Dacia wittert Frühlingsluft
Schon nach drei Jahren kommt der elektrische Spring neu – und er sieht richtig gut aus.
Erst drei Jahre alt – und schon im zweiten Frühling. Aus dem Dacia Spring, der als optisch gewöhnungsbedürftiges Billig-Elektroauto anno 2021 an den Start ging, wird im Frühsommer 2024 ein Günstig-Stromer mit Charakter und respektablem Aussehen. 140.000 Exemplare, davon 31.000 in Deutschland, hat die rumänische Renault-Tochter von der ersten Generation verkauft. Das Facelift hat gute Chancen, genauso gut abzuschneiden.
Warum? Weil es nach wie vor an Konkurrenz mangelt. Bezahlbare Elektromobilität auch für die kleine Frau und den kleinen Mann hat nach wie vor Seltenheitswert. Stellantis bringt heuer als einer der wenigen Konkurrenten mit dem Citroen C3 Electric ein Modell auf dem Markt, das unter 25.000 Euro kosten soll. Der eng damit verwandte elektrische Fiat Panda wird zwar im Juli vorgestellt, der Verkauf lässt aber noch bis Ende des Jahres auf sich warten und auch beim VW-Konzern geht der ID.2 frühestens 2026 an den Start.
Pragmatischer kann man fast nicht sein. Als der Renault-Konzern ein bezahlbares Elektroauto plante, und damit auch Weitsicht bewies, klopfte er einfach beim chinesischen Hersteller Dongfeng an. Abgesehen vom Blechkleid wurde flugs ein bereits bestehendes Modell adaptiert, als Dacia etikettiert, und für Preise knapp über 20.000 Euro dem Volk angeboten. Da mag dem ein oder anderen deutschen Konzernvorstand ein mildes Grinsen über das Gesicht gehuscht sein. Ein rumänisches Auto mit chinesischen Wurzeln, und auch noch Elektro! Aber der Dacia Spring setzte sich durch. Noch dazu mit der mageren Leitung von 45 PS (später optional 65 PS) und einer kleinen Batterie (27,4 kWh netto) mit maximal 220 Kilometer Reichweite sowie einer Ausstattung, die man, wenn man freundlich sein will, als Askese bezeichnen kann. Noch nicht mal das Lenkrad konnte man verstellen.
Im Gegensatz zum Antriebsstrang, der komplett so vom Vorgänger übernommen wurde, ändert sich beim neuen Spring fast alles andere. Sogar das Volant
kann man jetzt zumindest in der Höhe mechanisch einstellen. Beim Aussehen darf man nicht mehr von einem Facelift sprechen. Das ist schon eine veritable Transplantation, was die Designer da gemacht haben. K und K, knackig und keck steht der Stromer jetzt auf der Straße. Blickfang sind die weißen stilisierten Straßenkarten im vorderen und hinteren Stoßfänger. Wirkt weltmännisch. Über eine Individualisierung je nach Wohnort des Käufers wird auch
noch schon nachgedacht. Witzig ist auch das neue You-Clip-System, mit dem man nachträglich Zubehörteile wie Lampen oder Smartphone-Halter anbringen kann.
Auch das Interieur präsentiert sich frischer. Weiße Akzentflächen (zum Beispiel das Handschuhfach) geben dem Spring einen freundlichen Touch. Das markenbildende liegende Y findet sich nicht nur in den Scheinwerfern als Tagfahrlicht oder in den Heckleuchten,
sondern auch auf dem Armaturenbrett in der Farbe Kupfer, die für die höchste Ausstattungsstufe Extreme steht. Apropos Ausstattung: Das abgespeckte Basismodell mit mechanischen Fensterhebern und Plastikstummeln zur Spiegelverstellung werden die Kunden vergeblich suchen in Deutschland, weil es schlichtweg nicht angeboten wird. Ein besonderes Extra, das es normalerweise nicht in Kleinwagen-Klasse schafft, leistet sich Dacia mit der Power-to-Load-Funktion.
Mit einem Adapter lässt sich der Auto-Akku anzapfen, zum Beispiel zum Aufladen des Elektro-Bikes. Dass sich jemand eine Espresso-Maschine zum Spaziergang in den Wald mitnimmt, dürfte eher selten sein. Funktioniert aber einwandfrei, wie uns Dacia bei einer kleinen Demo gezeigt hat. In den neuen Frunk unter der Motorhaube (35 Liter) passt der Adapter gut hinein, ebenso wie das Ladekabel. Weil wir gerade bei den praktischen Dingen sind: In den nicht ganz so üppigen Grundaustattungen „Essential“und „Expression“gibt es zwar einen 7-Zoll großen Digital-Tacho, für weitere Fahrzeugfunktionen kann man sein Handy nützen, das sogar eine eigene fest eingebaute Halterung in der Armaturentafel hat und drahtlos verbunden wird. Bei „Extreme“übernimmt serienmäßig ein 10-Zoll-Infotainmentsystem mit Echtzeit-Verkehrsinformationen. Und auch bei den Assistenten hat Dacia nachgeschärft: Von der Verkehrszeichenerkennung über den Tempopiloten bis hin zur Einparkhilfe sind zumindest die wichtigsten Funktionen mit an Bord.
Unser Fazit: Aus dem hässlichen Entlein ist, wenn auch noch kein Schwan, so doch zumindest ein stolzes Schwänlein geworden. Was Aufladen und Reichweiten angeht, bleibt alles beim Alten – Dacia betont aber, dass die meisten ihrer Kunden nicht mehr als 70 Kilometer am Tag fahren und dass 75 Prozent der Spring-Besitzer zu Hause aufladen. Mit einem Gewicht von unter einer Tonne ist der Elektroflitzer von Dacia tatsächlich gut für einen Verbrauch von unter 15 kWh. Bleibt die Frage nach dem Preis: Die zuletzt extrem rabattierten 13.000 Euro werden wir nicht sehen, aber die RenaultTochter verspricht auch weiterhin den günstigsten Stromer im Segment anzubieten. Wir schätzen: 22.000 Euro und vielleicht sogar noch darunter.