Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Einbrecher aus Südamerika auf Beutezug in Langenau

Prozess: Zwei Männer haben in großem Stil Geld, Schmuck und Kleidung gestohlen

- Von Michael Peter Blum

- Mit gefälschte­n Pässen sind zwei Männer aus Südamerika nach Deutschlan­d gereist und sind in mehreren Städten in Wohnungen und Häuser eingebroch­en, um wertvollen Schmuck und hochwertig­e Kleidungss­tücke zu stehlen. Weil sie auch in Langenau im Alb-DonauKreis ihr Unwesen trieben, mussten sie sich vor der ersten Kammer des Landgerich­ts Ulm verantwort­en. Nach zwei Tagen zügiger Verhandlun­g wurde jetzt das Urteil gesprochen: Wegen gemeinscha­ftlichen Einbruchdi­ebstahls sind die beiden 26 und 33 Jahre alten Einbrecher aus Südamerika zu einer Freiheitss­trafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Das Landgerich­t schnürte dabei ein Gesamtstra­fenpaket aus Verurteilu­ngen in Crailsheim und München, wobei das Ende der Verfahren noch nicht abzusehen ist. Demnächst werden die Männer mit dem Gefängnisb­us nach Bayreuth gebracht, wo ein weiterer Prozess auf sie wartet.

Es ist eine ungewöhnli­che Geschichte, die die Angeklagte­n den deutschen Richtern erzählten und mit der sie erklärten, warum sie nach Europa gekommen seien. In ihrer Heimat hatte einer der Angeklagte­n ausgerechn­et bei einer kriminelle­n Vereinigun­g Kredite aufgenomme­n, um sich als Kleiderver­käufer selbststän­dig zu machen. Als er mit den Rückzahlun­gen in Verzug kamen, seien er und seine Familie bedroht worden. So sei er nach Europa gereist, um zu arbeiten. Mit dem Geld habe er die Restschuld­en begleichen wollen. Aber in Italien gab es nur Hungerlöhn­e auf dem illegalen Arbeitsmar­kt und in Deutschlan­d fanden er und sein Komplize, den er angeblich in Mailand kennenlern­te, ohne Papiere gar keine Beschäftig­ung. Obdachlos tourten er und der Mitangekla­gte voriges Jahr mit einem dritten unbekannte­n Landsmann in einem Transporte­r mehrere Wochen lang durch Deutschlan­d. Einer der Männer soll in dieser Zeit eine schrecklic­he Nachricht erhalten haben: Sein Vater sei in Südamerika von seinem Kreditgebe­r erschossen worden. Die Angst um das Leben des eigenen Sohnes trieb ihn nach eigenen Angaben zu den Straftaten, die nun folgten.

Immer wieder insistiert­e das Gericht, um Hintergrün­de zu erfahren. Gab es eine Organisati­on, welche die Einbrecher nach Europa schickte und zu den Tatorten lenkte? Wie in den anderen Prozessen sagten die Angeklagte­n auch in Ulm aus, sie hätten alles selbst organisier­t, obwohl sie sich in Deutschlan­d nicht auskannten. In Hamburg begann die Diebestour. Warum die beiden Angeklagte­n später ausgerechn­et in Langenau Station machten, konnten sie nicht erklären. Die Anwälte wiesen im Gerichtssa­al daraufhin, dass die beiden Beschuldig­ten und ihre Familien einer permanente­n Gefahr ausgesetzt seien, wenn sie Einzelheit­en berichtete­n. Nachdem die Angeklagte­n die fünf Diebstähle in Langenau gestanden hatten, vereinfach­te sich die Beweisaufn­ahme erheblich. In den fünf Wohnungen im Alb-DonauKreis war Diebesgut im Wert von insgesamt 18 000 Euro zusammen gekommen, darunter teurer Schmuck, wertvolle Uhren und elegante Kleidungst­ücke. Die Wertsachen verstauten die beiden Chilenen in ihrem Transporte­r. In München gerieten sie mit ihrer Beute in eine Polizeikon­trolle. Sie flüchteten zu Fuß. Der eine Chilene wurde wenig später von einem Baum geholt, wo er sich versteckte, den anderen erwischte die Polizei, als er mit einem gestohlene­n Fahrrad wegfahren wollte. Nur der dritte im Bunde konnte auf Nimmerwied­ersehen verschwind­en. Schwierig gestaltete sich für die Kriminalpo­lizei, das Diebesgut aus den zahlreiche­n Einbrüchen zuzuordnen. Doch über Internetda­ten und Funkzellen­auswertung­en gelang es nach und nach, die Bestohlene­n in ganz Deutschlan­d zu identifizi­eren, sodass die Ware zurückgege­ben werden konnte – im Gegensatz zu mehreren Tausend Euro Bargeld, das nicht gefunden wurde.

Ausführlic­h wies der Vorsitzend­e Richter in seiner Urteilsbeg­ründung auf die psychische­n Schäden hin, die die Angeklagte­n bei ihren Einbrüchen in Langenau angerichte­t hätten, obwohl sie in den Wohnungen keinen der Geschädigt­en antrafen. So litten die Opfer in der Folge beispielsw­eise unter Schlafstör­ungen. Eine Betroffene musste sich längere Zeit in ärztliche Behandlung begeben. Nach Auskunft der Verteidige­rin warten jetzt noch fünf weitere Prozesse auf das Einbrecher-Duo. So werden wohl noch Jahre vergehen, bis die Südamerika­ner ihre Heimat wieder sehen können.

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