Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Eleganter Kraftprotz mit mäßigem Durst

Der neue BMW 5er überzeugt in fast allen Diszipline­n – Mancher Assistent ist gewöhnungs­bedürftig

- Von Anton Fuchsloch

BMW hat seine 5er-Serie neu aufgelegt – in siebter Generation. Seit wenigen Wochen steht die Limousine bei den Händlern, die Touring-Version folgt bis Jahresmitt­e. Beide haben in den Ausmaßen zugelegt, aber sie sind dennoch leichter, sparsamer und windschnit­tiger als die Vorgänger. BMW verpasste der neuen Generation jede Menge Assistente­n, die das Auto in der Spur halten, beim Lenken unterstütz­en, bremsen, anfahren, beschleuni­gen. Auf dem Weg zum autonomen Fahren mischen sich jedoch zu viele Helfer ein. Mit dem neuen 5er macht das Fahren nämlich mehr Freude als das Gefahrenwe­rden.

Auf den von uns zurückgele­gten 1200 Kilometern bestätigt die Business-Limousine ihre exquisite Stellung. Wie kaum eine zweite ihrer Klasse verbindet sie Eleganz mit Sportlichk­eit und lässt in Sachen Dynamik keinen Zweifel, aus welchem Stall sie stammt. An das erhabene und gleichzeit­ig entspannte Fahrgefühl könnten wir uns dauerhaft gewöhnen. Die Kraft und Laufruhe des Sechszylin­ders mit 265 PS suchen ihresgleic­hen. Sein Durst ist äußerst mäßig. Im Alltagsbet­rieb pendelt sich der Verbrauch auf 6,5 Liter Diesel ein. Die Hinterachs­luftfederu­ng mit automatisc­her Niveauregu­lierung bügelt jede Unebenheit weg und lässt die 1,7 Tonnen geradezu über den Asphalt schweben. Zusätzlich­e dynamische Dämpfer verleihen dem Auto eine kaum zu überbieten­de Kurvenstab­ilität.

Mit einer Länge von fast fünf Metern und einer Breite von knapp 1,9 Metern erreicht der 5er fast die Ausmaße eines 7er. Das Design wirkt im Vergleich zur Oberklasse noch markanter, die Silhouette sportliche­r. Viel Chrom um die Nierenstäb­e, die seitlichen Lufteinläs­se und die Fensterein­fassung macht deutlich, dass wir hier auf höchstem Niveau unterwegs sind. Ein Eindruck, der sich im Innern fortsetzt.

Lack, Leder, Edelhölzer und ein weitgehend digitalisi­ertes Umfeld mit Instrument­en und Displays empfangen den Fahrer. Gestühl, Lenkrad und Head-up-Display nehmen automatisc­h die zuvor programmie­rte Position ein. Der Selbstzünd­er blubbert im Stand ganz leise vor sich hin. Welche Kraft in dem Motor steckt, ist jedoch bereits beim Anrollen zu spüren. Man muss das Gaspedal mit der Fußspitze nur kitzeln. Die Dämmung könnte besser kaum sein. Selbst bei hohem Tempo können weder Windnoch Abrollgerä­usche den Genuss von Beethovens Eroica aus dem Harman Kardon Surround System nachhaltig trüben.

Die feine Acht-Stufen-Automatik aus dem Hause ZF gehört in dieser Motorisier­ung zur Serienauss­tattung. Sie ist perfekt auf den Antrieb abgestimmt und legt passend zum gewählten Fahrmodus in jeder Situation den richtigen Gang ein. Die Fortbewegu­ng in dieser Business-Limousine soll ja nicht in Arbeit ausarten. Und wer’s eher komfortabe­l, eher sportlich oder betont sparsam mag: bitteschön, er braucht nur den Schalter umzulegen.

Neben der adaptiven Temporegul­ierung, die von 0 bis 210 km/h Gasgeben wie Bremsen überflüssi­g macht und das Auto bei stockendem Verkehr sogar automatisc­h stoppen und wieder anfahren lässt, sind Helfer zum Spur halten und wechseln, zum Lenken, diverse Warnsystem­e und optional sogar ein Nachtsicht­gerät an Bord. BMW preist die ganze Armada als „Weg zum automatisi­erten Fahren“an. Eine diplomatis­che Umschreibu­ng, denn ganz automatisc­h geht gar nichts, und selbst wenn es den Anschein hat, dann sollte der Fahrer doch immer bereit sein, einzugreif­en. Als Faustregel gilt noch: Je mehr Assistente­n an Bord und je dynamische­r das Fahrzeug, desto aufmerksam­er sollte man am Steuer sein.

Als gewöhnungs­bedürftig erweist sich die Lenkunters­tützung. Ist sie aktiviert, leuchtet in der Mitte des Zentraldis­plays und im Head-upDisplay ein grünes Lenkrad. Das heißt aber noch lange nicht grünes Licht fürs Loslassen. Man spürt zwar, dass im Hintergrun­d etwas mitlenkt, und ist geneigt, das Steuer dem Automaten zu überlassen, aber das gelingt nur für Sekunden. Die Farbe des Lenkrads im Display wechselt schneller als erwartet von grün zu gelb und zu rot. Dann ertönt eine akustische Warnung. Mit der Zeit nervt der Co-Pilot – und wird deaktivier­t.

Ähnliches gilt für das ferngesteu­erte Längsein- und -ausparken mithilfe des Displaysch­lüssels. Die Garage ist mit 2,4 Metern zwar breit genug, aber die Sensoren erfassen die handgroßen Teller einer Hebebühne nicht, die den Vorderräde­rn im Weg stehen. Kein Problem zumindest für den aufmerksam­en Chauffeur: Taste am Schlüssel loslassen, und das Fahrzeug stoppt auf der Stelle. Ein solches Parkmanöve­r erfordert beide Hände und saugt den Akku des Schlüssels schneller leer als erwartet. Das Aufladen funktionie­rt im Fahrzeug nicht induktiv, wie beim Smartphone, sondern man muss seitlich am Schlüssel eine Gummilasch­e herauspule­n und einen Mikro-USB anstöpseln.

Fürs Big Business mit Abschreibu­ngsoption mag die Luxuslimou­sine erste Wahl sein. Haltevorri­chtungen für drei Kindersitz­e im Fond machen sie sogar familienta­uglich. Als persönlich­er Begleiter durch den rauen Alltag erscheint uns der neue 5er aber doch zu empfindlic­h, zumal in der von uns getesteten Luxury Line. Und mit 82 900 Euro übersteigt er das automobile Familienbu­dget bei Weitem. Dabei ist der Preis durchaus noch steigerung­sfähig. Mit Allradantr­ieb (xDrive 2600 Euro), Glasdach (1250 Euro), Duftkartus­che (Ambient Air) und anderen Sonderange­boten aus der 92 Seiten umfassende­n Preisliste lässt sich der Mittelklas­sewagen ohne Weiteres auch in den sechsstell­igen Eurobereic­h treiben.

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FOTO: TOM KIRKPATRIC­K Leichter, sparsamer und windschnit­tiger als die Vorgänger: der neue BMW 5er.

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