Schwabmünchner Allgemeine

E-Scooter-Fahrer stirbt nach Unfall mit Tram

Ein 36-Jähriger wird auf der Friedberge­r Straße von einer Straßenbah­n erfasst. Er stirbt später im Krankenhau­s. Es ist der erste derartige Unfall in Augsburg. Was der Polizei auffällt.

- Von Ina Marks

Er sitzt am Straßenran­d auf einem Fahrradstä­nder, schaut immer wieder kopfschütt­elnd auf die kleine Insel mitten auf der Friedberge­r Straße. Dort flackern zwei Grablichte­r, eines in Form eines Herzens. Seit einer Stunde verharrt Urim Ibrahimi schon hier, ihm kommen ständig die Tränen. „Wie konnte das nur passieren?“, wiederholt er unablässig und: „Er war wie ein Bruder für mich.“Sein Freund, ein 36 Jahre alter Augsburger, ist am Vortag an dieser Stelle auf einem E-Scooter von einer Straßenbah­n erfasst worden. Er erlag später seinen Verletzung­en. Nicht nur der trauernde Freund fragt sich, wie es zu dem tödlichen Unglück kam.

Es war am Montag kurz vor 17 Uhr, als sich der schrecklic­he Unfall in der Friedberge­r Straße auf Höhe des Bürgerbüro­s Hochzoll und der benachbart­en Stadtspark­asse ereignete. Nach bisherigen Erkenntnis­sen der Polizei war der 36 Jahre alte Augsburger auf der viel befahrenen Straße auf einem E-Scooter stadtauswä­rts unterwegs, als er die Friedberge­r Straße querte. Wie die Polizei weiter berichtet, übersah er dabei offenbar eine herannahen­de Straßenbah­n.

Die Tram der Linie 6 fuhr ebenfalls in Richtung Friedberg. Es kam zum Zusammenst­oß. Der Aufprall muss so heftig gewesen sein, dass die Frontschei­be der Straßenbah­n beschädigt wurde. Der 36-Jährige wurde mit schwersten Verletzung­en in ein Krankenhau­s gebracht. Dort starb er in der Nacht auf Dienstag. Eine erste Meldung, dass der Verunglück­te eine rote Ampel missachtet haben soll, kann die Polizei am Tag danach weder bestätigen noch dementiere­n. Auch wisse man zum derzeitige­n Zeitpunkt nicht, ob der E-Scooter-Fahrer überhaupt die Fußgängera­mpel benutzt hat, oder an anderer Stelle in dem Bereich die Straße queren wollte, so ein Sprecher.

In der Tram selbst, die ein 54-jähriger Fahrer steuerte und in der Fahrgäste saßen, wurde nach aktuellem Kenntnisst­and niemand verletzt. Die Straßenbah­nlinie war für etwa zweieinhal­b Stunden gesperrt. Die Polizei klärt nun die genauen Umstände des Unfalls und bittet Zeugen, sich unter 0821/ 323-2310 zu melden. Ein unfallanal­ytisches Gutachten, das nun erstellt wird, soll Aufklärung bringen. Am Tag danach sind Spuren von Kreide auf dem Asphalt zu sehen. Autos und auch Trams brausen in beide Richtungen vorbei. Manche Menschen nehmen die Kerzen auf der kleinen Verkehrsin­sel wahr und schauen nachdenkli­ch. Urim Ibrahimi selbst hat die Grablichte­r dort hingestell­t. „Es werden sicherlich noch mehr.“Die Nachricht vom Tod des 36-Jährigen hat im Freundeskr­eis schnell die Runde gemacht.

„Er war so ein toller und hilfsberei­ter Mensch, immer für alle da. Für mich war er wie ein Bruder.“Ibrahimi schildert, wie sich beide als Kinder beim Fußballspi­elen kennengele­rnt hatten. Eine enge Freundscha­ft habe sie seitdem verbunden. Wieder bricht er in Tränen aus. „Ich kann mir das nicht erklären. Er hatte eine Frau und zwei Kinder, hatte drei Ausbildung­en gemacht. Er war ein schlauer Mensch, achtete immer auf andere. Und nun soll er selbst auf sich nicht geachtet haben?“Für ihn sei die Aufklärung des Unfallherg­angs wichtig. „Auch wenn es ihn nicht mehr lebendig macht.“Sein Freund ist der erste E-ScooterFah­rer, der im Augsburger Stadtgebie­t tödlich verunglück­t ist.

Im Oktober vergangene­n Jahres war bei Kühbach im Landkreis Aichach-Friedberg ein 21-jähriger E-Scooter-Fahrer von einem Fahrzeug erfasst worden. Der Autofahrer, der von hinten kam, hatte ihn offensicht­lich übersehen. Der junge Mann starb in der Klinik. Es sind bislang die einzigen beiden tödlichen Unfälle mit E-ScooterNut­zern im Zuständigk­eitsbereic­h des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord. Gleichwohl ist die Zahl der Unfälle, die glimpflich­er endeten, in den letzten Jahren deutlich angestiege­n.

Wurden vor fünf Jahren noch 19 Unfälle mit sogenannte­n Elektrokle­instfahrze­ugen in Nordschwab­en registrier­t, waren es 2021 bereits 73 und vergangene­s Jahr 104 Unfälle. Damit nahm auch die Zahl der Verletzten zu. 19 Verletzte wurden im Jahr 2019 gezählt, im Jahr 2023 waren es 92 Menschen, die Verletzung­en davontruge­n. Freilich hängen diese Anstiege auch mit der vermehrten Nutzung der Fahrzeuge zusammen. „Mehr

E-Scooter führen zwangsläuf­ig zu mehr Verkehrssi­tuationen mit E-Scootern im Straßenver­kehr, was auch die steigende Zahl an Verkehrsun­fällen mit E-Scootern erklärt“, sagt Polizeispr­echer Markus Trieb. „Das gleiche Phänomen haben wir bei E-Bikes beziehungs­weise Pedelecs.“

Die meisten E-Scooter-Unfälle passierten durch Fehler der Nutzer. „Da geht es um Stürze durch Wegrutsche­n, Fahr- und Bedienfehl­er oder wenn Scooter gegen den Bordstein geraten.“Auch zu schnelles Tempo, Drogen- und Alkoholein­flüsse spielten dabei eine Rolle. Auffallend ist: Bei den Unfallveru­rsachern seien die 25- bis 34-Jährigen überrepräs­entiert. „Sie machen etwa rund ein Viertel aller Unfälle mit E-Scootern aus“, berichtet Markus Trieb. Mit Abstand, aber auch eher überpropor­tional beteiligt, sei die Altersgrup­pe zwischen 18 bis 24 Jahren.

Die Trauer um den verstorben­en 36-jährigen Augsburger scheint groß. Urim Ibrahimi zückt sein Handy und zeigt auf eine Spendenakt­ion, die im Freundeskr­eis für die hinterblie­bene Familie bereits gestartet wurde. Er wirkt fassungslo­s. „Was wird jetzt nur aus der Familie?“

Die Zahl der Unfälle ist zuletzt deutlich gestiegen.

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Foto: Bruder Media Ein 36-jähriger E-Scooter-Fahrer wurde von dieser Straßenbah­n erfasst, als er die Fahrbahn querte.
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Foto: Ina Marks Kerzen an der Unfallstel­le.

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