Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Ein Buch für den erklärten Nichtleser
US-Präsident Donald Trump gibt sich zu Gast bei Papst Franziskus außergewöhnlich schüchtern
- Rund eine Stunde vor dem mit Spannung erwarteten Treffen setzte sich die aus 40 Fahrzeugen bestehende Wagenkolonne mit dem US-Präsidenten Donald Trump, seiner Frau Melania, seiner Tochter und Beraterin Ivanka sowie deren Ehemann in Bewegung, um auch rechtzeitig durch die von 5000 Soldaten und Polizisten bewachte römische Innenstadt zum Vatikan zu gelangen.
Bis auf das Vier-Augen-Gespräch zwischen Papst Franziskus und USPräsident wurde der gesamte Kurztrip des Papstes im Vatikan live und weltweit im Fernsehen ausgestrahlt. So ging Trumps anfangs demonstrativ cooler Gesichtsausdruck um die Welt. Die prächtigen barocken Säle im Papstpalast, durch die der Gast ins päpstliche Audienzzimmer geführt wurde, ließen ihn kalt. Dort, wo Angela Merkel und andere Staatslenker sichtlich fasziniert Decken- und Wandmalereien bestaunen, blickte Trump immer nur gerade aus.
Beim Papst angekommen verhielt er sich, so die Tageszeitung „La Repubblica“, unerwartet schüchtern. Während Papst Franziskus mit einer bei ihm selten zu sehenden ernsten Miene den Staatsgast empfing, übte sich Trump in verkrampft wirkendem Lächeln und Grinsen.
Franziskus ging es bei diesem Treffen anscheinend darum, sich erst einmal persönlich kennenzulernen. Aus dem vatikanischen Staatssekretariat wurde schon im Vorfeld des Treffens bekannt, dass man sich von Trump in Sachen Annäherung der Positionen nicht viel erwarte.
Doch die beiden hatten sich etwas zu sagen. Anstatt der nur 20 geplanten Minuten für ihr Gespräch blieben sie zirka 30 Minuten zusammen. Danach wirkte auch der Papst etwas besser gelaunt. Er überreichte dem Nichtleser Trump bedeutungsvolle Geschenke. Eine Skulptur, die den Frieden symbolisieren soll, und seine Umweltenzyklika, in der der Papst einen entschiedeneren Schutz der Umwelt einfordert.
Im Anschluss an das Papsttreffen besuchten die Trumps die sixtinische Kapelle. Und dort, so Italiens Medien, geschah „ein Wunder“. Während Trump bei seiner ersten Auslandsreise immer wieder erfolglos versucht hatte Melanias Hand zu fassen, standen die beiden, Hand in Hand und wortlos ergriffen, vor Michelangelos „Jüngstem Gericht“.