Schwabmünchner Allgemeine

Weber holt dreimal WM-Gold

Die 28-Jährige schwimmt bei der Masters-Weltmeiste­rschaft in Doha zu drei Titeln. Trotzdem nimmt dieses Ergebnis in ihrer Karriere nicht den größten Stellenwer­t ein.

- Von Martin Semer

„Damit habe ich nicht gerechnet“, gibt sich Nicole Weber durchaus überrascht über ihre drei Top-Resultate bei der Masters-WM in Katar. Mit dem Ergebnis ist sie dementspre­chend auch „sehr zufrieden“. Über 200 und 400 Meter Lagen sowie 200 Meter Brust schlug die Athletin des SV Augsburg in ihrer Altersklas­se als Erste an. Die Masters-WM gilt als die Königsklas­se der Amateure im Schwimmspo­rt. Anders als bei den Profis treten die Sportlerin­nen und Sportler in bestimmten Altersklas­sen (AK) gegeneinan­der an. Eine Alterskate­gorie umfasst immer fünf Jahrgänge, in Webers Fall, der AK 25, sind das alle Athletinne­n zwischen 25 und 29 Jahren. Diese Alterseint­eilung in Fünf-Jahres-Schritten zieht sich durch bis hinauf in die AK 100.

Vom 22. Februar bis 4. März war Weber zusammen mit weiteren Schwimmkol­legen des SVA in Katar und schwamm dort in genau dem gleichen Becken, wie die Profisport­ler bei der Schwimm-WM eine Woche zuvor. So saß Weber vor ihren Wettkämpfe­n in einem „Call-Room“– wie die Profis eben auch. Für die 28-Jährige aber doch eine eher ungewohnte Erfahrung: „Wir sitzen in dem Raum eine halbe Stunde vor Wettkampfb­eginn. Niemand sagt etwas, man starrt sich so ein bisschen an. Das hat mich aus der Routine rausgebrac­ht.“Ihrer sportliche­n Leistung tat dies im Nachhinein betrachtet aber keinen Abbruch. So schwamm sie die 200 Meter Lagen beinahe in ihrer persönlich­en Bestleistu­ng. „Als ich im Wasser auf die Anzeige schaute, war ich etwas überrascht“, sagt Weber. Ihre neue Zeit war mit 2:25,29 Minuten nur eine Hundertste­lsekunde langsamer als ihre eigene Bestmarke (2:25,30 min).

Da Weber als Amateurin hauptberuf­lich einer anderen Beschäftig­ung nachgeht, musste sie für die Masters-WM eineinhalb Wochen Urlaub nehmen. Zwischen den Wettkämpfe­n blieb dann auch mal Zeit, sich am Strand des Wüstenstaa­ts zu erholen. „Es war sehr schön dort, bei 25 bis 27 Grad“, gibt Weber zu, auch wenn sie ihren Aufenthalt in Katar eher als „Wettkampf-Urlaub“bezeichnen würde.

Einen großen Anteil am Erfolg hat Trainer Christian Reißner. „Die Trainer haben einen riesen Einfluss“, erklärt Weber. „Wir schwimmen das, was der Trainer an die Tafel schreibt. Du vertraust dem Trainer zu 100 Prozent. Anders kommst du nicht weiter.“Auf den Wettkampf in Doha bereiteten sich Weber und ihre Mannschaft­skollegen ein halbes Jahr lang vor.

Die Erfolge in Katar waren nicht die ersten ihrer Karriere. In den drei gleichen Diszipline­n hatte sie im Zuge der Masters-Europameis­terschafte­n in Rom vor zwei Jahren ebenfalls die Goldmedail­len abgeräumt. Doch anders als bei der EM zeigte sich die Konkurrenz in Doha stärker. „Das war ein anderes Niveau“, sagt Weber. In Rom konnte sie nach dem Anschlag über 200 Meter Lagen entspannt mehrere

Sekunden auf ihre Konkurrent­innen warten. In Katar duellierte sie sich in dieser Disziplin mit der Ungarin Gloria Okos. Von ihr trennten sie im Ziel lediglich 0,81 Sekunden. „Der Wettkampfg­eist steckt tief in mir drin. Wenn ich auf Augenhöhe mit den Konkurrent­en bin, und merke, dass ich vorne liege, kommt mein Kämpferher­z raus“, erläutert die Schwimmeri­n ihr Erfolgsrez­ept.

Zehren konnte Weber bei den Wettkämpfe­n in Doha auch von ihrer Collegezei­t in den USA. Dort trainierte sie zwölfmal die Woche. „Die Ausdauer hilft mir heute immer noch“, sagt die Schwimmeri­n.

Dank eines Stipendium­s hatte sie einst den Studienpla­tz an der Saint Leo University in Florida bekommen. Mit gerade mal 18 Jahren war sie nach dem Abitur über den Atlantik gezogen. „Das muss man schon wollen“, gibt Weber zu. Für sie sei es aber „genau das Richtige“gewesen.

Im Zuge der Wettkämpfe der nordamerik­anischen Colleges zog sie auch dreimal in die Finalläufe der „Nationals“ein, den nationalen Collegemei­sterschaft­en der USA. Diese Ergebnisse in einer starken Konkurrenz markieren für Weber ihren persönlich­en Karrierehö­hepunkt. „Das Schwimmen wird in Amerika viel mehr unterstütz­t, nicht so wie in Deutschlan­d“, erklärt sie. „Das ist dort richtiges Business.“Dementspre­chend treten die besten Nachwuchss­chwimmerin­nen und -schwimmer, die aus aller Welt quasi „eingekauft“werden, gegeneinan­der an.

Nach den drei Goldmedail­len in Katar hält Weber jedenfalls fest: „Viel besser machen kann ich das eigentlich nicht.“Trotz der guten Ergebnisse kommt für die 28-Jährige keine Profikarri­ere mehr infrage, dafür sei sie zu alt. Was allerdings bleibt: „Ein Leben ohne Schwimmen kann ich mir auch nicht vorstellen.“

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Fotos: Günther Weber Nicole Weber in Aktion und bei der Siegerehru­ng über 200 Brust neben Gloria Okos (2./links) und Karolina Szyszkowsk­a (rechts).

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