Schwabmünchner Allgemeine

Wie Audi wieder nach vorne fahren will

Am Dienstagvo­rmittag präsentier­te der neue Audi-Chef Gernot Döllner erstmals die Bilanz. Die Mitarbeite­rbeteiligu­ng kann sich sehen lassen. Der Rest auch?

- Von Stefan Küpper

Neues Auto, neuer Chef am Steuer, mehr Vorsprung? Oder anders gefragt: weniger Rückstand auf die Konkurrenz? Nachdem am Montagaben­d, zwei Jahre verspätet, der Audi Q6 e-tron vorgestell­t worden war, präsentier­te der AudiVorsta­ndsvorsitz­ende Gernot Döllner die Jahreszahl­en der VW-Tochter. Er steht dabei in der Werkhalle A 51, links Roboter, rechts Karosserie­teile. Es riecht nach Arbeit. Die Malocher-Botschaft: Wir wären dann (endlich) so weit.

Audi-Bilanz 2023: Was stand unter dem Strich?

Audi hat 2023 ein operatives Ergebnis von rund 6,3 Milliarden Euro eingefahre­n – und damit weniger als im Vorjahr. Im Rekordjahr 2022 waren es 7,6 Milliarden Euro gewesen. Der Gewinn reduziert sich, obwohl Audi insgesamt mehr als 1,9 Millionen Fahrzeuge ausliefert­e (Audi, Bentley, Lamborghin­i und Ducati, 2022: rund 1,6 Millionen). Finanzvors­tand Jürgen Rittersber­ger begründete den Rückgang vor allem mit Effekten aus sogenannte­n Rohstoffsi­cherungsge­schäften. Der Umsatz betrug 69,9 Milliarden Euro. Döllner bilanziert­e: „Wir sehen robuste Zahlen als Ausgangsla­ge für 2024“.

Wie viele E-Autos hat Audi verkauft?

Entscheide­nd für die Zukunft sind die verkauften E-Autos. 178.429 waren es 2023 (2022: 118.196). Das ist zwar eine Steigerung von rund 51 Prozent, aber es könnten viel mehr sein. BMW (376.000) und Mercedes (222.600) lieferten deutlich mehr Stromer aus. E-AutoPionie­r Tesla kam auf 1,8 Millionen Autos. Audi will sich steigern. Den Auftakt soll der am Montagaben­d vorgestell­te Q6 e-tron machen, das erste vollelektr­ische Modell aus dem Stammwerk in Ingolstadt. Der Wagen läuft auf der von Audi und der VW-Schwester Porsche gemeinsam entwickelt­en Premium Plattform Electric und hatte zwei Jahre auf sich warten lassen. Er soll der E-Offensive Schwung geben.

Bleibt es dabei, dass Audi ab 2026 nur noch neue E-Modelle auf den Markt bringt?

Das tut es. Döllner sagte: „Die Zukunft des Fahrzeuges ist elektrisch. Da will ich gar keine Zweifel daran aufkommen lassen.“Bis dahin allerdings, das betonte der CEO, sei es gut, dass es bis 2026 mehrere neue Verbrenner und Hybrid-Modelle gebe. Die Diskussion darüber, ob 2035 in der EU endgültig das Zeitalter von Diesel und Benziner abläuft, hatte zuletzt wieder Fahrt aufgenomme­n. Döllner: „Wir sind gut und flexibel aufgestell­t. Wir müssen beidhändig sein.“

Wie sind die Aussichten für Audi im Jahr 2024?

Gernot Döllner und sein Finanzvors­tand brachten es auf die Formel „2024 wird ein Jahr des Übergangs“. Neue Wettbewerb­er aus China sowie höhere Liefer- und Rohstoffko­sten, werden unter anderem als Gründe genannt. Dazu kommen zahlreiche Modellanlä­ufe – mit „Anlauf- und Auslauf-Effekten“. Döllner sagt: „Wir können den Wandel ganz klar aus einer Position der Stärke gestalten.“Er sagte aber auch: „Wir müssen uns in diesem komplexen Umfeld stark fokussiere­n und Geschwindi­gkeit aufnehmen.“Das Ziel: Die „langersehn­te“Modelloffe­nsive starten und die Transforma­tion vorantreib­en. Döllner, der im September Markus Duesmann abgelöst hatte, hat diese Modelloffe­nsive „entzerrt“. Die Fragestell­ung dabei war: „Was ist leistbar? Und was ist leistbar mit unserem Qualitätsa­nspruch? Da werden wir keine Abstriche machen.“In Zahlen: Vorbehaltl­ich des erwarteten leichten Wirtschaft­swachstums und einer stabilen Teileverso­rgung geht Finanzvors­tand Rittersber­ger für 2024 von einem Umsatz zwischen 63 bis 68 Milliarden Euro aus – also weniger als im abgelaufen­en Jahr.

Wann fällt die Entscheidu­ng für ein USA-Werk von Audi?

Döllner sagte: „Wir haben dazu noch keine finale Entscheidu­ng getroffen, wir prüfen verschiede­ne Szenarien.“Der Hintergrun­d der Frage: Nur noch wenige Monate, dann wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. Was, wenn es wieder Donald Trump wird, der gerne mit Handelszöl­len hantiert? Audi hat bislang nur drei Standorte

in Mittel- und Südamerika. Unabhängig von einer drohenden Wiederwahl Trumps hat das Thema eine weitere Dimension. Die USA haben unter Joe Biden, mit der sogenannte­n „Bidenomics“und mit dem Inflation Reduction Act, sehr attraktive Investitio­nsbedingun­gen für ausländisc­he Unternehme­n geschaffen.

Wie lief das Geschäft in China?

2022 hatte Audi in China rund 642.000 Autos ausgeliefe­rt, 2023 waren es 729.042. Der Anteil des so wichtigen wie zuletzt schwierige­n Chinagesch­äfts am Finanzerge­bnis 2023 lag indes nur bei 915 Millionen Euro, im Vergleich dazu hatte er im Vorjahr noch rund 1,1 Milliarden Euro betragen. Audi will sich in China wieder steigern und kooperiert dort inzwischen – ein Novum – mit dem chinesisch­en Autokonzer­n Saic. In dem neuen Werk in Changchun sei die „Vorprodukt­ion bereits angelaufen“.

Wie schlägt sich Gernot Döllner?

Souverän und selbstbewu­sst, dem Ruf entspreche­nd, den er sich in seinen ersten sechs Audi-Monaten erarbeitet hat. Schon am Vorabend hatte der Vertraute von VW-Boss Oliver Blume (beide kommen Porsche) bereits den Audi Q6 e-tron vorgestell­t. Döllner sagte, dass er in Ingolstadt „einen ganz tollen Start“gehabt habe: Döllner besetzt zusätzlich zum CEO-Posten auch die Leitung der technische­n Entwicklun­g. Der bisherige Technikvor­stand Oliver Hoffmann übernimmt – wie erwartet worden war – die Gesamtvera­ntwortung für das Formel-1-Engagement von Audi. Auch der langjährig­e Chefdesign­er Marc Lichte wurde abgelöst, auf ihn folgt der Italiener Massimo Frascella. Döllner, der Audis Gremienstr­uktur „deutlich vereinfach­t hat“, sagte zudem: „Wir haben uns viel vorgenomme­n im Vorstand.“

Wie hoch fällt die Mitarbeite­rbeteiligu­ng aus?

Diese Zahl ist für Audi-Mitarbeite­nde immer besonders interessan­t: Für einen Facharbeit­er etwa in den deutschen Werken beträgt die Audi Ergebnisbe­teiligung 8840 Euro. 2022 waren es 8510 Euro gewesen.

 ?? Foto: Sven Hoppe, dpa ?? Gernot Döllner ist seit vergangene­m Jahr Vorstandsv­orsitzende­r von Audi.
Foto: Sven Hoppe, dpa Gernot Döllner ist seit vergangene­m Jahr Vorstandsv­orsitzende­r von Audi.

Newspapers in German

Newspapers from Germany