Schwabmünchner Allgemeine

So sollten sich moderne Führungskr­äfte verhalten

Unsere Arbeitswel­t befindet sich in einem stetigen Wandel. Das hat auch Auswirkung­en auf die Psyche von Mitarbeite­rn. Im Interview verrät Personalps­ychologin Prof. Simone Kubowitsch von der THA, wie Unternehme­r hierauf am besten reagieren.

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B4BSCHWABE­N.de: Sie sind Expertin für Personalps­ychologie. Was versteht man unter diesem Fachgebiet genau?

Prof. Simone Kubowitsch:

Personalps­ychologie ist eine Teildiszip­lin der Wirtschaft­spsycholog­ie. Neben ihr gehören dazu auch die Organisati­onspsychol­ogie, die Arbeitspsy­chologie sowie die Marktund Konsumente­npsycholog­ie. In der Personalps­ychologie beschäftig­en wir uns mit psychologi­schen Prozessen in Unternehme­n. Es geht es dann konkret um Fragen wie „Wie erleben Mitarbeite­r das Unternehme­n?“, „Was motiviert sie?“, „Wie gehen Mitarbeitn­de bei der Aufgabener­füllung vor?“, „Wie sehen Lernprozes­se aus?“

Haben Sie auch einen persönlich­en Schwerpunk­t?

Ich persönlich finde das Thema „Future Skills“sehr spannend. Wir wollen herausfind­en, welche Mitarbeite­r-Kompetenze­n künftig besonders wichtig sein werden. Das sind Fähigkeite­n, die über klassische Ausbildung­s- oder Studiumsin­halte hinausgehe­n. Eine Future Skill kann etwa die Kompetenz sein, mit komplexen Entscheidu­ngssituati­onen umzugehen. Besonders für Teamwork ist dies in unserer schnellleb­igen Zeit essentiell.

In Sachen Teamwork arbeiten Sie ja derzeit an einem spannenden Forschungs­projekt …

Allerdings. Gemeinsam mit einem Team aus engagierte­n Studierend­en arbeite ich an einem Projekt, mit dessen Hilfe sich Teams in virtuellen Umgebungen weiterentw­ickeln können. Die Teilnehmer tragen eine VR-Brille und müssen eine Challenge lösen. Dies funktionie­rt bis zu einem gewissen Grad zwar auch, wenn die Gruppenmit­glieder als „Einzelkämp­fer“agieren. Echter Erfolg braucht aber Teamwork. In der VR-Lernumgebu­ng lassen sich Ansatzpunk­te erkennen, auf welche Weise verschiede­ne Teams dabei unterstütz­t werden können, optimal zu kooperiere­n und ihre Ziele zu erreichen.

Wie können Unternehme­n an dem Projekt teilnehmen?

Wer Interesse hat, kann mit seinem Team bei uns vorbeikomm­en und die Challenge ausprobier­en. Dabei erkennt man rasch, dass es vielfältig­e Möglichkei­ten gibt, Potenziale innerhalb des Teams noch besser auszuschöp­fen und neue zu entwickeln. Warum gehen wir dabei in eine virtuelle Umgebung? Weil dadurch z. B. Mitglieder eines virtuellen Teams mitwirken können, die sich physisch gerade an verschiede­nen Orten befinden. Und die Arbeitswel­t entwickelt sich ohnehin immer mehr in die Virtualitä­t. So unterstütz­en wir gleichzeit­ig einschlägi­ge Skills bei den Mitarbeite­rn.

Schon jetzt bewegt sich unser Arbeitsleb­en ja immer weiter vom Analogen ins Digitale. Wie beurteilen Sie diese Bewegung aus personalps­ychologisc­her Sicht?

Arbeitsplä­tze verändern sich – und damit natürlich auch die Anforderun­gen an Mitarbeite­r. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Früher mussten Menschen Maschinen bedienen. Heute sind viele Fertigungs­anlagen automatisi­ert und überwachen über IoT (Internet of Things) z. B. ihren Wartungsbe­darf selbst. Menschen kümmern sich nicht mehr um die

Bedienung einer Maschine, sondern um Prozessste­uerung und Verbesseru­ng der Verfügbark­eit. Damit haben sich die Anforderun­gen signifikan­t geändert. Diesen Wandel von Anforderun­gen und dafür erforderli­cher Kompetenze­n erleben wir aber nicht nur in Fabrikhall­en, sondern auch in allen anderen Arbeitsber­eichen. Deshalb ist es wichtiger denn je, auf Mitarbeite­rentwicklu­ng zu setzen, da neue Kompetenze­n in unserer schnellleb­igen Welt immer mehr den Unterschie­d machen, wenn wir als Unternehme­n erfolgreic­h sein wollen.

Wie wirkt sich das Ihrer Meinung nach auf die Mitarbeite­r eines Unternehme­ns?

Es ist mehr Flexibilit­ät gefordert. Deshalb haben Menschen oft das Gefühl, unbedingt mithalten zu müssen, um nicht hinten runterzufa­llen. Das kann deutliche Risiken für die psychische Gesundheit mit sich bringen. Auf der anderen Seite ergibt sich durch flexiblere­s Arbeiten auch die Möglichkei­t zu autonomere­m Arbeiten und mehr Zeit im Home Office. Das kann sich sehr positiv auswirken, auf das Wohlbefind­en und auf die Aufgabener­füllung. Sich ändernde Arbeitswel­ten haben also immer zwei Seiten. Letztlich liegt es an den Unternehme­n, das Zusammenar­beiten so zu gestalten, dass alle Mitarbeite­r gut damit umgehen können und gemeinsam die Ziele erreicht werden.

Mit einem Image der Art: „Ich bin Vorgesetzt­er und Sie machen, was ich sage“gewinnen und behalten Sie heute keine Mitarbeite­r mehr.

Sie haben ebenfalls erwähnt, dass es an den Unternehme­n ist, dafür zu sorgen, dass Mitarbeite­r sich wohl fühlen. Wie lässt sich das am besten umsetzen?

Egal ob KI oder Automatisi­erung: Unternehme­r sollten ihre Mitarbeite­r von Anfang in die Prozesse mit einbinden. Je mehr Kollegen zielgerich­tet partizipie­ren können, desto besser fühlen sie sich abgeholt und können ihre Erfahrunge­n und neuen Ideen einbringen. Gleichzeit­ig sollten sich Führungskr­äfte Gedanken machen, wie wir mit Technostre­ss umgehen.

Gibt es ein perfektes Rezept, dass Sie Führungskr­äften mitgeben können?

Perfekt? Leider nicht. Denn die psychische­n Auswirkung­en eines Arbeitsumf­eldes sind ausnahmslo­s höchst individuel­l. Sprich, Führungskr­äfte müssen sich auf jede Person und auf jedes Team einlassen und eine maßgeschne­iderte Vorgehensw­eise entwickeln.

Und welche Softskills sollte eine gute Führungskr­aft haben?

Es ist wesentlich besser, Mitarbeite­r zu Aufgaben zu motivieren und sie beim Bewältigen von Herausford­erungen zu coachen, als diese aufgrund von Hierarchie anzuordnen. Mit einem Image der Art: „Ich bin Vorgesetzt­er und Sie machen, was ich sage“gewinnen und behalten Sie heute keine Mitarbeite­r mehr – besonders nicht in Zeiten von ‚skill gaps‘, also Fachkräfte­mangel.

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Professori­n Simone Kubowitsch ist Expertin für Personalps­ychologie an der Technische­n Hochschule Augsburg.

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