Schwabmünchner Allgemeine

„Mit Kind kann ich Sie nicht mal rausklagen“

Wer in Augsburg eine Wohnung sucht, braucht starke Nerven. Viele stoßen auf fragwürdig­e Vermieter, dubiose Angebote oder krasse Forderunge­n. Betroffene erzählen.

- Von Max Kramer Facebook-Nutzerin „Jasmin Kempter“

Die Lage auf dem Augsburger Wohnungsma­rkt ist angespannt. Wer eine passende Bleibe sucht, muss sich auf ein Nervenspie­l einstellen: Bezahlbare Wohnungen in guter Lage sind rar, die Konkurrenz ist groß. Wir haben unsere Leserinnen und Leser gefragt, was sie bei ihrer Wohnungssu­che in Augsburg erlebt haben – und viele Antworten erhalten. Hier sind die teils verstörend­en, teils kuriosen, teils verzweifel­ten Schilderun­gen:

„Miete für ein Jahr bar auf den Tisch gelegt“

„In den fünf Jahren, in denen wir auf der Suche waren, haben wir einiges erlebt. Der Knaller war aber, wie ein „Mitbewerbe­r“für ein 160 Quadratmet­er großes Haus die Miete für ein Jahr inklusive Kaution bar auf den Tisch gelegt hat. Für sich und seine Frau. Da hat man als normal arbeitende Familie mit Kindern keine Chance.“

Facebook-Nutzerin „Nadine Hiebl“

„Freundlich­keit endet an der Schwelle zur Wohnung“

„Mein Freund und ich suchen seit etwa November eine Wohnung in Augsburg und Umgebung. Was uns leider extrem negativ auffällt, ist die Ablehnung gegenüber Haustieren, insbesonde­re Hunden, die im Vergleich zu Katzen etwa oft explizit ausgeschlo­ssen werden. Wir haben einen kleinen Hund, der absolut stubenrein, kein Kläffer und sehr gut erzogen ist. Alleine durch den kleinen Zwerg fallen für uns sicher über 70 Prozent aller Wohnungen weg. Und selbst wenn es heißt „Haustiere nach Vereinbaru­ng“, wird sich gegen uns entschiede­n, oft wird unser Hund als Grund dafür genannt. Ich habe schon öfter gelesen, wie hundefreun­dlich Augsburg angeblich sein soll, leider endet diese Freundlich­keit wohl an der Schwelle zur Eigentumsw­ohnung.“

Anonym, Name der Redaktion bekannt

„Sollten Sie mal Lust haben…“

Ein 27-Jähriger schildert, er habe nach einer Besichtigu­ng eine Nachricht erhalten. Darin schreibt der Vermieter: „Ich fand Sie heute umwerfend! Hübsches Face, guter Style, sportliche Figur in ripped skinny Jeans. Sehr geil!“Sollte er einmal Lust auf „ordentlich­en“Oral-Sexualverk­ehr haben, „bitte jederzeit melden! Wäre mir 100 Euro wert.“Anschließe­nd beschreibt er seine Fantasien. „NO KISS. NO FUCK. DISKRET. Melden oder einfach löschen! Bisex-Gruß ;-)“Der 27-Jährige kommentier­t gegenüber unserer Redaktion, mehr müsse man dazu nicht sagen. „Ich nehme es mit Humor.“

Anonym, Name der Redaktion bekannt

„Die Lektion: Sei nicht ehrlich, lüge“

„Als ich als internatio­naler Student in Augsburg ankam und mich bei der Wohnungsve­rmittlung der Universitä­t anmeldete, verlor ich sofort mein Wohnheimzi­mmer, weil ich dumm war und ehrlich erwähnte, dass ich mit meiner Frau kam. Die Universitä­t erlaubte uns, für ein paar Tage in unserem reserviert­en Zimmer zu übernachte­n, wir mussten uns aber einen neuen Platz suchen. Bei der Suche nach Mietwohnun­gen war es völlig unverständ­lich, dass zwei Personen in einem kleinen Zimmer nicht erlaubt waren. Es sollte doch meine Entscheidu­ng sein, ob ich den Raum für meine Bedürfniss­e zu eng finde oder nicht. Am Ende bekamen wir ein Zimmer im Wohnheim einer Schule, aber – obwohl wir dankbar waren, überhaupt ein Zimmer zu bekommen – wegen der ständig feiernden Teenager war es eines der höllischst­en Semester. Die Lektion: Sei nicht ehrlich, lüge.“

Facebook-Nutzer „Virgo Siil“

„Auf die nächsten zehn Jahre Couch“

„Ich habe zwei Hunde und zwei Katzen – und brauche gar nicht anzufragen. Haustiere sind meist verboten. Ich schlafe seit zehn Jahren auf der Couch, mit Kindern fehlt eben ein Zimmer für mich. Auf die nächsten 10 Jahre Couch …juhuuu“

Facebook-Nutzerin „Marion Ey“

„Allgemein ‘ne Katastroph­e“

„Beim städtische­n Vermieter wurde immer wieder gesagt, es gebe keine freien Wohnungen. Und prompt haben Bekannte durch Vitamin B genau ebendiese Wohnungen bekommen, obwohl ich damals dann fast obdachlos war, weil ich aus meiner alten

Wohnung rausmusste und auch immer wieder vorgesproc­hen habe. Der Wohnungsma­rkt in Augsburg ist allgemein ‘ne Katastroph­e.“

Facebook-Nutzerin Bianca Oertel

„Hat uns aus der Wohnung geworfen“

„Mein Lebensgefä­hrte ist Italiener, aber seit er ein Jahr alt ist in Deutschlan­d. Er hat hier seine Schule usw. gemacht. Als wir uns eine Dreizimmer­wohnung ansahen, wurden wir gefragt, welche Nationalit­ät wir hätten. Ich antwortete Deutsche. Als mein Lebensgefä­hrte sagte, er sei Italiener, wurde uns gesagt, dass der Vermieter mit Ausländern nichts zu tun haben wolle – egal, wie lange er schon hier ist. Er hat uns dann wortwörtli­ch aus der Wohnung geworfen.“

Facebook-Nutzerin „Kimmy Viperbunny“

„Alleinerzi­ehend und Bürgergeld – Katastroph­e“

„Hier in Augsburg als Alleinerzi­ehende und abhängig vom Bürgergeld ist ‘ne Katastroph­e. Man bekommt keine Hilfe, von nichts und niemandem. Und kein Vermieter will einen haben.“

Facebook-Nutzerin „Edele Michaela“

„Mit Kind kann ich Sie nicht mal mehr rausklagen“

„Ich war alleinsteh­end, Studentin und

schwanger. Alle Vermieter: „Nein, solche Leute will ich hier nicht!“Einer meinte: „Wenn das Kind da ist, kann ich Sie ja nicht mal mehr rausklagen.“

Facebook-Nutzerin „Leelou Lonelyfree“

„Aber Sie sehen ja gar nicht so ausländisc­h aus?“

„Ich hätte mal eine Wohnung bekommen, da als Lesbe ja keine Familienpl­anung zu erwarten ist und das wäre dem Vermieter schon am liebsten, wie es hieß. Oder: Ich habe mich mal auf Wohnungen beworben, einmal mit meinem Nachnamen und einmal mit dem deutschen Nachnamen der damaligen Partnerin. Sie hatte da definitiv mehr Glück. Oder: Einmal sagte ein Vermieter: „Ich hatte schon Bauchweh wegen des Nachnamens, nachdem ich die Herkunft gegoogelt habe. Aber Sie sehen ja gar nicht so ausländisc­h aus?“

Facebook-Nutzerin „Caro Lin“

„Menschen wie wir werden nicht beachtet“

„Seit über sechs Jahren bin ich auf der Suche nach einer größeren Wohnung, weil zwei meiner vier Kinder beeinträch­tigt sind. Sie sind Autisten und brauchen zwingend mehr Privatsphä­re. Es ist einfach eine Riesen-Unverschäm­theit, dass man solche Menschen wie uns einfach nicht beachtet.“

Facebook-Nutzerin „Ayse Karabey Kaya“

„Decke kam runter und Schimmel an den Wänden: 600 Euro pro Zimmer“

„Ich bin zu einer Haus-WG-Besichtigu­ng eingeladen worden: Der Rasen meterhoch, die Holzfenste­r kaputt und die Heizung war ein alter Holzofen. Der Aufenthalt­sraum war „möbliert“mit einer alten verdreckte­n und kaputten Couch. Die Decke kam runter und Schimmel an den Wänden. Hinzu kam offene Elektrik. Je Zimmer: 500 bis 600 Euro. Katastroph­e.“

Facebook-Nutzer „Dani Weigelt“

„99 Prozent der Vermieter antworten nicht – oder sind Betrüger“

„Ich bin hochschwan­ger und suche eine Wohnung mit mindestens zwei Zimmern. Aber noch dazu mit Hund und Bürgergeld antworten leider 99 Prozent der Vermieter überhaupt nicht oder es kommen nur Antworten von Betrügern über booking.com mit Vorauszahl­ung. Aber das Beste ist, wenn Vermieter – offensicht­lich aufgrund meiner Angaben – sagen, sie würden 70-Quadratmet­er-Wohnungen nur an eine Person vermieten, da sie sonst zu klein seien. Ich suche jetzt seit Juli letzten Jahres ohne Erfolg.“

Facebook-Nutzerin „Nicki Gangl“

„Bei Besichtigu­ng Belüftungs­gerät angeschlos­sen“

„Wir waren vor Jahren eine Wohnung anschauen, es standen um die 30, 40 Leute vor der Türe. Dann kam ein Arbeiter mitten in die Besichtigu­ng rein und hat erstmal ein Belüftungs­gerät angeschlos­sen. Und jetzt ratet, wer nicht in dieser Wohnung wohnt: Mein Mann und ich haben uns nur angeschaut und sind gegangen.“

Facebook-Nutzerin „Carina Lender“

„Absage – ohne Wenn und Aber“

„Lebst Du vom Staat, bekommst Du sofort eine Absage – ohne Wenn und Aber. Hast du Schulden, kannst aber dennoch alles stemmen, bekommst Du sofort eine Absage. Als Alleinerzi­ehender, egal wie viele Kinder: Absage. Bist du Raucher, würdest aber nie in der Wohnung rauchen? Egal, Absage.“

Facebook-Nutzer „Tom Vietz“

„Bla bla bla“

„Gründe, warum wir eine Wohnung nicht bekommen haben: Wir haben Katzen. Wir haben Wohnungska­tzen. Wir haben ein Kind. Wir sind zu jung (mit Mitte 30). Man wolle nur Alleinsteh­ende. Man wolle nur Rentner. Bla bla bla.“

Facebook-Nutzerin Melanie Meyfarth

„Vermieter hat einen Dummen gesucht“

„Am Telefon hieß es, es müsste bisschen was gemacht werden. Tatsächlic­h war es eine herunterge­kommene Bruchbude und der Vermieter hat einen Dummen gesucht, der auf eigene Kosten alles renoviert. Eine Frechheit!“

 ?? Fotos: Ulrich Wagner, Tobias Hase, dpa (Symbolbild) ?? Die Wohnungssu­che in Augsburg ist für viele Menschen belastend, zumal Betroffene häufig auch mit verstörend­en Situatione­n konfrontie­rt sind.
Fotos: Ulrich Wagner, Tobias Hase, dpa (Symbolbild) Die Wohnungssu­che in Augsburg ist für viele Menschen belastend, zumal Betroffene häufig auch mit verstörend­en Situatione­n konfrontie­rt sind.
 ?? Foto: Christin Klose, dpa (Symbolbild) ?? Alleinerzi­ehende, Schwangere oder Bürgergeld-Empfänger haben es bei der Wohnungssu­che oft schwer.
Foto: Christin Klose, dpa (Symbolbild) Alleinerzi­ehende, Schwangere oder Bürgergeld-Empfänger haben es bei der Wohnungssu­che oft schwer.
 ?? ?? Häufig ist die Konkurrenz bei Wohnungsbe­sichtigung­en in Augsburg groß. Foto: Lukas Schulze, dpa (Symbolbild)
Häufig ist die Konkurrenz bei Wohnungsbe­sichtigung­en in Augsburg groß. Foto: Lukas Schulze, dpa (Symbolbild)
 ?? Foto: Christin Klose, dpa (Symbolbild) ?? Haustiere können ein Hindernis bei der Wohnungssu­che sein.
Foto: Christin Klose, dpa (Symbolbild) Haustiere können ein Hindernis bei der Wohnungssu­che sein.
 ?? Foto: Silvio Wyszengrad (Symbolbild) ?? Viele suchen in Augsburg verzweifel­t nach einer Wohnung.
Foto: Silvio Wyszengrad (Symbolbild) Viele suchen in Augsburg verzweifel­t nach einer Wohnung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany