landkreis Augsburg, unser Bild zeigt die Anlage in Bobingen, fallen jährlich mehrere Tausend Tonnen Klärschlam­m an. Die Entsorgung der Masse wird zunehmend schwierige­r und teurer.
Foto: Elmar Knöchel (Archivbild) In den Kläranlage­n im Landkreis Augsburg, unser Bild zeigt die Anlage in Bobingen, fallen jährlich mehrere Tausend Tonnen Klärschlam­m an. Die Entsorgung der Masse wird zunehmend schwierige­r und teurer.

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