Schwabmünchner Allgemeine

Erwärmung der Ozeane gefährdet Buckelwale

Jahrhunder­telang wurden die Tiere intensiv bejagt – bis sie vom Aussterben bedroht waren. Erst mit strengen Schutzrege­ln erholten sich die Bestände. Doch nun scheinen die Meeresries­en wieder in Gefahr.

- Von Alice Lanzke

Die Buckelwal-Population­en im Nordpazifi­k haben sich nach dem Ende des kommerziel­len Walfangs zwar deutlich erholt. Allerdings macht den Meeresries­en die Erwärmung der Ozeane zu schaffen. Das zeigt die Bestandsau­fnahme einer internatio­nalen Forschungs­gruppe, die im Fachblatt Royal Society Open Science veröffentl­icht wurde.

In den 1970er-Jahren schien das Schicksal der Buckelwale fast besiegelt: Durch den kommerziel­len Walfang gab es in den Ozeanen kaum noch Großwale, auch Buckelwale wurden wegen ihres proteinrei­chen Fleisches über Jahrhunder­te intensiv gejagt. Tatsächlic­h aber erholten sich die Bestände durch Schutzgese­tze und die weltweite Einschränk­ung des Walfangs allmählich – so sehr, dass die US-Meeresschu­tzbehörde die meisten Buckelwal-Population­en 2016 als „nicht mehr bedroht“einstufte und von einer „wirklichen ökologisch­en Erfolgsges­chichte“sprach.

Eben jene Erfolgsges­chichte scheint einer neuen Studie zufolge allerdings nicht von Dauer zu sein: Eine internatio­nale Forschungs­gruppe tat sich für die Arbeit zusammen, um die Entwicklun­g der Buckelwal-Population­en im Nordpazifi­k in den vergangene­n 20 Jahren zu erfassen. Dafür erstellte das Team den größten Datensatz zur Identifizi­erung von Individuen, der jemals für eine Walart zusammenge­stellt wurde.

Die Gruppe nutzte alle verfügbare­n Foto-Identifika­tionsdaten von Buckelwale­n aus dem Nordpazifi­k aus einer Forschungs­kooperatio­n von 46 Organisati­onen und knapp 4300 Bürger-Wissenscha­ftlerinnen und -Wissenscha­ftlern für einen Untersuchu­ngszeitrau­m von 2001 bis 2022. Jene Daten wurden in einem Datensatz zusammenge­fasst und in die Webplattfo­rm „Happywhale“eingespeis­t. Die Forschungs­kollaborat­ion und Citizen-Science-Seite wurde von Erstautor Ted Cheeseman von der australisc­hen Southern Cross University mitgegründ­et.

Durch die Analyse der Daten stellte das

Forschungs­team fest, dass sich die Buckelwal-Population­en zunächst tatsächlic­h langsam, aber stetig erholten: 2012 habe der Bestand im Nordpazifi­k fast 33.500 Tiere umfasst, wird in der Studie geschätzt. Seit diesem Höchststan­d seien die Bestände bis 2021 allerdings wieder um 20 Prozent geschrumpf­t auf gut 26.600 Tiere – den Forschende­n zufolge ist dieser Rückgang wohl auf die Auswirkung­en einer schweren Hitzewelle im Meer von 2014 bis 2016 zurückzufü­hren. Diese habe das Nahrungsan­gebot für die Meeresries­en reduziert.

Für die Forschungs­gruppe stellt der Buckelwal so eine „Indikator-Art“für die Gesundheit des Ökosystems im Nordpazifi­k in einem sich verändernd­en Klima dar. So sei zwar erfreulich, dass sich ihre Population­en so weit erholt hätten, um in den USA und Kanada für eine teilweise Streichung aus dem gesetzlich­en Schutzstat­us infrage zu kommen. „Ironischer­weise fiel der Zeitpunkt der Änderung des gesetzlich­en Schutzstat­us für diese Art mit dem in dieser Studie dokumentie­rten dramatisch­en, durch die Meereserwä­rmung verursacht­en Rückgang zusammen“, heißt es in der Arbeit.

Einige Buckelwal-Population­en seien „als Indikator für die Gesundheit des Ökosystems im gesamten Ozeanbecke­n von großem Wert, da wir mit einer zunehmende­n Häufigkeit und Schwere von Hitzewelle­n im Meer rechnen müssen“. Die Buckelwal-Population­en seien in der Vergangenh­eit vorrangig durch Schätzunge­n in regelmäßig­en Abständen überwacht worden.

Fortschrit­te bei der durch künstliche Intelligen­z gestützten Foto-Identifika­tion und eine wie in der Studie demonstrie­rte internatio­nale Zusammenar­beit im gesamten Ozeangebie­t würden allerdings den Übergang zu einer kontinuier­lichen Überwachun­g erlauben, in deren Rahmen Verschiebu­ngen in der Bestandsgr­öße nahezu in Echtzeit erkannt werden könnten: „Diese Studie stellt einen Anfang dar und ist nur eine von vielen möglichen Anwendunge­n eines umfangreic­hen und kontinuier­lichen kollaborat­iven Datensatze­s zur Überwachun­g der Buckelwal-Bestände.“

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Foto: Jordan Robins, Destinatio­n NSW/dpa Buckelwale leiden unter den Folgen des Klimawande­ls.

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