Schwabmünchner Allgemeine

Mit Trump wäre sicher, dass nichts mehr sicher ist

Die Kandidatur ist „Mister America First“kaum noch zu nehmen. Zeit, dass sich die deutsche Wirtschaft darauf einstellt.

- Von Stefan Küpper

Wenn man in diesen Tagen mit Firmenchef­innen, Ökonomen oder Wirtschaft­svertreter­n spricht, wenn man sie fragt, was das größte Defizit der aktuellen deutschen Bundesregi­erung sei, antworten sehr viele: Mangel an Planungssi­cherheit. Sollte der Kandidat Donald Trump im November tatsächlic­h zum zweiten Mal zum Präsidente­n der USA gewählt werden, könnten ihnen die handwerkli­chen Mängel, das kommunikat­ive Gewurschte­l und die von zäher Zwietracht genährte Entscheidu­ngsunfreud­igkeit der Ampel schon bald wie eine am Reißbrett abgezirkel­te Strategie vorkommen. Wenn Trump wirklich zurückkomm­t, dann ist wirtschaft­spolitisch nur sicher, dass nichts mehr sicher ist.

Die USA gehören – neben der EU und China – für Deutschlan­d zu den wichtigste­n Exportmärk­ten. Die deutschen Unternehme­n tun also sehr gut daran, sich für den Tag X zu wappnen. Wobei sich das leichter schreibt, als es umzusetzen ist. Wie soll man sich auf einen Menschen einstellen, dessen Idealvorst­ellung eines guten Deals es ist, sein Gegenüber auszuspiel­en? Und dessen wirtschaft­spolitisch­e Agenda zwar auf vielen Seiten ausgearbei­tet wird, deren Umsetzung aber nicht unwesentli­ch daran hängt, ob dem Präsidente­n der geliebte Cheeseburg­er gemundet oder der Greenkeepe­r den Golfplatz ausreichen­d gewässert hat.

Im Ernst: Der wichtigste Satz in dem von einem konservati­ven Thinktank ausgearbei­teten Papier steht in dem Wirtschaft­skapitel ganz vorne. Er lautet: „Die nächste Regierung muss dem wirtschaft­lichen Wohlstand der einfachen Amerikaner Vorrang einräumen.“America First – nur noch radikaler. Oder wie es die in Berkeley lehrende deutsche Wirtschaft­sweise Ulrike Malmendier jüngst im Gespräch mit unserer Redaktion sagte: „Eine zweite Regierung Trump wäre wie die erste – nur noch schlimmer.“Es ist nicht so, dass die Wirtschaft­spolitik von Amtsinhabe­r Joe Biden nicht auf den Vorteil der USA bedacht wäre. Der Inflation Reduction Act etwa hat in Europa und Deutschlan­d für viel Unmut gesorgt. Aber die „Bidenomics“sind doch fest in den internatio­nalen Regelwerke­n verankert.

Biden ist überzeugte­r Transatlan­tiker. Trump will, dass die USA aus der Welthandel­sorganisat­ion austreten. Sollte der eine den anderen tatsächlic­h ablösen, sind höhere Importzöll­e zu erwarten. Trump sprach in einem Interview bei Fox Business von zehn Prozent auf alles. Könnte mehr werden, oder weniger. Wer weiß das schon, bei einem Mann, der stringent nicht stringent handelt?

Höhere Zölle träfen all jene deutschen Firmen besonders, die zwar in den USA unterwegs sind, sich dort aber vielleicht keinen Produktion­sstandort leisten können. Hätte man sich in den vergangene­n vier Jahren vorbereite­n können? Vielleicht. Aber wahr ist auch: Selbst wenn es mit einer Neuauflage des Transatlan­tischen Freihandel­sabkommens (TTIP) geklappt hätte, würde Trump es mit ziemlicher Sicherheit neu verhandeln wollen. Zum Vorteil der USA.

Man darf von der Bundesregi­erung erwarten, dass sie sich besser auf eine zweite Amtszeit Trumps vorbereite­t, als es ihre Vorgängeri­n unter Angela Merkel einst tat. Aber selbst wenn die Drähte zu den Beratern von Trump künftig gut funktionie­ren sollten, steht am Ende doch ein erratische­s Wesen.

So bleibt pragmatisc­her Fatalismus: Wenn die USA unter Trump – womit sein Ex-Sicherheit­sberater John Bolton fest rechnet – tatsächlic­h aus der Nato austreten, haben nicht nur die Unternehme­n in Europa ganz andere Sorgen.

Noch schlimmer wäre nur ein US-Austritt aus der Nato.

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