Hier hilft der Hund beim Lesenlernen
Milo ist der Star in der Königsbrunner Stadtbücherei. Der Vierbeiner unterstützt Kinder mit hohem Förderbedarf. Dafür musste er zunächst selbst in die Schule.
Große Nachfrage herrscht derzeit beim neuesten Projekt der Leseförderung in der Königsbrunner Stadtbücherei, der hundgestützten Leseförderung. Leiterin Hildegard Häfele, Besitzerin eines sechsjährigen Mischlings aus dem griechischen Tierschutz, absolvierte gemeinsam mit dem Rüden Milo die rund einjährige Ausbildung zum Schulhund.
Diese hat er im Juni 2023 erfolgreich abgeschlossen. „Die Idee zu dieser Ausbildung kam, als ich Bachelorarbeiten über die positive Wirkung von Hunden auf das Leseverständnis von Grundschülern las“, so Häfele. Da ihr 2020 adoptierter Familienhund, 50 Zentimeter groß und 20 Kilogramm schwer, eine äußerst geduldige, dabei einfühlsame und freundliche Art aufweist, schien er der ideale Lernpartner für Schulkinder zu sein.
Die Vermutung erwies sich als richtig: „Seit diesem Schuljahr ist Milo im Einsatz und erleichtert Schulkindern der Klassenstufen eins bis vier, die erhöhten Förderbedarf haben, das Lesenlernen.“Da die Lehrerinnen und Lehrer am besten wissen, welches Kind hierfür infrage kommt, erhalten sie Gutscheine, die sie an die ausgewählten Schülerinnen und Schüler weitergeben. „Anschließend können mit mir Nachmittagstermine in der an diesem Tag für die Öffentlichkeit geschlossenen Kinderbücherei vereinbart werden“, so die Leiterin. Insgesamt sind pro Kind fünf Einzellesestunden à 30 Minuten innerhalb von fünf Wochen eingeplant.
Im Anschluss an die Leseeinheit sind verschiedene Spiele oder Übungen mit Milo angesagt, die beispielsweise das Textverständnis abfragen. Die pädagogische Arbeit mit Hunden stütze das Kind emotional, kognitiv und sozial. „Bei Kindern, die gerne mit einem Hund interagieren, kann das Lesen einen ganz neuen Stellenwert bekommen. Verbinden sie bisher Lesen mit Langeweile und Misserfolgen,
besteht jetzt die Möglichkeit, die Freude, die sie mit dem Hund erleben, auf die unangenehm empfundene Tätigkeit zu übertragen“, erläutert Häfele.
Natürlich sind hierbei bestimmte Regeln für den leisen und achtsamen Umgang mit dem Tier notwendig. Große aufgestellte Bildkarten erinnern das Kind daran. So darf Milo nur mit einer Hand gestreichelt werden. Zieht er sich auf sein Hundekissen zurück, möchte er immer ungestört sein. Die reine Lesezeit aus dem je nach Leseniveau vom Kind ausgewählten Buch liegt bei 15 bis 20 Minuten. Das Kind liest, und Milo liegt, wo er mag. Am Schluss gibt es noch ein Spiel mit dem Hund, hier bekommt dieser zur Belohnung vorbereitete Leckerlis, bevor als Abschlussritual ein Hunde-Stempel ins Leseheft des Schulkinds kommt. Das Händewaschen anschließend ist obligatorisch. „Zwischen den Einsätzen mit drei Kindern pro Nachmittag darf Milo natürlich auch mal Gassi gehen“, lacht Hildegard Häfele. „Danach freut er sich auf weitere Leseschüler, die ihm jede Menge Streicheleinheiten bescheren.“
Auf seinem Kissen darf Milo auch mal ungestört sein.