Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Einbrecher aus Südamerika auf Beutezug in Langenau
Prozess: Zwei Männer haben in großem Stil Geld, Schmuck und Kleidung gestohlen
- Mit gefälschten Pässen sind zwei Männer aus Südamerika nach Deutschland gereist und sind in mehreren Städten in Wohnungen und Häuser eingebrochen, um wertvollen Schmuck und hochwertige Kleidungsstücke zu stehlen. Weil sie auch in Langenau im Alb-DonauKreis ihr Unwesen trieben, mussten sie sich vor der ersten Kammer des Landgerichts Ulm verantworten. Nach zwei Tagen zügiger Verhandlung wurde jetzt das Urteil gesprochen: Wegen gemeinschaftlichen Einbruchdiebstahls sind die beiden 26 und 33 Jahre alten Einbrecher aus Südamerika zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Das Landgericht schnürte dabei ein Gesamtstrafenpaket aus Verurteilungen in Crailsheim und München, wobei das Ende der Verfahren noch nicht abzusehen ist. Demnächst werden die Männer mit dem Gefängnisbus nach Bayreuth gebracht, wo ein weiterer Prozess auf sie wartet.
Es ist eine ungewöhnliche Geschichte, die die Angeklagten den deutschen Richtern erzählten und mit der sie erklärten, warum sie nach Europa gekommen seien. In ihrer Heimat hatte einer der Angeklagten ausgerechnet bei einer kriminellen Vereinigung Kredite aufgenommen, um sich als Kleiderverkäufer selbstständig zu machen. Als er mit den Rückzahlungen in Verzug kamen, seien er und seine Familie bedroht worden. So sei er nach Europa gereist, um zu arbeiten. Mit dem Geld habe er die Restschulden begleichen wollen. Aber in Italien gab es nur Hungerlöhne auf dem illegalen Arbeitsmarkt und in Deutschland fanden er und sein Komplize, den er angeblich in Mailand kennenlernte, ohne Papiere gar keine Beschäftigung. Obdachlos tourten er und der Mitangeklagte voriges Jahr mit einem dritten unbekannten Landsmann in einem Transporter mehrere Wochen lang durch Deutschland. Einer der Männer soll in dieser Zeit eine schreckliche Nachricht erhalten haben: Sein Vater sei in Südamerika von seinem Kreditgeber erschossen worden. Die Angst um das Leben des eigenen Sohnes trieb ihn nach eigenen Angaben zu den Straftaten, die nun folgten.
Immer wieder insistierte das Gericht, um Hintergründe zu erfahren. Gab es eine Organisation, welche die Einbrecher nach Europa schickte und zu den Tatorten lenkte? Wie in den anderen Prozessen sagten die Angeklagten auch in Ulm aus, sie hätten alles selbst organisiert, obwohl sie sich in Deutschland nicht auskannten. In Hamburg begann die Diebestour. Warum die beiden Angeklagten später ausgerechnet in Langenau Station machten, konnten sie nicht erklären. Die Anwälte wiesen im Gerichtssaal daraufhin, dass die beiden Beschuldigten und ihre Familien einer permanenten Gefahr ausgesetzt seien, wenn sie Einzelheiten berichteten. Nachdem die Angeklagten die fünf Diebstähle in Langenau gestanden hatten, vereinfachte sich die Beweisaufnahme erheblich. In den fünf Wohnungen im Alb-DonauKreis war Diebesgut im Wert von insgesamt 18 000 Euro zusammen gekommen, darunter teurer Schmuck, wertvolle Uhren und elegante Kleidungstücke. Die Wertsachen verstauten die beiden Chilenen in ihrem Transporter. In München gerieten sie mit ihrer Beute in eine Polizeikontrolle. Sie flüchteten zu Fuß. Der eine Chilene wurde wenig später von einem Baum geholt, wo er sich versteckte, den anderen erwischte die Polizei, als er mit einem gestohlenen Fahrrad wegfahren wollte. Nur der dritte im Bunde konnte auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Schwierig gestaltete sich für die Kriminalpolizei, das Diebesgut aus den zahlreichen Einbrüchen zuzuordnen. Doch über Internetdaten und Funkzellenauswertungen gelang es nach und nach, die Bestohlenen in ganz Deutschland zu identifizieren, sodass die Ware zurückgegeben werden konnte – im Gegensatz zu mehreren Tausend Euro Bargeld, das nicht gefunden wurde.
Ausführlich wies der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung auf die psychischen Schäden hin, die die Angeklagten bei ihren Einbrüchen in Langenau angerichtet hätten, obwohl sie in den Wohnungen keinen der Geschädigten antrafen. So litten die Opfer in der Folge beispielsweise unter Schlafstörungen. Eine Betroffene musste sich längere Zeit in ärztliche Behandlung begeben. Nach Auskunft der Verteidigerin warten jetzt noch fünf weitere Prozesse auf das Einbrecher-Duo. So werden wohl noch Jahre vergehen, bis die Südamerikaner ihre Heimat wieder sehen können.