Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Attentäter von Manchester muss Helfer gehabt haben
Acht Verdächtige festgenommen – Salman Abedi war den britischen Sicherheitsbehörden bekannt
- Am St. Ann’s Platz mitten in Manchester gedachten am Donnerstag Hunderte in einer Schweigeminute zusammen mit dem ganzen Königreich der 22 Toten und mehreren Dutzend Schwerverletzten, die am späten Montagabend in der Arena der nordenglischen Metropole Opfer eines islamistischen Bombenanschlags geworden sind.
Manchester, am Tag drei nach dem Anschlag. Im Kinderkrankenhaus besucht Königin Elizabeth II., 91, jene Teenager, die sich selbst Arianators nennen, nach ihrem Idol Ariana Grande. Das Konzert der USPopsängerin war gerade zu Ende, als der 22-jährige Selbstmord-Attentäter Salman Abedi im Foyer der mit 21 000 Plätzen ausverkauften Mehrzweckhalle seine mit Nägeln und Schrauben gefüllte Bombe zündete. „Schrecklich, sehr böse“sei das gewesen, sagt Ihre Majestät und wünscht den Opfern gute Besserung und ein wenig Ruhe.
Die Polizei hingegen kann von Ruhe nur träumen. An diesem Vormittag muss schon wieder eine wichtige Verkehrsader gesperrt werden, um die Durchsuchung eines verdächtigen Hauses zu ermöglichen. Tags zuvor war es die Hauptbahnlinie nach London gewesen. Die Jagd nach Abedis Hintermännern ist in vollem Gang, zumal die Kriminaler nicht recht glauben wollen, dass der UniAbbrecher die komplizierte Bombe selbst gebaut hat. Fieberhaft rekonstruieren Kriminalbeamte in Manchester die letzten Tage und Wochen des in der Stadt geborenen Sohns libyscher Eltern. Das Haus der Familie Abedi in der Elsmore Road im Stadtteil Fallowfield stellen sie schon seit Dienstag auf den Kopf.
Wie aber wurde aus dem unauffälligen Schüler und Wirtschaftsstudenten Abedi ein Massenmörder? In Frankfurt sei er kürzlich gewesen, heißt es aus Ermittlerkreisen, in Libyen bei den Eltern sowieso. Seine letzte Heimreise führte aus der Türkei mit Zwischenlandung in Düsseldorf nach Manchester.
Eines steht längst fest, wie Innenministerin Amber Rudd am Mittwoch einräumt: Abedi war kein unbeschriebenes Blatt, mehrfach wurden die Sicherheitsbehörden auf extremistische Tendenzen des jungen Mannes hingewiesen. Von „fünf verpassten Gelegenheiten“, schreibt der konservative „Telegraph“. Erst vor Kurzem hatte laut „The Times“ein naher Angehöriger bei den Behörden Alarm geschlagen. Abedis Eltern seien so besorgt gewesen, dass sie kurzfristig den Pass des 22Jährigen konfisziert hatten. Erst als dieser von einer geplanten Pilgerfahrt nach Mekka berichtete, habe er das Reisedokument wieder bekommen.
Ian Hopkins, der Polizeipräsident von Manchester, trägt nüchtern die relevanten Fakten vor: Acht Männer sind inzwischen in Haft, eine Frau wurde nach stundenlangem Verhör wieder entlassen. Zu den Verhafteten zählt auch Abedis älterer Bruder Ismail, 23. In Libyen, von wo die Familie Anfang der 1990er-Jahre nach Großbritannien gekommen war und wo sie jetzt überwiegend wieder lebt, werden Abedis Vater Ramadan und sein jüngerer Bruder Haschem von einer zwielichtigen Miliz in Gewahrsam genommen.
Ganz kurz geht der Polizeipräsident auch auf den transatlantischen Streit ein, der die Untersuchung von Manchester überschattet. Traditionell betreiben britische und amerikanische Geheimdienste einen engen Informationsaustausch auf der Basis, dass die relevanten Fakten geheim bleiben. Nicht so diesmal: Zunächst der Name des Täters, am Mittwoch sogar Fotos vom Tatort werden USMedien zugespielt. Premier May kündigte an, sie wolle am Rande des Nato-Gipfels den US-Präsidenten Donald Trump zur Rede stellen. Der verurteilte die Durchstechereien amerikanischer Regierungsbehörden am Donnerstag scharf und kündigte an, das Justizministerium um Ermittlungen zu bitten.