Wohin in Zukunft mit dem Klärschlamm?
Kläranlagenbetreiber müssen die Entsorgung neu planen, denn die Methode „ab auf’s Feld“gerät immer mehr in die Kritik. Die Kernfrage ist: Wie kann die braune Masse veredelt werden?
Bobingen/Landkreis Augsburg Klärschlamm fällt in Kläranlagen als nicht zu vermeidender Abfall an. Die braune Masse ist letztlich ein Stoffgemisch aus unterschiedlichsten Inhaltsstoffen. Dabei gibt es wertvolle Stoffe genauso wie gesundheitsschädliche oder giftige. Daraus ergeben sich unterschiedliche Probleme bei der Entsorgung oder der Verwertung. Bisher wurde auf zwei Hauptwegen entsorgt: das Ausbringen auf landwirtschaftlichen Ackerböden oder die Verbrennung. Doch jetzt verschärfen sich Vorschriften. Das hat Folgen.
Im südlichen Landkreis Augsburg entsteht ein gemeinsames Kommunalunternehmen. Die „Bioenergie Buchloe“wirbt derzeit um die Städte und Gemeinden mit der Veredelung von Klärschlamm, einem sogenannten Upcycling. Ziel ist, das Stoffgemisch nach der Trocknung durch ein thermisches Verfahren, das in diesem Fall durch die Abwärme einer bereits bestehenden Biogasanlage gespeist werden soll, weiterzuverarbeiten.
Dabei soll der wertvolle Phosphor zurückgewonnen werden. Die endgültige Entsorgung soll dann durch ein Pyrolyse-Verfahren erfolgen. Bei diesem wird unter Druck und mit hohen Temperaturen unter Sauerstoffabschluss gearbeitet. So sollen gefährliche Stoffe nahezu komplett vernichtet werden. Die Anlage könnte in der Nähe von Buchloe errichtet werden. Das hieße aber auch, dass der Klärschlamm aus den Anlagen im Landkreis Augsburg erst dorthin transportiert werden müsste. Die Gemeinde Hiltenfingen ist dem Kommunalunternehmen bereits beigetreten. Bei einem Vortrag im Bobinger Stadtrat versuchte der Vorsitzende der Firma, Reinhold Bäßler, auch die Stadt Bobingen von einem Beitritt zu überzeugen.
Auch im nördlichen Landkreis macht man sich Gedanken, was mit dem Klärschlamm in Zukunft geschehen soll. Im Gersthofer Industriepark ist bereits seit einiger Zeit eine sogenannte Monoverwertungsanlage mit Wirbelschichtofen geplant. Dieses Verfahren steht aber unter massiver Kritik von Umweltschutzverbänden. Gegen die geplante Gersthofer Anlage ist eine Klage des „Bund Naturschutz“anhängig. Ingrid Knöpfle, Pressesprecherin des Industrieparks, erklärt: „Die Klage des BN führt zu einer Verzögerung im geplanten Projektablauf, derzeit wird eine rechtliche Prüfung durchgeführt. Wir arbeiten mit Hochdruck an den einzelnen Teilschritten des Projektes und hoffen, bis Ende des Jahres eine Aussage zum zeitlichen Ablauf machen zu können.“
Im südlichen Landkreis ist die Lage noch unklar. Denn auch das gerade in Gründung befindliche Energiewerk Lech-Wertach-Stauden, dem die Mehrzahl der Kommunen angeschlossen werden soll, hat die Klärschlammverwertung auf seiner Prioritätenliste weit oben. Entbrennt im Landkreis
Augsburg und darüber hinaus bald ein Kampf um den Schlamm?
Klar ist derzeit: Das bisherige Verfahren, den Klärschlamm auf Ackerböden auszubringen, gerät mehr und mehr unter Druck. Ab dem Jahr 2029 wird die bodenbezogene Klärschlammverwertung stufenweise eingeschränkt. Dann darf nur noch Klärschlamm aus kleineren Anlagen ausgebracht werden. Doch aufwendige Beprobungen und Nachweispflichten machen das Verfahren zunehmend teurer und unattraktiver. Ähnliches gilt für den Entsorgungsweg der Verbrennung. Bisher wird der getrocknete Rückstand oft einer sogenannten thermischen Verwertung zugeführt. Das heißt: Der Klärschlamm wird entweder als Beimischung in Kohlekraftwerken, Müllheizkraftwerken oder in Anlagen
von Zementwerken verbrannt. Dabei gehen meist die enthaltenen Pflanzennährstoffe verloren.
Einer der wertvollsten Inhaltsstoffe von Klärschlamm ist Phosphor. Das ist in der Landwirtschaft als Düngemittel nahezu unverzichtbar. Allerdings wird Phosphor knapp und muss in Deutschland fast zu 100 Prozent aus dem Ausland importiert werden. Daher macht die Rückgewinnung dieses Stoffes einen wichtigen Bestandteil bei der Verwertung von Klärschlamm aus. Laut gesetzlichen Vorgaben soll in naher Zukunft eine Rückgewinnungsquote von 50 Prozent erreicht werden.
Doch auch die schädlichen Stoffe rücken immer mehr in den Fokus. Schwermetalle wie Kadmium oder Quecksilber sind enthalten. Dazu finden sich im Klärschlamm Kunststoffe (Mikroplastik) und Arzneimittelrückstände, darunter auch Antibiotika. Ebenfalls ein Thema sind die enthaltenen multiresistenten Keime aus den Abwässern von Krankenhäusern.
Beim Verbrennen gehen wertvolle Stoffe verloren.