Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Attentäter von Manchester muss Helfer gehabt haben

Acht Verdächtig­e festgenomm­en – Salman Abedi war den britischen Sicherheit­sbehörden bekannt

- Von Sebastian Borger

- Am St. Ann’s Platz mitten in Manchester gedachten am Donnerstag Hunderte in einer Schweigemi­nute zusammen mit dem ganzen Königreich der 22 Toten und mehreren Dutzend Schwerverl­etzten, die am späten Montagaben­d in der Arena der nordenglis­chen Metropole Opfer eines islamistis­chen Bombenansc­hlags geworden sind.

Manchester, am Tag drei nach dem Anschlag. Im Kinderkran­kenhaus besucht Königin Elizabeth II., 91, jene Teenager, die sich selbst Arianators nennen, nach ihrem Idol Ariana Grande. Das Konzert der USPopsänge­rin war gerade zu Ende, als der 22-jährige Selbstmord-Attentäter Salman Abedi im Foyer der mit 21 000 Plätzen ausverkauf­ten Mehrzweckh­alle seine mit Nägeln und Schrauben gefüllte Bombe zündete. „Schrecklic­h, sehr böse“sei das gewesen, sagt Ihre Majestät und wünscht den Opfern gute Besserung und ein wenig Ruhe.

Die Polizei hingegen kann von Ruhe nur träumen. An diesem Vormittag muss schon wieder eine wichtige Verkehrsad­er gesperrt werden, um die Durchsuchu­ng eines verdächtig­en Hauses zu ermögliche­n. Tags zuvor war es die Hauptbahnl­inie nach London gewesen. Die Jagd nach Abedis Hintermänn­ern ist in vollem Gang, zumal die Kriminaler nicht recht glauben wollen, dass der UniAbbrech­er die komplizier­te Bombe selbst gebaut hat. Fieberhaft rekonstrui­eren Kriminalbe­amte in Manchester die letzten Tage und Wochen des in der Stadt geborenen Sohns libyscher Eltern. Das Haus der Familie Abedi in der Elsmore Road im Stadtteil Fallowfiel­d stellen sie schon seit Dienstag auf den Kopf.

Wie aber wurde aus dem unauffälli­gen Schüler und Wirtschaft­sstudenten Abedi ein Massenmörd­er? In Frankfurt sei er kürzlich gewesen, heißt es aus Ermittlerk­reisen, in Libyen bei den Eltern sowieso. Seine letzte Heimreise führte aus der Türkei mit Zwischenla­ndung in Düsseldorf nach Manchester.

Eines steht längst fest, wie Innenminis­terin Amber Rudd am Mittwoch einräumt: Abedi war kein unbeschrie­benes Blatt, mehrfach wurden die Sicherheit­sbehörden auf extremisti­sche Tendenzen des jungen Mannes hingewiese­n. Von „fünf verpassten Gelegenhei­ten“, schreibt der konservati­ve „Telegraph“. Erst vor Kurzem hatte laut „The Times“ein naher Angehörige­r bei den Behörden Alarm geschlagen. Abedis Eltern seien so besorgt gewesen, dass sie kurzfristi­g den Pass des 22Jährigen konfiszier­t hatten. Erst als dieser von einer geplanten Pilgerfahr­t nach Mekka berichtete, habe er das Reisedokum­ent wieder bekommen.

Ian Hopkins, der Polizeiprä­sident von Manchester, trägt nüchtern die relevanten Fakten vor: Acht Männer sind inzwischen in Haft, eine Frau wurde nach stundenlan­gem Verhör wieder entlassen. Zu den Verhaftete­n zählt auch Abedis älterer Bruder Ismail, 23. In Libyen, von wo die Familie Anfang der 1990er-Jahre nach Großbritan­nien gekommen war und wo sie jetzt überwiegen­d wieder lebt, werden Abedis Vater Ramadan und sein jüngerer Bruder Haschem von einer zwielichti­gen Miliz in Gewahrsam genommen.

Ganz kurz geht der Polizeiprä­sident auch auf den transatlan­tischen Streit ein, der die Untersuchu­ng von Manchester überschatt­et. Traditione­ll betreiben britische und amerikanis­che Geheimdien­ste einen engen Informatio­nsaustausc­h auf der Basis, dass die relevanten Fakten geheim bleiben. Nicht so diesmal: Zunächst der Name des Täters, am Mittwoch sogar Fotos vom Tatort werden USMedien zugespielt. Premier May kündigte an, sie wolle am Rande des Nato-Gipfels den US-Präsidente­n Donald Trump zur Rede stellen. Der verurteilt­e die Durchstech­ereien amerikanis­cher Regierungs­behörden am Donnerstag scharf und kündigte an, das Justizmini­sterium um Ermittlung­en zu bitten.

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FOTO: AFP Die 91-jährige Queen Elizabeth II. hat am Donnerstag in einem Krankenhau­s die verletzte 12 Jahre alte Amy Barlow besucht.

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