Das Internet – fürs Finanzamt Neuland?
Der Oberste Rechnungshof rügt die mangelhafte Besteuerung von Influencern. Einnahmen im Erotik-Bereich liegen im Einzelfall sogar über 100.000 Euro.
Schon einfachste Recherchen im Internet reichten dem Bayerischen Obersten Rechnungshof (ORH) aus, um festzustellen, dass die Besteuerung von Influencern mangelhaft ist. Für die Finanzämter aber ist das Internet offenbar ein noch weitgehend unbekanntes Land, wodurch dem Staat in hohem Umfang Einnahmen entgehen. Das Finanzministerium verspricht, die Kritik des ORH ernst zu nehmen und künftig genauer hinzuschauen.
Der Markt für professionelle Social-Media-Akteure wächst schnell. In seinem am Dienstag vorgelegten Jahresbericht geht der ORH davon aus, dass Unternehmen deutschlandweit insgesamt mehr als 600 Millionen Euro für Influencer-Werbung ausgeben. Für das Jahr 2027 wird bereits mit einem Volumen von rund 900 Millionen Euro gerechnet.
Bei der Besteuerung der Influencer aber kommen die Finanzbehörden offenkundig nicht hinterher. In Bayern hat der ORH 266 Fälle unter die Lupe genommen und festgestellt, dass „Influencer ihren steuerlichen Pflichten vielfach nicht ordnungsgemäß nachkommen“. Es gebe, so der ORH, „erhebliche Ermittlungs- und Vollzugsdefizite“. Den Finanzämtern fehlten oft wichtige Daten, Ermittlungsmöglichkeiten
würden nicht ausgeschöpft. Zum Teil geht es dabei laut ORH um erhebliche Summen. Vor allem im Erotik-Bereich würde hohe Einnahmen erzielt, die zum Teil über 100.000 Euro liegen. In einem der überprüften Fälle konnte ein Influencer seine Einnahmen binnen eines Jahres von etwa 22.000 Euro auf über 122.000 Euro steigern und einen Gewinn von mehr als 82.000 Euro erzielen.
„Massive Defizite“sehen die Rechnungsprüfer auch bei der Besteuerung von Gewinnen aus Geschäften mit Kryptowährungen. Das Handelsvolumen wird auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Nur ein minimaler Anteil der Gewinne werde gegenüber dem Finanzamt erklärt. Das Steuerausfallrisiko liege für Bayern vorsichtig geschätzt bei circa 150 Millionen Euro jährlich. Die Finanzämter sind laut ORH derzeit kaum dazu in der Lage, nicht erklärte Sachverhalte aufzudecken.
Das bayerische Finanzministerium sagt in einer ersten Reaktion zu, die Anmerkungen und Empfehlungen des ORH zur Besteuerung von Kryptowährungen und Influencern ausführlich zu prüfen. Die Beschäftigten sollen sensibilisiert, die steuerliche Erfassung verbessert werden.
„Daneben soll künftig im Rahmen von Betriebsprüfungen von Unternehmen, die mit Influencern als Werbepartner kooperieren, umfangreiches Kontrollmaterial für die Besteuerung von Influencern gewonnen werden“, heißt es in der Erklärung des Finanzministeriums.