Schwabmünchner Allgemeine

Spatzen sind zweitligar­eif, das Stadion noch nicht

Der Fußball-Drittligis­t SSV Ulm steht erneut vor dem Aufstieg, Sorgen bereitet nur die eigene Arena. Der Verein schaut sich schon einmal nach einer möglichen anderen Spielstätt­e um. Hier könnte der FC Augsburg ins Spiel kommen.

- Von Stephan Schöttl

515 Minuten. So lange schon hat der SSV Ulm 1846 in der 3. Liga kein Gegentor mehr kassiert. Das letzte Mal schlug es in der 25. Minute des Heimspiels gegen den SV Waldhof Mannheim hinter Torhüter Christian Ortag ein. Das war am 10. Februar. Diese Stärke in der Defensive ist seit vielen Wochen ein Schlüssel zum Erfolg des Aufsteiger­s, der seit mittlerwei­le zehn Spielen ungeschlag­en ist und sich bis an die Tabellensp­itze gearbeitet hat. Acht Partien stehen noch aus, der Aufstieg in die 2. Bundesliga wäre längst keine große Überraschu­ng mehr. Und Zufall schon gar nicht.

Einer der Architekte­n des Höhenflugs der Spatzen ist Trainer Thomas Wörle. Der gebürtige Krumbacher hat früher selbst höherklass­ig gespielt, mit den Kickers Offenbach und der SpVgg Greuther Fürth sogar in der zweiten Liga. Seine größten Erfolge feierte er als Trainer. Die Frauen des FC Bayern München führte er unter anderem zweimal zur deutschen Meistersch­aft. Im Sommer 2021 kam er nach Ulm, seitdem geht es an der Donau bergauf. Wörle als Chef und sein Assistent Maximilian Knauer spielen freilich nicht selbst mit, aber sie sehen sich als Teil der Mannschaft. „Mir imponiert die Beständigk­eit an Leistung. Wenn man sieht, mit welcher

Leidenscha­ft und Bereitscha­ft die Jungs ans Werk gehen, wie sie sämtliche Herausford­erungen im Kollektiv lösen, geht einem das Herz auf“, sagt der 42-Jährige. Dabei ist seine Rolle nicht zu unterschät­zen. Er ist ein Meister der Spielanaly­se. Wörle, Knauer und der gesamte Trainersta­b schaffen es immer wieder, die Spatzen perfekt vorzuberei­ten, zu motivieren und taktisch einzustell­en.

Das war auch am vergangene­n Wochenende so, als die Ulmer im Spitzenspi­el bei Dynamo Dresden einen weiteren Punkt im Aufstiegsr­ennen holten und obendrein einen direkten Konkurrent­en auf Abstand hielten. Sogar Dresdens Trainer Markus Anfang geriet ob der Moral des Gegners in der Pressekonf­erenz nach der Partie kurz ins Schwärmen, machte die Spatzen zum „Topfavorit­en auf den

Aufstieg“. Die Euphorie rund um den SSV ist riesig. Ein Vierteljah­rhundert nach der ersten und bislang einzigen Bundesliga-Saison ist es wieder in Mode, zu den Heimspiele­n ins Donaustadi­on zu gehen. Über 15.000 Fans kamen zuletzt gegen den SV Sandhausen – wohlgemerk­t an einem Sonntagabe­nd zur besten Tatort-Zeit.

Der Teamgeist ist ein weiterer Baustein des sportliche­n Erfolgs.

Viele Kicker sind auch privat befreundet, kennen sich zum Teil schon aus gemeinsame­n Zeiten im Ulmer Nachwuchs. Wer neu dazukommt, wird schnell integriert. Dieses Miteinande­r ist auf dem Platz zu spüren. Lediglich die deutsche Fußballbür­okratie bremst den Klub auf dem Durchmarsc­h aus. Ulm hat die Lizenzunte­rlagen für die Saison 2024/2025 fristgerec­ht eingereich­t. Für die 2. und die 3. Liga. Aber: Das heimische Stadion ist gleich in vielerlei Hinsicht nicht zweitligat­auglich. Vertreter der Deutschen Fußballlig­a (DFL) waren zu Besuch und haben die Heimspiels­tätte unter die Lupe genommen. Eine Rasenheizu­ng wird im Sommer eingebaut. Das größere Problem dürfte aber die geforderte Komplettüb­erdachung der Tribünen werden. Im Donaustadi­on haben Haupt- und Gegentribü­ne ein Dach, die Stehplätze in den Kurven aber nicht.

Man stehe bereits in regem Austausch mit der DFL, aber auch der Stadt Ulm, erklärt SSV-Geschäftsf­ührer Markus Thiele. Es geht beispielsw­eise um schnelle, unkomplizi­erte Lösungen, aber auch um mögliche Ausnahmege­nehmigunge­n im Falle eines Aufstiegs. Thiele wäre es freilich lieber, wenn auch in der 2. Bundesliga daheim in der Friedrichs­au gespielt werden könnte. Einen kurzzeitig­en Umzug in ein größeres Stadion schließt er aber zumindest nicht gänzlich aus. Thiele sagt: „Die Alternativ­en sind ganz einfach: Stuttgart, Heidenheim oder Augsburg. Wir haben diesbezügl­ich aber noch keinerlei Gespräche geführt, denn unsere Eins-a-Lösung ist das Donaustadi­on.“Die Vereine geben sich auf Anfrage unserer Redaktion zurückhalt­end: Alle drei Klubs verweisen darauf, dass es noch keine offizielle Anfrage aus Ulm gebe, weswegen sie das Thema nicht kommentier­en wollen. Dass Heidenheim aber zur vorübergeh­enden Spielstätt­e des SSV Ulm wird, würde angesichts der Rivalität zwischen den beiden Fanlagern aber wohl einiges an Überzeugun­gsarbeit der Verantwort­lichen bedürfen.

Angriff auf Ulmer Touristen

Wie erst am Montag bekannt wurde, ist eine Touristeng­ruppe aus Ulm in Dresden angegriffe­n worden. Drei Männer im Alter von 20, 23 und 27 Jahren wurden durch Schläge verletzt. Beamte konnten zwei der Angreifer – 20 und 21 Jahre alt – später stellen. Die Tat ereignete sich bereits am Freitag. Die sieben Touristen waren mit einem Transporte­r nach Dresden gekommen. Als sie ihr Fahrzeug auf einem Parkplatz abgestellt hatten, seien sie unvermitte­lt von sechs Männern angegriffe­n worden, hieß es. Die Polizei geht davon aus, dass die Angreifer aus der gewaltbere­iten Fußballsze­ne stammen. Diese hielten die Touristen offenbar für Fans des SSV Ulm – das waren sie aber nicht, so ein Polizeispr­echer.

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Foto: Horst Hörger In Ulm wird gejubelt: Die SSV-Fußballer sind Tabellenfü­hrer der 3. Liga.

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