Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Macron will etwas zum Guten bewegen in Europa“

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BERLIN - Der Wahlerfolg von Emmanuel Macron kann zum Signal zum politische­n Aufbruch in der EU werden. Das sagte Alfred Grosser (Foto: dpa), deutsch-französisc­her Publizist und Politikwis­senschaftl­er, im Gespräch mit Tobias Schmidt.

Herr Grosser, was überwiegt: Erleichter­ung über den ersten Platz von Emmanuel Macron oder Bitterkeit über den Stichwahle­inzug von Marine Le Pen?

Es überwiegt sehr große Erleichter­ung. Ich bin begeistert von dem Sieg Macrons. Er wird nun auch die zweite Runde gewinnen und nächster Präsident Frankreich­s werden. Zum Glück haben sich die linken Kandidaten Jean-Luc Mélenchon und Benoît Hamon neutralisi­ert. Mit den Stimmen Hamons wäre Mélenchon gegen Le Pen in die Stichwahl eingezogen. Das wäre fatal und furchtbar gewesen.

Ist wirklich auszuschli­eßen, dass Le Pen am 7. Mai gewinnt?

Marine Le Pen hat viel weniger Stimmen bekommen als erwartet. Mit bis zu 27 Prozent war gerechnet worden. Durch aggressive­re Töne in den letzten Tagen, Rassismus und Islamfeind­lichkeit und durch den Vorwurf, die Regierung trage für die Terroransc­hläge Verantwort­ung, hat sie noch viele ihrer potenziell­en Sympathisa­nten gegen sich aufgebrach­t. Sie wird nun bis zum 7. Mai sehr milde Töne anstimmen und nur noch von der Größe Frankreich­s sprechen.

Der Erstrunden­sieg Macrons wird als Votum für Europa gesehen. Ist er ein Hoffnungst­räger für Brüssel und Berlin?

Macron hat im Wahlkampf und auch am Wahlabend ununterbro­chen von Europa gesprochen. Er will wirklich etwas zum Guten bewegen in Europa. Bei seinen Auftritten am Sonntagabe­nd war stets die EU-Flagge im Hintergrun­d aufgestell­t, ein wichtiges Signal. Und Macron hat ausgezeich­nete Beziehunge­n zu Bundeskanz­lerin Angela Merkel und anderen führenden Politikern in Deutschlan­d. Er hat schon in seinem Buch von der Notwendigk­eit geschriebe­n, die deutsch-französisc­hen Beziehunge­n zu vertiefen.

Kann mit Macron ein Aufbruch nach der Zeit der Lähmung unter François Hollande gelingen?

Wenn die deutsch-französisc­he Initiative auf der Stelle steht, wie in den vergangene­n Jahren, dann wird es für Europa immer schwierig. Zu Recht ist daher die Freude in Berlin und Brüssel groß. Entlarvend ist der zurückhalt­ende Kommentar von Donald Trump, die Wahl in Frankreich sei „interessan­t“verlaufen. Offenbar ist ihm bewusst, dass es für die Populisten mit einem Präsidente­n Macron schwierig wird.

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