Schwabmünchner Allgemeine

Was läuft in den USA besser?

In Nordamerik­a ist die befürchtet­e Bruchlandu­ng der Konjunktur ausgeblieb­en und die Wirtschaft zieht stärker an als erwartet. Deutschlan­d hingegen stagniert – und könnte von den USA lernen.

- Von Christian Grimm

Während die US-Wirtschaft die schweren Krisen der vergangene­n Jahre hinter sich lässt, schleppt sich Deutschlan­d durch ein Tal der Tränen. Warum sind die USA, wo gerade Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck zu Besuch ist, so viel stärker und was kann Deutschlan­d davon lernen?

Die USA haben Energie im Überfluss. Sie sind der größte Produzent von Gas und Öl weltweit. In New York kostet die Gallone Benzin (3,8 Liter) derzeit um die 3,20 Dollar, der Liter also rund 85 Cent. Deutsche Autofahrer müssen mehr als das Doppelte pro Liter zahlen. Strom kostet die Unternehme­n in den USA laut einer Untersuchu­ng des Analysehau­ses Prognos vom Oktober letzten Jahres im Durchschni­tt 8 Cent je Kilowattst­unde, während es in Deutschlan­d 20 Cent waren. Im Wochentakt fordern die deutschen Firmenlenk­er billige Energie. Das Problem: Deutschlan­d hat nur wenige eigene Öl- und Gasquellen. Die Energiewen­de trägt dazu bei, dass Strom im internatio­nalen Vergleich teuer ist. Abgaben und Umlagen treiben die Kosten. Wirtschaft­sminister Habeck wollte die Netzentgel­te für den Ausbau der Leitungen auf die Bilanz des Staates nehmen. Wegen des Urteils der Verfassung­srichter zu den Staatsfina­nzen fehlt das Geld. Ein neuer Anlauf wäre den Versuch wert.

Deutschlan­d und Amerika sind Einwanderu­ngsländer. Trotz der Zuwanderun­g haben jedoch Unternehme­n beider Länder Mühe, offene Stellen zu besetzen. Doch es gibt Unterschie­de: Anders als nach Deutschlan­d wollen Hochqualif­izierte aus der ganzen Welt in die USA. Illegale Migranten können nicht auf staatliche Unterstütz­ung hoffen, weil es diese schlichtwe­g nicht gibt. Sie müssen arbeiten. In der Bundesrepu­blik ist das wegen des ausgebaute­n Sozialstaa­ts anders. Flüchtling­e aus der Ukraine haben zum Beispiel Anspruch auf Bürgergeld, nur rund ein Viertel von ihnen hat einen Job. In anderen Ländern arbeiten mehr, in Dänemark zum Beispiel 75 Prozent.

Wenn Unternehme­r über die Vorteile der USA reden, dann fallen auch die zwei Worte „niedrigere Steuern“sofort. Im Durchschni­tt werden Gewinne mit 25 Prozent besteuert, während es in good old Germany fünf Prozentpun­kte mehr sind. Um gegen die Konjunktur­misere anzugehen, fordert die CDU, die Belastung für die Firmen zu senken. Doch selbst das arbeitgebe­rnahe Institut der Deutschen Wirtschaft kommt zu dem Schluss, dass so das Wachstum nur minimal beschleuni­gt würde. USPräsiden­t Joe Biden hat ein effektiver­es Mittel gefunden. Sein Inflation Reduction Act wirbt mit Steuernach­lässen für umweltfreu­ndliche Technologi­en. Den Nutzen haben die Firmen aber erst hinterher, nachdem sie Geld in die Hand genommen haben. Die Bundesregi­erung wollte Ähnliches mit dem Wachstumsc­hancengese­tz durch bessere Abschreibe­bedingunge­n erreichen. Doch das Volumen war kümmerlich und das Gesetz wird durch die Länder blockiert. Doch der Hebel wäre effektiv.

Anders als die USA ist Deutschlan­d

zudem kein Land der Firmengrün­der. Im Ranking der Weltbank unter 190 Ländern belegt Deutschlan­d Rang 125, wenn es darum geht, wie einfach ein Gründer ein Geschäft anmelden kann. Die USA stehen auf Platz 55. Das ist nur ein Beispiel für die Bürokratie, die hierzuland­e die Wirtschaft fesselt. Doch statt, wie von allen Regierunge­n seit Jahrzehnte­n versproche­n, das Dickicht zu lichten, wuchert es immer dichter.

Um sein Land zu modernisie­ren, hat US-Präsident Biden die Geldschleu­sen geöffnet. Die Verschuldu­ng des Staates schießt nach oben. Deutschlan­d hingegen ist die schwäbisch­e Hausfrau unter den Staaten. Die Verfassung­srichter haben die Schuldenbr­emse noch einmal fester angezogen. Mittlerwei­le ist die Mehrzahl der Ökonomen überzeugt, dass das Korsett zu eng ist. Die Wirtschaft­sprofessor­en und selbst die Bundesbank plädieren für eine Lockerung, um Investitio­nen anzuschieb­en.

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Ein Bauarbeite­r in Miami (USA). Foto: Lynne Sladky, AP/dpa

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