Spatzen sind zweitligareif, das Stadion noch nicht
Der Fußball-Drittligist SSV Ulm steht erneut vor dem Aufstieg, Sorgen bereitet nur die eigene Arena. Der Verein schaut sich schon einmal nach einer möglichen anderen Spielstätte um. Hier könnte der FC Augsburg ins Spiel kommen.
515 Minuten. So lange schon hat der SSV Ulm 1846 in der 3. Liga kein Gegentor mehr kassiert. Das letzte Mal schlug es in der 25. Minute des Heimspiels gegen den SV Waldhof Mannheim hinter Torhüter Christian Ortag ein. Das war am 10. Februar. Diese Stärke in der Defensive ist seit vielen Wochen ein Schlüssel zum Erfolg des Aufsteigers, der seit mittlerweile zehn Spielen ungeschlagen ist und sich bis an die Tabellenspitze gearbeitet hat. Acht Partien stehen noch aus, der Aufstieg in die 2. Bundesliga wäre längst keine große Überraschung mehr. Und Zufall schon gar nicht.
Einer der Architekten des Höhenflugs der Spatzen ist Trainer Thomas Wörle. Der gebürtige Krumbacher hat früher selbst höherklassig gespielt, mit den Kickers Offenbach und der SpVgg Greuther Fürth sogar in der zweiten Liga. Seine größten Erfolge feierte er als Trainer. Die Frauen des FC Bayern München führte er unter anderem zweimal zur deutschen Meisterschaft. Im Sommer 2021 kam er nach Ulm, seitdem geht es an der Donau bergauf. Wörle als Chef und sein Assistent Maximilian Knauer spielen freilich nicht selbst mit, aber sie sehen sich als Teil der Mannschaft. „Mir imponiert die Beständigkeit an Leistung. Wenn man sieht, mit welcher
Leidenschaft und Bereitschaft die Jungs ans Werk gehen, wie sie sämtliche Herausforderungen im Kollektiv lösen, geht einem das Herz auf“, sagt der 42-Jährige. Dabei ist seine Rolle nicht zu unterschätzen. Er ist ein Meister der Spielanalyse. Wörle, Knauer und der gesamte Trainerstab schaffen es immer wieder, die Spatzen perfekt vorzubereiten, zu motivieren und taktisch einzustellen.
Das war auch am vergangenen Wochenende so, als die Ulmer im Spitzenspiel bei Dynamo Dresden einen weiteren Punkt im Aufstiegsrennen holten und obendrein einen direkten Konkurrenten auf Abstand hielten. Sogar Dresdens Trainer Markus Anfang geriet ob der Moral des Gegners in der Pressekonferenz nach der Partie kurz ins Schwärmen, machte die Spatzen zum „Topfavoriten auf den
Aufstieg“. Die Euphorie rund um den SSV ist riesig. Ein Vierteljahrhundert nach der ersten und bislang einzigen Bundesliga-Saison ist es wieder in Mode, zu den Heimspielen ins Donaustadion zu gehen. Über 15.000 Fans kamen zuletzt gegen den SV Sandhausen – wohlgemerkt an einem Sonntagabend zur besten Tatort-Zeit.
Der Teamgeist ist ein weiterer Baustein des sportlichen Erfolgs.
Viele Kicker sind auch privat befreundet, kennen sich zum Teil schon aus gemeinsamen Zeiten im Ulmer Nachwuchs. Wer neu dazukommt, wird schnell integriert. Dieses Miteinander ist auf dem Platz zu spüren. Lediglich die deutsche Fußballbürokratie bremst den Klub auf dem Durchmarsch aus. Ulm hat die Lizenzunterlagen für die Saison 2024/2025 fristgerecht eingereicht. Für die 2. und die 3. Liga. Aber: Das heimische Stadion ist gleich in vielerlei Hinsicht nicht zweitligatauglich. Vertreter der Deutschen Fußballliga (DFL) waren zu Besuch und haben die Heimspielstätte unter die Lupe genommen. Eine Rasenheizung wird im Sommer eingebaut. Das größere Problem dürfte aber die geforderte Komplettüberdachung der Tribünen werden. Im Donaustadion haben Haupt- und Gegentribüne ein Dach, die Stehplätze in den Kurven aber nicht.
Man stehe bereits in regem Austausch mit der DFL, aber auch der Stadt Ulm, erklärt SSV-Geschäftsführer Markus Thiele. Es geht beispielsweise um schnelle, unkomplizierte Lösungen, aber auch um mögliche Ausnahmegenehmigungen im Falle eines Aufstiegs. Thiele wäre es freilich lieber, wenn auch in der 2. Bundesliga daheim in der Friedrichsau gespielt werden könnte. Einen kurzzeitigen Umzug in ein größeres Stadion schließt er aber zumindest nicht gänzlich aus. Thiele sagt: „Die Alternativen sind ganz einfach: Stuttgart, Heidenheim oder Augsburg. Wir haben diesbezüglich aber noch keinerlei Gespräche geführt, denn unsere Eins-a-Lösung ist das Donaustadion.“Die Vereine geben sich auf Anfrage unserer Redaktion zurückhaltend: Alle drei Klubs verweisen darauf, dass es noch keine offizielle Anfrage aus Ulm gebe, weswegen sie das Thema nicht kommentieren wollen. Dass Heidenheim aber zur vorübergehenden Spielstätte des SSV Ulm wird, würde angesichts der Rivalität zwischen den beiden Fanlagern aber wohl einiges an Überzeugungsarbeit der Verantwortlichen bedürfen.
Angriff auf Ulmer Touristen
Wie erst am Montag bekannt wurde, ist eine Touristengruppe aus Ulm in Dresden angegriffen worden. Drei Männer im Alter von 20, 23 und 27 Jahren wurden durch Schläge verletzt. Beamte konnten zwei der Angreifer – 20 und 21 Jahre alt – später stellen. Die Tat ereignete sich bereits am Freitag. Die sieben Touristen waren mit einem Transporter nach Dresden gekommen. Als sie ihr Fahrzeug auf einem Parkplatz abgestellt hatten, seien sie unvermittelt von sechs Männern angegriffen worden, hieß es. Die Polizei geht davon aus, dass die Angreifer aus der gewaltbereiten Fußballszene stammen. Diese hielten die Touristen offenbar für Fans des SSV Ulm – das waren sie aber nicht, so ein Polizeisprecher.